Startseite
Aargau
Zurzibiet
Leuggerns Spitaldirektor René Huber befürchtet in der Gesundheitspolitik eine Kehrtwende um 180 Grad. Das würde gerade die Regionalspitäler unter Druck bringen – hätte aber auch negative Auswirkungen auf die Kantonsspitäler.
René Huber, Spitaldirektor von Leuggern und Mitglied im Grossen Rat, ist ein entschiedener Gegner der neuen Pläne im Aargauer Gesundheitswesen. Er befürchtet zu viel Regulierung, zu viel Überwachung und zu wenig Wettbewerb. Huber sagt im Interview, dass Regulierung die Fixkosten erhöht und eine Unterversorgung in den Landregionen wie dem Zurzibiet droht.
Spezialisierte Medizin wandert in die grossen Zentren ab, regionale Spitäler wie jenes in Leuggern werden es in Zukunft noch schwerer haben. Die Gesundheitspolitische Gesamtplanung war früher noch ein «Bekenntnis zum Kanton der Regionen», sagt Huber. In der vom Regierungsrat eröffneten Vernehmlassung zur Spitalplanung vermisst Huber dieses Bekenntnis.
René Huber, für Sie erfreulich, für die Patienten vielleicht weniger, aber das Asana Spital Leuggern hatte 2014 mehr Patienten als im Vorjahr.
René Huber: Das ist richtig. Wir hatten eine Zunahme um 234 stationäre Patienten. Prozentual betrachtet ist die Zunahme 2014 höher ausgefallen als in den zurückliegenden Jahren. Das ist eine erfreuliche Tendenz. Knapp die Hälfte der Patienten kommt aus dem Bezirk Zurzach, die anderen von auswärts. Diese auswärtigen Patienten sind überlebenswichtig für uns.
Leuggern hatte 2014 den tiefsten Basispreis aller Aargauer Spitäler. Hinzu kommt: Auflagen, Vorschriften die Fallpauschale und unnötige Regulierungen mindern den Gewinn.
Alle regionalen Spitäler müssen sich Sorgen machen. In der Gesundheitspolitischen Gesamtplanung, die 2010 entstanden ist, wurde noch die Regionalisierung postuliert. Es war ein Bekenntnis zum Kanton der Regionen. Die nun angedachte Gesundheitspolitische Gesamtplanung 2025 ist eine Kehrtwende um 180 Grad. Sie muss zurückgewiesen werden. Sie ist viel zu zentralistisch ausgerichtet, was den regionalen Spitälern das Leben erheblich erschwert.
Der Kanton nimmt mehr Einfluss und steuert die Patientenströme. Er erlässt die Spitalliste, in der steht, welches Spital welche Fachgebiete im Katalog hat. So können Spitälern gewisse Fachgebiete entzogen werden. Die spezialisierte Medizin wandert immer mehr in grosse, zentrale Spitäler aus. Alleine mit der Grundversorgung können wir heute kaum noch Gewinn erzielen.
Es wird niemand kommen und sagen: ‹Wir schliessen jetzt das Spital.› Wir müssen darauf achten, dass wir kein Defizit schreiben. Wenn aber die Einnahmen fehlen, wird das unweigerlich Kürzungen zur Folge haben. Ich will jedoch niemandem Angst machen oder schwarzmalen. Wichtig ist etwa, dass Leuggern die Notfallstation behalten kann, sonst wären wir bloss noch ein ambulantes Zentrum.
Als Spital können wir nichts unternehmen. Das sind politische Prozesse. Als Grossrat werde ich diese Entwicklung bekämpfen. Die gesundheitspolitische Gesamtplanung wird ein grosses Thema sein im Grossen Rat, das kann ich Ihnen versichern.
Die Regulierung erhöht die Fixkosten, das zeigt die Vergangenheit klar auf. Im Gesundheitswesen besteht klar eine Überregulierung. Das Krankenversicherungsgesetz KVG verlangt im Grundsatz Wettbewerb, doch die Regulierung verhindert diesen.
Der Regierungsrat behauptet, dass den Leuten ein zu grosses Angebot zur Verfügung steht. Und je grösser das Angebot, desto mehr Patienten, so seine Schlussfolgerung. Das stimmt aber nicht. Wenn die Leute das Angebot nicht im Aargau finden, suchen sie es anderswo. Der Punkt ist: Die Leute verhalten sich heute anders als früher. Heute geht man zum Beispiel viel schneller auf die Notfallstation. Die Notfallstationen der grossen Spitäler werden regelrecht überrannt. Selbst in Leuggern haben wir pro Jahr 8000 Notfallkontakte. Wenn wir diese nicht mehr anbieten können, werden die grossen Spitäler noch stärker frequentiert.
Ja, und diese Tendenz hin zu Zentrumsspitälern beinhaltet die Gefahr einer Unterversorgung in den Landregionen.