Bezirk Zurzach
Juso will Ausgangssperre für Teenager aufheben

Unter 15-Jährige müssen im Bezirk Zurzach ab 23 Uhr von öffentlichen Plätzen verschwinden. So will es das Polizeireglement. Die Jungsozialisten haben eine Petition eingereicht und prüfen den Gang vor Gericht.

Pirmin Kramer
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«Es ist absurd, wenn man die Jugendlichen einsperrt», sagt Fabian Meier zur Ausgangssperre.

«Es ist absurd, wenn man die Jugendlichen einsperrt», sagt Fabian Meier zur Ausgangssperre.

Alex Spichale

Das Recht der Spiesser auf ihre Ruhe und Ordnung scheine unbegrenzt zu sein, schreiben die Jungsozialisten des Bezirks Zurzach. Der Grund für diese deutlichen Worte: Seit dem 1. April 2008 dürfen sich Jugendliche im Bezirk Zurzach bis zum vollendeten 15. Altersjahr ohne Begleitung der Eltern nach 23 Uhr nicht mehr auf öffentlichen Strassen und Plätzen aufhalten. So besagt es Paragraf 25 des Polizeireglements der Regionalpolizei Zurzibiet.

Jetzt haben die Jungsozialisten eine Petition mit dem Titel «Rumhängen erlaubt!» eingereicht. Sie fordern den Regierungsrat und den Grossen Rat auf, sich gegen die Ausgangssperre einzusetzen. Das Bedürfnis der Jugendlichen auf eine selbstbestimmte Freizeit werde mit Füssen getreten.

«Verbot ist verfassungswidrig»

Ausserdem prüft die Juso Zurzibiet, eine Beschwerde vor Verwaltungsgericht einzureichen, wie Vorstandsmitglied Fabian Meier gegenüber der az Aargauer Zeitung sagt. «Ein Ausgehverbot verstösst gegen die Versammlungsfreiheit und ist damit verfassungswidrig.» Meier beruft sich auf einen Entscheid des Zürcher Verwaltungsgerichts. Dieses hiess eine Beschwerde gegen das abendliche Ausgehverbot für schulpflichtige Jugendliche in der Gemeinde Dänikon ZH gut. Durch das Ansammlungsverbot werde unrechtmässig in die Versammlungsfreiheit der schulpflichtigen Jugendlichen eingegriffen, so die Argumentation.

Das Gericht bezweifelte in seinem Urteil zudem, ob mit dem Verbot der Schutz von Ruhe und Ordnung durchgesetzt werden könne. Vandalenakte könnten auch vor 22 Uhr verübt werden. Das Verbot würde zudem auch unbescholtene Jugendliche bestrafen, so das Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 30. April 2009. «Höchste Zeit, dass die Ausgangssperre auch bei uns im Bezirk Zurzach abgeschafft wird», so Meier.

René Lippuner, Chef der Regionalpolizei Zurzibiet, hat massgeblich zur Schaffung des Paragrafen beigetragen. «Wir wollen die Jugendlichen mit diesem Paragrafen nicht bestrafen», sagt er. «Im Gegenteil, wir möchten ihnen helfen, damit sie nicht auf die schiefe Bahn geraten und anschliessend der Volkswirtschaft Unsummen kosten.» In den letzten vier Jahren habe die Polizei rund 30 Jugendliche nach Hause gebracht oder von den Eltern abholen lassen. Die meisten Eltern seien dankbar, sagt Lippuner. «Und ehrlich gesagt, haben Jugendliche unter 15 so spät auf der Strasse nichts mehr zu suchen.»

Unter 15-Jährige hätten noch keine eigene Wohnung, argumentiert Meier. Sie könnten sich nur im öffentlichen Raum treffen, wenn sie ungestört mit Kollegen zusammen sein möchten. Der Paragraf 25 nehme ihnen jegliche Freiräume. «Den Teenagern wird ein Teil ihrer Jugend genommen.» Er könne Ängste von Befürwortern des Ausgangsverbotes, dass Jugendliche nach 23 Uhr Abfall produzieren und drogenabhängig werden könnten, durchaus nachvollziehen. Er glaube aber nicht, dass ein Verbot das richtige Mittel sei, um dies zu verhindern. «Es ist absurd, wenn man die Jugendlichen einsperrt.»

Die Abschaffung der Ausgangssperre soll ein erster Schritt sein für einen jugendfreundlicheren Bezirk. «Zwar haben es die Jugendlichen insgesamt gut hier», sagt Meier. Was fehle, sei ein flächendeckendes Angebot für Jugendarbeit. Repol-Chef Lippuner sagt, er erwarte von den Kritikern nicht nur leere Worthülsen, sondern umsetzbare Vorschläge, um das Jugendproblem nachhaltig in den Griff zu bekommen. «Dann werden wir die ersten sein, die mithelfen.»