Rekingen
Junger Flüchtling aus Afghanistan beeindruckt mit starkem Willen – nun startet er eine Lehre

Vor fünf Jahren flüchtete er aus Afghanistan. Diesen Montag begann Mojtaba Yadgari in Rekingen mit der Lehre zum Automobil-Assistenten.

Barbara Stotz Würgler
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Mojtaba Yagdari: «Ich habe Respekt vor der Schule, aber ich bin sehr dankbar und freue mich, dass ich diese Ausbildung machen kann.»

Mojtaba Yagdari: «Ich habe Respekt vor der Schule, aber ich bin sehr dankbar und freue mich, dass ich diese Ausbildung machen kann.»

Severin Bigler

«Die Sprache», sagt Mojtaba Yadgari, wenn er nach der grössten Herausforderung gefragt wird, mit der er sich nach seiner Flucht in die Schweiz konfrontiert sah. Da ihm als Asylsuchender nur eine begrenzte Anzahl Lektionen zustand, nahm er auf eigene Initiative Deutschstunden. Heute kann sich der 21-Jährige gut auf Hochdeutsch verständigen, hat zahlreiche Schweizer Kollegen, und wenn jemand von der Werkstatt Schweizerdeutsch spricht, kann er immer häufiger folgen.

Bei den technischen Fachausdrücken ist er zwar noch nicht ganz sattelfest, doch Christian Hagenbuch, Werkstattchef bei der Firma Indermühle Nutzfahrzeuge AG, lässt nicht locker und fragt ihn regelmässig ab. «Es ist ganz klar ein Mehraufwand im Vergleich zu anderen Lernenden», sagt er. Dennoch hat er sich unablässig für Mojtaba Yadgari starkgemacht. «Er hat grosses Potenzial, das gefördert werden muss», so Hagenbuch. Ausserdem sei es im Nutzfahrzeugbereich schwierig, gute Nachwuchskräfte zu finden – «und er ist gut».

Mit seinem starken Willen, seinem tatkräftigen Einsatz und seinen technischen Fähigkeiten beeindruckte Mojtaba Yadgari 2018 den Werkstattchef anlässlich zweier Schnuppertage. Diese hatte ihm Sandra Traxler-Indermühle, Geschäftsführerin der Indermühle Gruppe, vermittelt. Sie war vom Engagement des jungen Mannes überzeugt und wollte ihm diese Tür in die Arbeitswelt bewusst öffnen.

Nach Rücksprache mit dem gesamten Team stand fest, dass der junge Afghane eine Chance erhalten soll. «Es gehört zu unseren Stärken, dass wir im Betrieb eine sehr familiäre, persönliche Atmosphäre haben», erklärt Traxler-Indermühle. Nach zahlreichen E-Mail-Wechseln und Telefonaten mit den Behörden waren die Rahmenbedingungen geschaffen, innerhalb derer Mojtaba Yadgari sein einjähriges Betriebspraktikum beginnen konnte. Denn an und für sich dürfen Asylsuchende keiner bezahlten Arbeit nachgehen. Die Indermühle Nutzfahrzeuge AG entschädigte ihn deshalb mit Bahnbilletten und übernahm die Kosten für zusätzliche Deutschkurse, die er nach Feierabend besuchte.

Kanton bietet Integrationsprogramm an

Der Afghane fiel während seines Einsatzes derart positiv auf, dass er für eine einjährige Integrationslehre aufgenommen wurde. Eine solche bietet der Kanton Aargau jährlich 80 Flüchtlingen und vorläufig aufgenommenen Asylsuchenden im Rahmen der Erwerbsintegration an. Schon während der Integrationslehre äusserte Mojtaba Yadgari den Wunsch, eine weiterführende Ausbildung anzuhängen. Während er mit der dreijährigen Ausbildung zum Automobil-Fachmann liebäugelte, konnte ihn Christian Hagenbuch davon überzeugen, dass er mit der zweijährigen Lehre zum Automobil-Assistenten besser fährt.

Diesen Montag war Lehrbeginn für den vorläufig aufgenommenen Flüchtling. «Ich habe Respekt vor der Schule», sagt Mojtaba Yadgari, «aber ich bin sehr dankbar und freue mich, dass ich diese Ausbildung machen kann.» Da er den Lehrbetrieb bereits gut kenne, habe sich seine Nervosität in Grenzen gehalten, sagt Yadgari, der mit einem Landsmann in Klingnau wohnt.

Mittlerweile hat die Indermühle Nutzfahrzeuge AG weitere Anfragen erhalten, um Flüchtlinge zu beschäftigen. Sandra Traxler-Indermühle ist vom Modell der Erwerbsintegration überzeugt: «Ich sehe es grundsätzlich als unternehmerische Verantwortung, jungen, engagierten Menschen eine Chance zu geben und in die Berufswelt zu begleiten.» Es gebe keinen besseren Weg als über den Beruf und die Ausbildung, damit echte Integration funktionieren könne.