Schneisingen
Nagra-Geschäftsführer: «Es gibt kein Ei des Kolumbus»

Nagra und Bundesamt für Energie informierten zu vorgeschlagenem Oberflächenanlagen. Der Aufmarsch der Bevölkerung gegen das geplante Lager war beachtlich.

Louis Probst
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Eine Oberflächenanlage ist für das Gebiet Schlad in Schneisingen vorgeschlagen (rot markiert). Google Earth

Eine Oberflächenanlage ist für das Gebiet Schlad in Schneisingen vorgeschlagen (rot markiert). Google Earth

Das Bundesamt für Energie hat über die neuen Standortvorschläge für die Oberflächenanlage eines geologischen Tiefenlagers in der Standortregion Nördlich Lägern orientiert – auch über den Potenzialraum Schlad in Schneisingen.

Das Thema Tiefenlager scheint offensichtlich zu bewegen. Der Aufmarsch in die Mehrzweckhalle Aemmert – nur wenige hundert Meter vom Potenzialraum Schladwisen entfernt – war jedenfalls beachtlich.

Und Claudia Graf, Frau Gemeindeammann von Schneisingen, hielt gleich zu Beginn fest, was der Gemeinderat von einer Oberflächenanlage im Alpenrosendorf hält: nämlich gar nichts.

Claudia Graf: «Für den Gemeinderat stand von Anfang an fest, dass das absolut nicht infrage kommt.» Sie verwies auf die Bedeutung des Gebietes Schlad als wichtiges Naherholungsgebiet und betonte: «Wir wehren uns gegen dieses Implantat.»

Andere Gewichtung

Die sechs zusätzlichen Vorschläge für die Standortregion Nördlich Lägern – darunter Schneisingen und Mellikon im Aargau und Saxegraben/Sanzenberg in Weiach, hart an der Grenze zum Aargau – seien im Laufe des Prozesses aufgetaucht, erklärte Monika Jost vom Bundesamt für Energie.

Die Kantone, im vorliegenden Fall Zürich und Aargau, hätten sich wegen der Gewichtung der durch die Nagra angewandten Kriterien eingeschaltet. Die Nagra sei darauf nochmals über die Bücher gegangen.

«Aus der Sicht der Kantone war die Gewichtung des Kriteriums Grundwasser zu tief», präzisierte Thomas Frei, der Projektleiter Tiefenlager beim Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau.

«Die Gewichtung des Kriteriums Wald dagegen erschien zu hoch. Durch die neue Kriterienliste ist der Fächer geöffnet worden. Daraus haben sich die Potenzialräume ergeben.»

Allerdings bilden nach Ansicht der Aargauer Regierung diese Potenzialräume «keine sinnvolle Alternative» zu den ursprünglichen Vorschlägen.

Überall Konflikte

«Es gibt keinen Standort, der frei ist von Konflikten», erklärte Nagra-Geschäftsführer Thomas Ernst. «Es wird daher kein Ei des Kolumbus geben, sondern es muss eine Güterabwägung stattfinden.»

So wird beispielsweise beim neuen Potenzialraum Schneisingen, das Gebiet landwirtschaftlich genutzt. Zudem liegt es in einem Wildkorridor von nationaler Bedeutung. Es gibt zwar keinen Konflikt mit dem Grundwasser.

Dagegen ist das Gebiet vom Siedlungsraum aus gut einsehbar. Durch die Nähe zur Bahn ist die Erschliessung gut. Aber die Kantonsstrasse müsste verlegt werden.

Beim Potenzialraum Steinbruch Mellikon ist die Distanz zum Tiefenlager sehr lang und der Umlad relativ schwierig. Zudem bestehen relevante Nutzungskonflikte, weil das Areal als Naturschutzgebiet vorgesehen ist.

«Jetzt liegen zehn Standortvorschläge der Nagra auf dem Tisch», sagte Hanspeter Lienhart, der Präsident der Regionalkonferenz Lägern Nord.

«Die Fachgruppe Oberflächenanlagen der Regionalkonferenz hat drei Vorschläge für die Weiterverfolgung ausgesucht.Vom Kanton Zürich ist zusätzlich der Vorschlag Saxegraben/Sanzenberg ins Gespräch gebracht worden. Die Vollversammlung der Regionalkonferenz wird am 29. Juni Stellung nehmen. Sie wird entscheiden, welche Vorschläge zur Weiterbearbeitung an die Nagra gehen.»

In der Fragerunde wurde auch Kritik an der Arbeit der Regionalkonferenz, insbesondere der Fachgruppe Oberflächenanlagen, laut. Regionalkonferenz-Präsident Lienhart wies aber den Vorwurf, dass die Einengung der Potenzialräume durch Zufälligkeiten entstanden sei, vehement zurück.