Kanton und Pro Natura haben zusammen einen Rundgang im neu entstehenden Auengebiet «Chly Rhy» bei Rietheim durchgeführt. Zentraler Teil des Projektes ist die Wiederanbindung des Seitenarms «Chly Rhy» an den Rhein.
«Ein Traum geht endlich in Erfüllung» stand auf der Exkursions-Einladung. Unendlich lang hatte die Pro Natura schon um eines der letzten wichtigen Teilstücke des Auenschutzparks Aargau gekämpft. Aber das von der Landwirtschaft stark genutzte Rietheimer Gebiet wollte man nicht ohne Widerstand aufgeben. Erst bei einem von Regierungsrat Peter C. Beyeler geleiteten Mediationsgespräch wurden sich Kanton, Gemeinde, Pro Natura und Bauern einig.
Das Auenschutzgebiet – bisher im Besitz von Anwohnern und Ortsbürgern – wurde im Tausch mit anderem Land an Pro Natura und Kanton abgegeben. An der Gemeindeversammlung vom vergangenen Sommer wurde dem Projekt mit grossem Mehr zugestimmt. Bei der Auenrenaturierung Rietheim handelt es sich um die grösste Renaturierung am Rhein im Aargau. Der Rückführung zur Natur kommt in diesem Gebiet besondere Bedeutung zu, da es an der einzigen noch verbliebenen freien Fliessstrecke am Hochrhein zwischen Bodensee und Basel liegt. Erik Olbrecht, Projektleiter des Kantons: «Hier kann die für das beeindruckende Lebensraummosaik wichtige Auendynamik wiederhergestellt werden.»
Lebensraum für Flora und Fauna
Zentraler Teil des Projektes ist die Wiederanbindung des Seitenarms «Chly Rhy» an den Rhein. «Damit er mit einer dosierten Menge Wasser durchflossen wird, ist am oberen Ende des Flussarmes die Errichtung eines Einlaufbauwerkes geplant», erklärte Erik Olbrecht beim Rundgang. Am unteren Ende wird das Mündungsdelta rekonstruiert, indem man die Auffüllungen aus den Sechzigerjahren ausbaggert.
«Das Gebiet wurde im Laufe der letzten 150 Jahre vor allem für die Landwirtschaft nutzbar gemacht, und man hat aus Angst vor Überschwemmungen möglichst viel von der Auen-Sumpflandschaft trockengelegt», erklärte Olbrecht den jetzigen Zustand des Areals. Nun sollen die rund 30 Hektaren wieder zu einem natürlichen Lebensraum werden, mit dynamischen Fliessgewässern, Stillgewässern und kleineren Tümpeln, in denen Amphibien und andere Tiere und Wasserpflanzen Platz finden. Ebenfalls geplant ist eine grosse Sandbank als Trockenstandort für seltene Flora und Fauna.
«Die Rietwiese wird vergrössert, damit sich die dort noch heimischen Orchideen und seltenen Farne wieder ausbreiten können», führte Ulysses Witzig von Pro Natura aus. «Ein grosser Teil des heute intensiv genutzten Landwirtschaftslandes wird extensiviert.» Will heissen, es gibt wieder vermehrt ungedüngte Blumenwiesen und Weiden.
Neues Naherholungsgebiet
Auf der Seite des Bauernhofs «Paradiesli» entsteht eine grosse Brücke über den Seitenarm. 500 Meter weiter unten am Seitenarm «Chly Rhy» werden die beiden Ufer mit einer kleineren Brücke für Unterhaltsfahrzeuge und Wanderer verbunden. Die bestehenden Wege werden so verlegt, dass ein Naturkerngebiet entsteht. Olbrecht: «Die Bevölkerung kann sich auf ein Naherholungsgebiet mit neuen Spazierpfaden, Aussichtspunkten, Badestellen und Brätliplätzen freuen.»
Sobald die letzten Bereinigungen mit dem benachbarten Landwirt über die Bühne gegangen und alle Entschädigungsfragen geklärt sind, wird das Projekt öffentlich ausgeschrieben. Nächsten Frühling soll der Spatenstich stattfinden.