Mit der geplanten Erhöhung des Steuerfusses von 95 auf 110 Prozent werden die Bürger von Döttingen kräftig zur Kasse gebeten. An der Infoveranstaltung vom Montag schien es, als hätten sie die bittere Pille schon geschluckt.
Der Goldrausch dank Axpo-Aktiensteuern ist in Döttingen endgültig vorbei. Nach Sprüngen von 60 auf 80 und letztes Jahr auf 95 Prozent Gemeindesteuern soll der Satz jetzt im Eiltempo auf 110 Prozent angehoben werden. Die Gemeinde steht dort, wo sie vor über zehn Jahren war.
Ammann Peter Hirt nennt das «die Rückkehr zur Normalität». Offenbar haben die Stimmbürger diese bittere Pille schon geschluckt. Jedenfalls gab es an einem gut besuchten Infoanlass keine Kritik am höheren Steuerfuss. Das Budget 2016 ist auch so nicht ausgeglichen, dazu müssen dem Eigenkapital 685 000 Franken entnommen werden.
Zwar hat die Gemeinde noch Vermögen in den Liegenschaften, aber «die flüssigen Mittel sind aufgebraucht, alle Investitionen müssen durch fremde Mittel finanziert werden». So steht es im Informationsbüchlein an die Stimmberechtigten. Konkret sind für nächstes Jahr für über zwei Millionen Franken Investitionen geplant. Damit steigen Döttingens Schulden auf rund 2,6 Millionen. Mit dem höheren Steuerfuss kommen von den natürlichen Personen 8,4 Millionen statt nur 7,2 Millionen beim tieferen Ansatz.
Der einzelne Steuerzahler muss aber nicht mit 15 Prozent mehr rechnen, denn auch Kanton und Kirchgemeinden verlangen Steuern. Im gesamten Steuerkuchen sind es etwa 6 bis 8 Prozent mehr, je nachdem, ob jemand konfessionslos ist oder nicht. Eine Person mit 100 000 Franken steuerbarem Einkommen, ledig und ohne Kirchensteuer, muss rund 1100 Franken mehr zahlen, konkret 8159 statt 7047 Franken – nur für die Gemeindesteuer.
Die Aktiensteuern sind total mit nur 1,5 Millionen Franken budgetiert. 2008 flossen noch 11,93 Millionen. Von der Axpo sei laut Finanzdirektor Roland Brogli «weniger als nicht viel» zu erwarten, sagte Peter Hirt zu den anhaltend trüben Aussichten. «Wir haben schon überall den Rotstift angesetzt», aber die Fixkosten seien hoch.
Fast bei jedem Geschäft für die am 18. November entscheidende Gmeind reklamierten Kritiker, dass es zu teuer sei. So beim Projektierungskredit von 290 000 Franken für den Umbau des Schulhauses Rebhalde, beim Baukredit von 520 000 Franken für Sanitär und Heizung von Schulhaus und Turnhalle Chilbert und Boge. Ganz speziell aber beim Regenklärbecken Schützenhausstrasse, das 1,6 Millionen verschlingen wird. Beim Budget wurden auch kleinste Beiträge für die Schule kritisch hinterfragt. Die Antworten zeigten aber, dass kein Luxus (mehr) betrieben wird.
Die Fusion mit Klingnau war primär an der viel zu grossen Steuerdifferenz gescheitert. An der Urne stimmten die Klingnauer vor zweieinhalb Jahren mit 665 Ja zu 462 Nein zu, die Döttinger lehnten mit 395 Ja zu 783 Nein überdeutlich ab. Ein Redner ärgerte sich, weil man jetzt ein Flickwerk habe und damit Geld in den Sand setzen müsse. Zur Konzentration der Oberstufe unteres Aaretal in Klingnau gab es keine Einwände, jede andere Lösung würde Döttingen viel mehr Geld kosten.
Zur finanziellen Verunsicherung gehörten auch Bedenken, dass immer mehr Flüchtlinge das Gemeindebudget dereinst über Gebühr belasten könnten.
Geld von der Fernwärme
In der Sorge um den Rechnungsausgleich will die Döttinger Behörde auch unübliche Quellen anzapfen. Die Fernwärmeversorgung hat laut Infoschrift von 1997 bis 2004 rund 1,2 Millionen Franken Zuschüsse von der Einwohnergemeinde erhalten. «Es ist noch eine halbe Million mehr, total 1,7 Millionen Franken», sagt Gemeindeammann Peter Hirt. Weil die Fernwärme inzwischen 1,9 Millionen Franken Reserven habe, wolle man dieses Geld zurück. Allerdings nicht auf einen Schlag, sondern über die nächsten Jahre verteilt. Es geht nicht um die Refuna (Regionale Fernwärme Unteres Aaretal) als Ganzes, sondern um das eigene Döttinger Ortsnetz. Deshalb sind die Stimmberechtigten bei diesem Eigenregiebetrieb der Gemeinde unter dem Namen Fernwärmeversorgung zuständig. Nicht erörtert wurde die Frage, ob man Reserven auch zur Verbilligung der höheren Energiekosten verwenden könnte. Seit beide Blöcke des AKW Beznau still stehen, müssen die Kunden mit Zusatzkosten für das Heizöl rechnen. Wegen des milden Wetters ist der Verbrauch derzeit jedoch sehr tief. (Lü.)