Megafusion im Zurzibiet
«Schreiben so oder so Geschichte»: Jahrhunderprojekt Rheintal+ biegt auf die Zielgerade ein

Die Bevölkerung in Bad Zurzach wurde ein letztes Mal über das Fusionsprojekt Rheintal+ informiert. In ein paar Wochen stimmen zehn Gemeinden über den Zusammenschlussvertrag ab.

Andreas Fretz
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Der Zurzacher Gemeindeammann Reto S. Fuchs informierte im Bezirkshauptort über das Fusionsprojekt Rheintal+.

Der Zurzacher Gemeindeammann Reto S. Fuchs informierte im Bezirkshauptort über das Fusionsprojekt Rheintal+.

zvg/Sandra Ardizzone/AZ-Montage

«Nach zwei Jahren harter Arbeit biegt das Jahrhundertprojekt Rheintal+ auf die Zielgerade ein.» Mit diesen Worten begrüsste Bad Zurzachs Ammann Reto S. Fuchs die Bevölkerung des Bezirkshauptorts zur letzten Infoveranstaltung, bevor an der ausserordentlichen Gmeind vom 23. Mai über den Zusammenschlussvertrag abgestimmt wird.

In allen zehn Gemeinden, die an der vertieften Prüfung zur Fusion teilgenommen haben, finden in den kommenden Tagen solche Infoabende statt. Das 21-seitige Vertragswerk für den Zusammenschluss zur neuen Einwohnergemeinde Zurzach ist das Thema dieser Veranstaltungen. Die Gemeinderäte von sieben Gemeinden empfehlen den Zusammenschluss zur Annahme, drei Gemeinderäte lehnen ihn ab (Rietheim, Mellikon und Fisibach).

Reto S. Fuchs, Gemeindeammann Bad Zurzach «Wenn Bad Zurzach Nein sagt, hat sich das Ganze erledigt, dann wird eskeine Fusion geben.»

Reto S. Fuchs, Gemeindeammann Bad Zurzach «Wenn Bad Zurzach Nein sagt, hat sich das Ganze erledigt, dann wird eskeine Fusion geben.»

Sandra Ardizzone

Schulstandort würde verbessert

In Bad Zurzach waren knapp 120 Interessierte anwesend. Die Stimmung war von Sachlichkeit geprägt. Emotional wurde es nie. Ein kritisches Lager war nicht auszumachen. Fuchs betonte: «Wir schreiben Geschichte für unsere Zukunft. Man muss sich der Verantwortung bewusst sein, wenn man Ja sagt; aber auch, wenn man Nein sagt.»

Noch einmal wurde wiederholt, was schon vielfach zu hören und zu lesen war: Wie der neue Gemeinderat zusammengesetzt werden soll, wo die Verwaltung ihren Standort hat, wo die Schulstandorte sind, wie das neue Wappen aussieht etc. Gezeigt wurde auch ein Schreiben des Kantons, in dem es heisst: «Die Gemeindefusion würde die Ausgangslage für den Schulstandort Bad Zurzach klar verbessern.»

