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Aargau
Zurzibiet
Römerzeit, Mittelalter, Industrialisierung und die Zeit der Thermalquellenbohrung: An den drei Festtagen steht der historische Kern von Bad Zurzach ganz im Zeichen der vier Epochen, die den Ort prägten. Am Freitagabend geht es los.
Gegen einen Flecken auf der Hose helfen Ochsengallen-Seife oder K2R; gegen den Flecken Bad Zurzach hingegen ist kein Kraut gewachsen. Zum Glück nicht, denn er, von Einheimischen liebevoll „Fläcke“ genannt, hat allen Grund dazu, stolz zu sein: Das Stadtrecht zwar war einst verweigert worden, doch als Marktflecken hatte Zurzach es im Mittelalter zu hohem Ansehen und grosser Bedeutung gebracht.
So war es um 1500 neben Genf der grösste Messe-Ort der Schweiz. Händler aus der ganzen Eidgenossenschaft, aus Süddeutschland und sogar aus den Niederlanden, Mailand und Polen kamen hierher und profitierten vom Zollfreistatus des Marktfleckens. Während im benachbarten Rekingen regelmässige Pferdemärkte stattfanden, florierte in Zurzach hauptsächlich der Handel mit Tuch und Leder.
Kein Stein mehr auf dem andern
Berühmt soll der Flecken schon damals auch für seine Festfreudigkeit gewesen sein. Und auch ein bisschen berüchtigt, waren die Händler doch nicht abgeneigt, mit leichten Damen speziellen Freuden zu frönen. Honi soi qui mal y pense – selbst schuld ist, wer Schlechtes dabei denkt. Ab heute Abend jedenfalls sind in Zurzi ganz und gar sittliche Freuden im Multipack für Klein und Gross, Alt und Jung, Männlein und Weiblein angesagt.
Zwar werden hier schon seit Monaten immer wieder andere Strassen aufgerissen. Jetzt aber – oha lätz – jetzt scheint überhaupt kein Stein mehr auf dem anderen zu bleiben. Vorgestern, plötzlich, war die „Senftäsche“ für parkierende Autos gesperrt und türmten sich auf der Wiese nebenan Strohballen. In den Gassen wimmelte es von Männern in Zivilschutz-Overalls, auf dem Sportplatz Langwies wurde ein hübscher Garten angepflanzt und daneben ein Quadrat mit dicker Folie ausgelegt: „Das wird ein Badezuber“, so des Rätsels Lösung und „Fläckefäscht“ das Zauberwort und heute um 18 Uhr geht’s los!
Rudern mitten im Flecken
Bis Sonntagabend sind Essen und Trinken Trumpf, Werkeln und Spielen, Hören, Schauen, Staunen und hautnah exklusive Erfahrungen sammeln. Zum Beispiel, wie es sich anfühlt, von starken Römern in einer Sänfte herumgetragen zu werden, was Grosi, als es ein Teenager war, im Thermalbad trug und man erfährt, dass Ramsen nicht nur ein Ort im Kanton Schaffhausen, sondern auch ein altes Kartenspiel ist.
An den drei Festtagen steht der Ortskern ganz im Zeichen der vier Epochen, die das Zurzibiet prägten: Die Römerzeit, das Mittelalter mit seinen grossen Messen, die Industrialisierung und die 50er Jahre mit der Thermalquellenbohrung. Die Zeitreise wird ebenso in stilechten Kostümen und passender Kulinarik zelebriert, wie sie hautnah oder auch aktiv in römischen Spielen er- und gelebt werden kann, bei Modeschauen, Rock ‘n Roll, Bogenschiessen, Papier schöpfen und vielem mehr.
Vor den Kommentaren des Schelmenturmwächters allerdings muss man sich in Acht nehmen und es empfiehlt sich, mit dreckigen Schuhen aufzukreuzen, damit dem Schuhputzer Blitz und Blank ja die Arbeit nicht ausgeht. Wie wär’s übrigens mit einer Runde Rudern? Nicht etwa auf dem Rhein, nein, mitten im Flecken.
Von A wie Altdorf bis Z wie Zurzi
Apropos: Zurzach ist bei weitem nicht der einzige Flecken im Lande. Ein Dutzend sind es insgesamt (siehe nebenan). Sie alle waren zwar ohne Stadtrecht, hatten aber ab dem 13. Jahrhundert die Stellung eines Hauptortes inne. So etwas – hat sich das OK „Fläckefescht“ gesagt – verbindet, den alt-Gemeindeammann und Grossrat Franz Nebel flugs zum Flecken-Konsul ernannt und sämtliche Mit-Flecken ans Fest eingeladen.
„Ausser aus Hermance aus dem Kanton Genf werden Gemeindevertreter von allen zehn Flecken nach Bad Zurzach kommen, teilweise mit ihren Familien. Offiziell haben sich 40 Personen angemeldet“, berichtet OK-Mitglied Sybille Schreiber stolz. Alle diese Gemeinden seien völlig überrascht gewesen und hätten sich sehr gefreut.
„Es gibt sogar schon Gegeneinladungen und – wer weiss – vielleicht werden Flecken-Treffen zu einer Tradition, was sehr begrüssenswert wäre“, so Schreiber. Am Samstagvormittag werden die Delegationen der zehn Fleckengemeinden im Turm- Panoramarestaurant begrüsst und anschliessend durchs Fläckefäscht geführt.
Alle Informationen über das Fest auf www.flaeckefaescht.ch