Startseite
Aargau
Zurzibiet
Das Haus am Goldgässli 4 gilt seit einem Jahr als das nachweislich älteste in der Gemeinde. Bauunternehmer Eric Häfeli hat es nun umfassend saniert – begeistert ist auch die kantonale Denkmalpflege.
Über 20 Jahre blieb es im Höchli-Haus am Goldgässli 4 still. Niemand legte sich ins Bett. Niemand setzte sich auf das Sofa. Stattdessen legte sich der Staub auf den Esstisch, die Stuhllehnen und Fensterrahmen. Anfang 2017 änderte sich das: Der Klingnauer Bauunternehmer Eric Häfeli erwarb das leer stehende Haus von der Erbenfamilie Höchli, die auf ihn zugekommen war. «Ich war sofort interessiert. Ich mag solche Liegenschaften», erzählt er. «Wir haben schon manche ältere Liegenschaft, etwa im Städtchen, saniert.» Zudem ist die Liegenschaft nur fünf Gehminuten von der Bahnstation auf der einen, und dem Klingnauer Stausee auf der anderen Seite entfernt. Ein interessantes Objekt für Mieter.
Zuletzt hatte ein Single aus der Familie darin gewohnt, ehe er auf derselben Parzelle Stall und Scheune zu einem Wohnhaus umbaute und in dieses zügelte. Als der Bauunternehmer das erste Mal das baufällige Steinhaus betrat, wurde ihm klar, dass umfangreiche Sanierungsarbeiten nötig sind. Im Keller stachen ihm die massiven Wände auf, die im sogenannten Ährenverband gemauert waren.
Es ist sehr bemerkenswert, dass Herr Häfeli so stark auf den Erhalt der historisch relevanten und aussergewöhnlichen Substanz Rücksicht genommen hat.
(Quelle: Heiko Dobler, Denkmalpflege)
Die Erbenfamilie war noch von einem Baujahr um 1800 ausgegangen. «Ich wusste, dass solche Mauern zu viel früherer Zeit gebaut wurden. Ich hatte auch schon mehrere andere gesehen», erzählt Häfeli. «Diese Kellermauer ist aussergewöhnlich», bestätigt Heiko Dobler von der Denkmalpflege. Diese und die Kantonsarchäologie untersuchten und dokumentierten das Gebäude, das in all den Jahrhunderten diverse Umbauten erfuhr, schliesslich vor der grossen Sanierung.
Die Untersuchungen ergaben: Eine 90 Zentimeter dicke Bruchsteinmauer stammt aus der Zeit um die Stadtgründung Klingnaus von 1239. Damit war klar: Das Haus aus der sogenannten Vorstadt «Dorf» ist, so weit bekannt, das bisher älteste in der Gemeinde. «Dass das Haus aber so alt ist, auch älter als Amsterdam und Wilhelm Tell, das hat mich völlig überrascht», erzählt Häfeli.
«Die Zusammenarbeit mit Denkmalpflege und Gemeinde war sehr angenehm», unterstreicht Häfeli. Er verhehlt nicht, dass der Bauunternehmer bei Bekanntwerden des Gebäudealters dachte, da komme etwas auf ihn zu. «Bei der Sanierung galt es, Rücksicht auf die historische Bausubstanz zu nehmen» erklärt er. Andererseits erfüllt ihn als Ortsbürger auch Stolz, dass dieses historische Haus in seinem Eigentum ist. Heiko Dobler weist darauf hin, dass das Haus nicht unter kantonalem Denkmalschutz steht. «Es ist sehr bemerkenswert, dass Herr Häfeli so stark auf den Erhalt der historisch relevanten und aussergewöhnlichen Substanz Rücksicht genommen hat.»
Das Haus am Goldgässli dürfte in früherer Zeit an der Aare gestanden haben. Denn damals gab es noch keinen Klingnauer Stausee mit hochgezogenen Dämmen. Die Aare floss ungezähmt durchs Untere Aaretal und reichte bis zum Schloss, das sich auf Höhe des Hauses am Goldgässli befindet. Hier landeten Händler mit Booten, die ihre Fracht mit Fuhrwerken über den Achenberg nach Zurzach brachten. Dessen Märkte im Frühling und Herbst sowie das Grab der Heiligen Verena lockten während Jahrhunderten Händler aus halb Europa hierher.
«Aussergewöhnlich ist, dass solch ein Steinhaus ausserhalb der Stadtmauern steht», sagt Dobler. Normalerweise befanden sich solche Bauten im geschützten Stadtbereich. «Man könnte vermuten, dass das Haus ein Warenumschlagplatz war und allenfalls einen Lagerraum beinhaltete. Ein Steinhaus schützte die Ware sicher viel besser.»
Glich das Haus im Innern vor der Sanierung einer Ruine, so gleicht es nun einem Schmuckstück. Ursprünglich waren zwei Wohnungen geplant. «Zugunsten des Erhalts von alter Bausubstanz haben wir uns anders entschieden», sagt Häfeli. Die 6,5-Zimmer-Wohnung beinhaltet eine Galerie über zwei Stockwerke. »Für zwei Wohnungen hätten wir mehr Holzbalken rausreissen müssen.»
Häfeli freut sich darüber, dass das Höchli-Haus trotz der Erhaltung der alten Bausubstanz eine Wohn- und Lebensqualität bietet. «Dank der Galerie haben wir viel Tageslicht ins alte Gemäuer gebracht.» Dazu tragen auch die neuen Lauben, von denen man auf den Klingnauer Stausee blickt, massgeblich bei. «Das Haus gefällt mir und meiner Frau so gut, dass wir uns überlegt haben, nicht selbst einzuziehen», erzählt er. Dazu kommt es allerdings nicht. Bereits hat er Mieter für die gefunden.
Ende des 14. Jahrhunderts wurde die Stube aufwendig ausgebaut. Mit Holz getäferte Wohnräume findet man aus so früher Zeit eher in Burgen oder in Klöstern, schrieben die Denkmalpflege und Kantonsarchäologie in einem Beitrag. Die Stube sei damit eine der zwei ältesten spätgotischen Stuben im Aargau, wobei dies nur Fachleute erkennen können. Ein Rätsel bleibt: Wer in diesem stattlichen Steinhaus gewohnt hat, ist völlig unklar. «Das wäre eine Aufgabe für einen Historiker», meint Häfeli.
Tag der offenen Tür: Samstag, 29. Juni, 10 bis 14 Uhr.