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Die Blechpolizisten-Attrappe von Künstler Santhori erregt die Aufmerksamkeit der Behörden. Auf die Provokation folgt ein Brief mit Ansage.
Die Radarfallen-Skulptur, die der Zurzibieter Künstler Santhori Mitte Mai auf der Strecke zwischen Rekingen und Bad Zurzach aufgestellt hat, ist den Behörden nicht entgangen. Die Gemeinde Rekingen verlangt für die kunstvoll verhüllte Blechpolizisten-Attrappe die Einreichung eines Baugesuchs.
Die Skulptur des Pop-Art-Künstlers stehe zu nahe an der Kantonsstrasse und zudem in einer Grünzone. Der Brief ist allerdings nicht an Santhori gerichtet, sondern an Michael Odenwald. Der Standortchef der Solvay AG ist der Besitzer des Grundstücks, auf dem das Kunstwerk platziert wurde. Er vermietet das Atelier seit über zehn Jahren an Santhori.
«Offenbar stellt das Kunstwerk ein Ärgernis dar», sagt Odenwald, um gleich anzufügen: «Aber nur für die Behörden.» Er selbst findet die Idee gut, beschreibt die Skulptur als echten Hingucker – «mit dem von Behördenseite offenbar unerwünschten Nebeneffekt, dass die Autofahrer das Tempo reduzieren». Den Brief der Gemeinde hat Odenwald gleich an Santhori weitergeleitet. Mit der Anmerkung: Er werde kein Gesuch stellen. Falls Santhori dies vorhabe, würde er, Odenwald, seine Unterschrift gerne beisteuern.
Doch auch Santhori hat nicht vor, sich der Formular- und Reglementsflut anzunehmen. «Ich habe noch nie eine Baubewilligung für eines meiner Kunstwerke eingereicht», sagt der 68-Jährige. Er wünscht, dass seine Skulptur mit gesundem Menschenverstand und einem Augenzwinkern gesehen wird. Mit Trotz und Schalk fügt er an: «Die Skulptur steht, solange ich will.» Kompromissbereiter zeigt sich Odenwald: «Klar, es gibt Vorschriften, und diese wollen eingehalten werden.» Er würde es als Erfolg werten, wenn die Skulptur einige Monate stehen bleiben könnte. «Aber es ist schon erstaunlich, wie schnell die Behörden in diesem Fall reagiert haben. Zu anderen Themen hört man monatelang nichts von ihnen.»
Rekingens Vizeammann Christian Trottmann, der das Ressort Bauwesen unter sich hat, sagt: «Auch Mitglieder des Gemeinderats nutzen die Kantonsstrasse.» So wurde die Exekutive schnell auf die Skulptur aufmerksam. Eine Frist hat der Gemeinderat bisher nicht gesetzt. «Wir erwarten aber zeitnahe ein Baugesuch», sagt Trottmann. Falls ein Gesuch gestellt würde, müssten auch die entsprechenden Stellen beim Kanton darüber befinden. Auch Trottmann ist aufgefallen, dass die Autofahrer tatsächlich abbremsen. Dennoch gelte: «Die Bauvorschriften sind höher zu gewichten als die persönliche Meinung oder der persönliche Geschmack.»
Falls die Skulptur ohne Bewilligung stehen bleibt, müsste der Gemeinderat wohl früher oder später zum Mittel der Verfügung greifen. In diesem Fall wird eine Frist zum Abbau gesetzt. Wird diese nicht eingehalten, wird der Gemeinderat die Demontage veranlassen. Dies ist Santhori bereits im Januar 2016 passiert, als er in der Nähe des Zürcher Hauptbahnhofs einen echten Blitzer mit seiner Skulptur verhüllte: Damals stand das Kunstwerk nur drei Stunden.
«Es ist erstaunlich, was so ein bunter Blechpolizist alles auslöst», sagt Santhori, «zuerst droht die Stadtpolizei Zürich mit einer Strafanzeige, die bei mir nie eingetroffen ist. Jetzt braucht der Blitzer eine Baubewilligung, die laut Gemeindebehörde schwierig zu bekommen ist, da es sich um eine Grünzone handelt.» Santhori hat an seiner Provokation seinen Spass. «Den Leuten gefällts», sagt er, «wildfremde Menschen sprechen mich an und gratulieren zur Idee». Und so ganz nebenbei sei der Blitzer auch ein beliebtes Fotosujet geworden.