10 Gemeinden im Zurzibiet haben im Projekt Rheintal+ eine Fusion geprüft. In den weiteren Bildern folgen die 10 Gemeinden. Im Bild Bad Zurzach, die mit Abstand grösste der zehn Gemeinden
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Projekt Rheintal+ - das sind die 10 Zurzibieter Gemeinden
Bad Zurzach ist weitherum bekannt als Wellness- und Kurort. Im Bild der Turm neben dem Thermalbad Zurzach. Oben im Turm befindet sich das Panoramarestaurant.
Blick in den historischen Ortskern von Bad Zurzach. Hier sind 4328 Einwohner gemeldet.
Der Flecken, wie die Einheimischen den historischen Ortskern nennen, ist ein beliebter Ort für Märkte und Events - hier die Tavolata, die ein grosses Publikum anlockte.
Rietheim ist, vom Rhein aus gesehen, die unterste der zehn "Rheintal+"-Gemeinden. Hier leben 741 Einwohner.
Rietheim: Der Zug fährt durchs Dorf.
Das Auenschutzgebiet Chly Rhy in Rietheim.
Auch ein touristisches Strassenschild macht Werbung für die besondere Auenlandschaft in Rietheim.
Die andere Rheintal+-Nachbargemeinde von Bad Zurzach ist Rekingen (rheinaufwärts) mit 951 Einwohnern. Hier befindet sich das Wasserkraftwerk, das 60'000 Haushalte mit Strom versorgt. Auf der deutschen Seite liegt Reckingen (mit c).
Blick vom Nurren auf Rekingen und Bad Zurzach (hinten).
Die Gemeinden am Rhein, also Rietheim, Bad Zurzach, Rekingen, Mellikon, Rümikon und Kaiserstuhl, verfügen über einen SBB-Bahnhof oder eine SBB-Bahnstation.
Von Rekingen hinauf geht es nach Böbikon.
Die Kleinstgemeinde Böbikon hat 171 Einwohner. Es ist einwohnermässig die kleinste der "Rheintal+"-Gemeinden.
Höher als Böbikon liegt Baldingen (im Bild), wo 257 Einwohner leben.
Markant: Die Kirche von Baldingen. Im Dorf wuchs übrigens der ehemalige Aargauer National- und Ständerat Jules Binder (Jahrgang 1925, CVP) auf.
In Baldingen bestehen einige landwirtschaftliche Betriebe. Der höchste Punkt der Gemeinde liegt auf 575 Metern, auf der Spornegg.
Von Rekingen dem Rhein entlang kommt man nach Mellikon (235 Einwohner).
Auch Mellikon ist eine Kleinstgemeinde, verfügt aber über eine Bahnstation und ein Industriegebiet.
Von Mellikon hinauf geht es nach Wislikofen, das zum sogenannten Studenland gehört.
Bekannteste Liegenschaft in Wislikofen (340 Einwohner) ist die Propstei.
Mellstorf ist ein Ortsteil von Wislikofen. Die beiden Ortschaften fusionierten auf den 1. Januar 1899.
Von Mellikon rheinaufwärts geht es nach Rümikon.
Rümikon gilt noch heute als Fischerdorf – hier wurden einst Lachse gefangen.
Auch Rümikon (321 Einwohner) liegt am Rhein und verfügt über eine Bahnstation.
Neben Rümikon am Rhein liegt das Städtchen Kaiserstuhl (435 Einwohner). Mit den beiden Fernsehgrössen Dietmar Schönherr und Dieter Moor hatte Kaiserstuhl einst zwei prominente Einwohner.
Kaiserstuhl ist flächenmässig die kleinste Gemeinde im Kanton Aargau. Die Schüler von Kaiserstuhl und Fisibach gehen im Kanton Zürich in Weiach und Stadel (Oberstufe) zur Schule.
Ein Hingucker: Der Stadtturm von Kaiserstuhl.
Zu Kaiserstuhl gehört der Rhein beim Grenzübergang nach Hohentengen/Deutschland (rechts). Dort steht auch das Schloss Rötteln.
Fisibach (498 Einwohner) liegt neben Kaiserstuhl, und grenzt auch an den Rhein. Es geriet schweizweit in die Schlagzeilen, weil sich Einwohner Gedanken machten über einen Kantonswechsel zum Kanton Zürich. Dieser ist allerdings vom Tisch.
Vorne landwirtschaftliche Nutzfläche, hinten das Gebäude der Ziegelei.
Fisibach verfügt – wie alle zehn "Rheintal+"-Gemeinden – über landschaftliche Qualitäten.
Weitherum bekannt: Das Baggermuseum Ebianum in Fisibach.
Im Ebianum lassen sich Events durchführen: Auch eine grosse Informationsveranstaltung zu Rheintal+ fand im Januar 2017 hier statt. Texte: Philipp Zimmermann. - Quelle Einwohnerzahlen: Statistisches Amt Aargau, Ende Juni 2018.

