Wer samstagnachmittags die Tegerfelder Dorfstrasse entlangschlenderte, konnte die Sonne aus vollen Zügen geniessen. Aus Gläsern, halb gefüllt mit hellgelbem, hell- oder dunkelrotem Saft, aus dem die Kraft zahlloser ihrer Strahlen über die Kehle ins Blut strömte.
Wer nun aber der Ansicht ist, dass Weintrinken Sünde sei, der hat wohl wenig mit Wilhelm Busch am Hut, der festgestellt hatte «Der Saft, der aus der Traube quoll, kann heut' ja wohl nicht schaden! Juhe! Wir sind ja wieder voll, ja wieder voll der Gnaden!»
Ein Dutzend Winzer und Genossenschaften schenkten aus, wonach Weinkennern und solchen, die es werden wollen, der Sinn stand. Tropfen aus bestens bekannten Gewächsen wurden ebenso sorgfältig degustiert wie neuere Assemblages und Sorten: Malbec, St. Laurent, Cabernet Cortis, Gamaret oder Carlina. Zweimal die Dorfstrasse rauf und runter konnte ganz schön gefährlich sein - unter Umständen. Wie heisst es allerdings richtigerweise: «Es gibt keinen starken Wein, es gibt nur schwache Menschen.»
Weintrinken und «Bödele»
Na ja, der 2009er-Tegerfelder Pinot Noir Barrique von Walter Deppeler, letzten Monat an «Mondial des Pinots» in Sierre als erster Aargauer Wein mit einer grossen Goldmedaille ausgezeichnet, ist mit seinen 14,4 Volumenprozent ja auch nicht gerade ein Leichtgewicht, aber mehr als eine Sünde wert. Stolz auf die «normale» Goldmedaille, mit der ihr Pinot Gris in Sierre ausgezeichnet wurde, ist die Produzenten-Vereinigung «Besserstein» aus Villigen: Erst vor knapp einem Jahr haben sich elf Landwirte und Hobby-Winzer zusammengeschlossen und schon ist einer ihrer Weine - die vom Würenlinger Andreas Meier gekeltert werden - so hoch dekoriert.
Zum Weingenuss gehört richtiges «Bödele» und also war auch dafür in Tegerfelden adäquat gesorgt: Mit Raclette, Risotto, Grilladen oder den legendären Landfrauen-Torten konnte jedes Magenknurren zum Schweigen gebracht werden.
Bereits schon eine Wysonntigs-Tradition sind die um die Wette galoppierenden Ferkel und die offene Küferei-Türe. Anstelle der Kletterwand lud diesmal eine Hüpfburg die Jungmannschaft zum Verweilen. Unermüdlich tutete die Rebbergbahn sich ihren Weg durch das Fussvolk, während ennet der Surb das grosse Nacht-Ereignis seine Schatten vorauswarf: Vier Stunden dauerten die Vorbereitungen für die Show von Joseph Stenz - eine Mischung aus Feuertanz und Pyrotechnik -, mit welcher der Bündner das Publikum in Bann zog.
Handleserin: Hände voll zu tun
Tagsüber buhlte von der Bühne am Begegnungsplatz herunter eine Gauklergruppe mit Moritaten, Zauberei und Jonglage um Zuschauer, während schräg gegenüber Eichen verkauft wurden, günstig, für nur 35 Franken. Alle Käufer werden sie am 6. April 2013 gemeinsam, unter kundiger Anleitung, pflanzen. 900 Stück sollen es sein, genau so viele also, wie Tegerfelden an Jahren alt wird.
Noch viel älter ist die Chirologie, die Kunst des Handlesens. Die Handleserin hatte im wahrsten Sinne alle Hände voll zu tun. Genau betrachtet, las sie eher aus den Fingerkuppen. Aus denen von Doris aus Obersiggenthal beispielsweise las sie Kreativität und eine grosse Begabung zu beratender Tätigkeit heraus sowie einen gewissen Mangel an Selbstliebe. Mit einem Gläschen Riesling-Sylvaner hat Doris die Erkenntnisse aus ihren Fingerkuppen nach der Sitzung bei der diplomierten Chirologin verinnerlicht - sehr zum Wohl!