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Der Gemeinderat empfiehlt, wegen «schwacher sprachlichen Kenntnisse» eine 40-Jährige nicht einzubürgern. Das gibt im kleinen Dorf zu reden. Die aus Bangladesch stammende Kaniz Fatema Khan wohnt und arbeitet seit zehn Jahren in der Gemeinde.
In der 342-Seelengemeinde Wislikofen sorgt das Einbürgerungsgesuch der Bangladescherin Kaniz Fatema Khan für reichlich Gesprächsstoff. Die 40-Jährige wohnt seit zehn Jahren in der Gemeinde und arbeitet als Köchin in der Maia-Stiftung Haus Goldenbühl, einer Institution für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung.
Den Einbürgerungstest hat sie bestanden, doch der Gemeinderat empfiehlt der Gemeindeversammlung (28. November, 20.15 Uhr, Propstei), ihr Gesuch abzulehnen. Begründung: «Der Gemeinderat hat anlässlich des Einbürgerungsgesprächs festgestellt, dass die sprachlichen Kenntnisse von Frau Khan zu schwach sind, ebenso ist die Integration fraglich.»
Ihr Vorgesetzter Benedikt Hebing, Institutionsleiter der Maia-Stiftung, hat kein Verständnis für die ablehnende Haltung des Gemeinderates. «Seine Empfehlung ist nicht nachvollziehbar. Sehr viele Leute im Dorf fragen sich, warum in aller Welt Frau Khan nicht integriert sein soll.» Sie wohne seit zehn Jahren im Dorf, unterhalte sich täglich mit Nachbarn und anderen Einwohnern, sie habe anlässlich des Adventsfensters 2017 einen Apéro organisiert und nehme an Veranstaltungen im Dorf teil.
Ihre beiden Kinder – deren Einbürgerungsgesuche der Gemeinderat zur Annahme empfiehlt – seien hier geboren und aufgewachsen. «In unserer Institution arbeitet sie seit fünf Jahren als Köchin, sie betreut zwei Bewohner des Heims. Sie spricht gut Hochdeutsch sowie auch Schweizerdeutsch. Mit einem Akzent zwar, aber die Verständigung funktioniert problemlos. Wer soll eingebürgert werden, wenn nicht sie?»
Gemeindeammann Heiri Rohner (parteilos) sagt: «Die Frage, ob Frau Khan eingebürgert werden soll oder nicht, sorgt für viele Diskussionen in unserem Dorf, was ich grundsätzlich positiv finde.» Der Gemeinderat habe sich «extrem schwer» getan, eine Empfehlung abzugeben, und sich nach langer Diskussion für eine Ablehnung entschieden.
Im Gespräch habe die Gesuchstellerin nicht alle Fragen betreffend Integration zufriedenstellend beantworten können. «Bei der Frage nach den Nachbargemeinden Wislikofens nannte sie bei Weitem nicht alle Ortschaften. Und auf die Frage, welche Veranstaltungen regelmässig in Wislikofen stattfinden, nannte sie nur ein, zwei Beispiele. Diese und weitere Punkte haben uns dazu veranlasst, ihre Integration als fraglich zu beurteilen», sagt Rohner.
Die Sachlage sei schwierig, der Fall nicht eindeutig: «Denn wir haben kaum Vergleichsmöglichkeiten in unserem kleinen Dorf, in dem es nicht so oft Einbürgerungsgesuche gibt. Und man kann die Integration nicht messen wie die Zeit in einem Hundertmeterlauf.»
Noch sei nichts entschieden, gibt er zu bedenken: «Das letzte Wort hat die Gemeindeversammlung. Der Gemeinderat könnte gut damit leben, wenn eine Mehrheit ihr Gesuch gutheissen würde.» Der Gemeinderat habe bloss versucht, das Gesuch nach bestem Wissen und Gewissen zu beurteilen.
Kaniz Fatema Khan selber sagt in Hochdeutsch: «Ich wohne seit 20 Jahren in der Schweiz. Seit ich in Wislikofen lebe, habe ich den Wunsch, Schweizerin zu werden. Denn hier wohne, lebe und arbeite ich, und ich fühle mich richtig wohl hier.» Die Kritik an ihren Sprachkenntnissen könne sie nachvollziehen, «auch wenn ich mich im Dorf mit allen gut unterhalten kann». Integriert aber sei sie gut. «Viele Landsleute sagen mir, du bist viel mehr Schweizerin als Bangladescherin, weil ich Guetzli backe und so weiter.»
Sie habe in den letzten Tagen und nach einem Artikel in der «Botschaft« viele Reaktionen von Dorfbewohnern erhalten, sagt Kaniz Fatema Khan. «Einige Leute haben sich bei mir entschuldigt wegen der Sache mit der Einbürgerung. Dabei können sie ja gar nichts dafür», sagt sie und lacht. «Ich wäre einfach sehr glücklich, wenn ich zusammen mit meinen Kindern eingebürgert würde.»