10 Gemeinden im Zurzibiet haben im Projekt Rheintal+ eine Fusion geprüft. In den weiteren Bildern folgen die 10 Gemeinden. Im Bild Bad Zurzach, die mit Abstand grösste der zehn Gemeinden

ZVG/Bad Zurzach Tourismus

Eingegangen wurde auch nochmals auf das Modell 4+1. Es bedeutet, dass das Fusions-Projekt dann zustande kommt, wenn neben Bad Zurzach mindestens vier weitere Gemeinden zustimmen. Anhand von Zahlen zeigte Fuchs, dass es keinen grossen Unterschied macht, welche vier weiteren Gemeinden das sein werden. Machen alle zehn Gemeinden mit, entstünde eine Gemeinde mit rund 8400 Einwohnern. Davon entfallen 52 Prozent auf Bad Zurzach. Auf die anderen Gemeinden entfallen 2 (Böbikon) bis 12 Prozent (Rekingen). Es habe im Aargau noch nie eine Fusion gegeben, in der sich viele kleine Gemeinden mit einer grossen zusammenschlossen. Deshalb sei es wichtig, dass man einander Vertrauen entgegenbringe.

Klar ist aber auch: Wenn Bad Zurzach Nein sagt, «hat sich das Ganze erledigt», wie Fuchs betonte, «dann wird es keine Fusion geben». Er appellierte an die Anwesenden: «Wir brauchen die Region, die Region braucht uns.» Und er fuhr fort mit der Bitte, dass möglichst viele Stimmberechtigte die ausserordentliche Gmeind am 23. Mai besuchen sollten. «Es wäre schade, wenn ein solch wegweisender Entscheid nur von wenigen getragen würde.»

Aktuell zählt der Wellness- und Kurort Bad Zurzach fast 4400 Einwohner.
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Der Turm von Bad Zurzach neben dem Thermalbad ist ein bekanntes Markenzeichen.
Das Thermalbad wurde vor wenigen Jahren umfassend saniert. An guten Tagen strömen über 2000 Personen ins Bad.
Das neue Intensiv-Solebecken im Thermalbad Zurzach kommt besonders gut an.
Das Naturschwimmbecken im Thermalbad Zurzach bietet auch an heissen Tagen eine Abkühlung. zvg
Im Thermalbad gibt es auchein "Papa Moll"-Kinderbecken.
Papa Moll gehört mittlerweile zu Bad Zurzach. Ein Buch spielt sogar im Thermalbad Zurzach
Bad Zurzach hat einen historischen Ortskern. Hier im Bild der Zugang auf der Promenadenstrasse.
Alle Jahre wieder lockt Floh- und Antiquitätenmarkt jeweils am letzten August-Wochenende viele Besucher in den historischen Ortskern von Bad Zurzach, den die Einheimischen aufgrund der Markttradition "Flecken" nennen.
Der Sternenbrunnen.
Hier im Bild der "Ochsen".
Charmant: Das Rosengässli im historischen Zentrum.
Verkehrsfrei wird der Flecken auch, wenn die "Tavolata" durchgeführt wird.
Dieser gesellschaftliche Anlass lockt viele Leute ins historische Zentrum.
Solche Bilder gefallen nicht nur den Einheimischen: Bad Zurzach mit Turmhotel und Thermalbad vor mehreren Regenbogen.
Wer nach Bad Zurzach kommt, sollte sich (im Sommerhalbjahr) abends die Wassersinfonie im Kurpark anschauen.
Jedes Jahr findet ein Weihnachtsmarkt in Bad Zurzach statt – auch zu diesem Markt kommen viele Besucher.
Der Gasthof zur Waag: Im historischen Kern von Bad Zurzach stehen viele solche Altstadt-Liegenschaften.
Das Verenamünster im Frühling.
Verenamünster von hinten.
So sieht das Verenamünster innen aus.
So sieht das Verenamünster innen aus.
In der Krypta des Verenamünsters befindet sich das Grab der Heiligen Verena. Wegen diesem pilgerten im Mittelalter alljährlich Tausende nach Zurzach.
Blick auf das Verenamünster: Beim Gang durch den Flecken ergeben sich solche Ansichten.
Auch ein Blickfang: Das "Schloss" von Bad Zurzach. Der Industrielle und "Stickereibaron" Jakob Zuberbühler (1840-1904) erbaute es einst.
Das Schloss wurde um 1900 gebaut. Bis 2009 war es ein Museum. Seitdem steht es leer. Die Birchmeier-Grupper sowie Reto S. Fuchs und seine Frau wollen als Inhaber dem Schloss neues Leben einhauchen.
Das Schloss von Bad Zurzach mit einem pompösen Eingang. Es wird auch "Himmelrych" und "Villa Zuberbühler" genannt.
Aus dem Vogelperspektive: Zu Bad Zurzach gehören auch einige Landwirtschaftsflächen und der Rhein, der die Grenze zu Deutschland bildet.
Die Soletürme sind Zeugen der ehemaligen Salzgewinnung in Zurzach.
Die Soletürme sind denkmalgeschützt.
Auch die Tour de Suisse gastierte mehrfach in Bad Zurzach – hier 2005: Beim Thermalbad nahmen die Radprofis den Weg nach Altdorf in Angriff.
Der Bahnhof Zurzach.
Seit über 40 Jahren gehört ein kleiner Tierpark zu Bad Zurzach, der von einem gemeinnützigen Verein geführt wird.
Zu Bad Zurzach gehört auch das allsommerliche Open-Air-Kino im Kurpark.
Blick vom Nachbarort Rekingen auf die Rheinlandschaft bei Bad Zurzach.
Die Burgkapelle Kirchlibuck ("Chilebückli"): Zeuge, dass die Römer sich hier einst niederliessen. Tenedo hiess Bad Zurzach damals. Die Römer sicherten hier einen Rheinübergang.
In Bad Zurzach befinden sich diverse Hotels, hier vorne das Park-Hotel, hinten das Thermalbad mit der bekannten RehaClinic, die in der Schweiz mehrere Ambulatorien führt.
Das renommierte Park-Hotel in Bad Zurzach ist das Hotel mit den meisten Betten im Kanton Aargau.
Beliebt ist auch das Regibad Zurzach.
Die Barzmühle lässt sich bei einer Führung erkunden.
Zur Barzmühle gehört eine Getreidemühle mit Getreideanbaumuseum und Schmiede.
Das grosse Wasserrad der Mühle am Rhein.
«Fährmann hol über»: Hier fährt die Barzfähre der Pontoniere von Bad Zurzach ins deutsche Kadelburg.
Auch der "Bestatter" war schon in Bad Zurzach: Das Solvay-Industrieareal diente als Kulisse für die «Bestatter»-Aufnahmen. Im Bild: Mike Müller als Luc Conrad und Peter Lohmeyer als Josef Mankowsky, dem grossen Gegenspieler des Bestatters in der 6. Staffel.
Schlicht schön: Bad Zurzach im Winter.
Und das ist Zukunftsmusik: Diese Visualisierungen zeigen die Ostumfahrung, mit welcher der Durchfahrtsverkehr aus dem historischen Zentrum geleitet werden soll. Wer nach Bad Zurzach will, wird hier (Anfahrt vom Zurziberg und Tegerfelden) links abbiegen müssen.
Die Visualisierung zeigt den offen geführten Teil der Ostumfahrung im Süden des Fleckens. Es folgt ein Tunnel.
Das Bundesgericht hat der Ostumfahrung Bad Zurzach auf eine Beschwerde hin grünes Licht erteilt.
Bad Zurzach ist bekannt für sein Thermalbad, sein Wellness-Angebot und die Rehabilitationsmöglichkeiten.
In Bad Zurzach werden am Aschermittwoch zwei besondere Fasnachtsbräuche gelebt: Nachmittags verteilt der Ättirüedi Süsses, Orangen und mehr an die Kinder - oder besser: Er wirft es in die Luft, wenn die Kinder laut genug schreien.
Am Abend des Aschermittwochs findet die "Lätschete" statt: Nach der Rede des Fasnachtspfarrers...
... wird der kürzlich verstorbene Prinz Karneval auf einer Bahre zur Rheinbrücke getragen.
Dort wird der Prinz (eine Puppe) angezündet, seine Überreste werden dem Rhein übergeben.

Aktuell zählt der Wellness- und Kurort Bad Zurzach fast 4400 Einwohner.

ZVG/Bad Zurzach Tourismus