Mit Beharrlichkeit und grossem Einsatz brachte Urs Ammann eine Zurzibieter Delegation ans WEF. Dort trafen sie nicht nur ex-Nationalbankchef Philipp Hildebrand oder SRF-Anchorman Stephan Klapproth, sondern auch ein ganz spezielles Ehepaar.
Ans Weltwirtschaftsforum WEF in Davos werden nur die ganz grossen Tiere aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft eingeladen – und eine Delegation aus dem Zurzibiet. Zu verdanken ist dies einer schier unglaublichen Aktion von Urs Ammann, Präsident der Finanzkommission (Fiko), von Bad Zurzach und offenbar ein Mann, für den das Wort «unmöglich» nicht existiert.
«Es ist so», erzählt Ammann, «wir haben in Bad Zurzach eine gute Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat. Aber wegen der vielen Projekte hatten wir eine sehr strenge, manchmal frustrierende Zeit. Ich wollte, dass wir auch einmal etwas Schönes zusammen erleben.» Kurz nach dem letztjährigen WEF reifte deshalb in Ammann die Idee, beim nächsten Mal mitsamt Fiko und Gemeinderat nach Davos zu reisen. «‹Das schaffst du nie›, haben alle gesagt. Sowas spornt mich zusätzlich an», erzählt er und lacht.
Ammann begann zu recherchieren, «wie ein Student, der eine Arbeit schreibt». Stundenlang, jeden Tag, während Monaten. Er las jede Zeile, die er zum WEF und zu dessen Gründer Klaus Schwab finden konnte, war immer mehr fasziniert davon. «Schliesslich baute ich eine Argumentationskette auf, warum die Schwabs unbedingt auch ‹normale› Menschen ans WEF einladen sollten. Milizpolitiker und Leute, die etwas für ihre Gemeinde tun.» Dieser soziale Grundgedanke sei nämlich auch dem Ehepaar Schwab wichtig.
Also schrieb Ammann den WEF-Organisatoren einen Brief – und traf damit offenbar einen Nerv. «Irgendwann hat mich Michèle Mischler, Kommunikationsbeauftragte des WEF, angerufen – und uns eingeladen.» Damit war Ammanns Recherchearbeit aber nicht getan: «Der Besuch sollte für meine Amtskollegen bezahlbar sein, und die Hotels waren wegen des WEF natürlich alle sehr teuer.» Schliesslich habe er erfahren, dass die Gemeinde Rekingen ein Ferienhaus in Davos besitze. Das war allerdings bereits von der Schule Merenschwand für ein Skilager gebucht.
Flugs rief Ammann in Merenschwand an und überredete die Lagerleitung, dass er und seine Kollegen trotzdem eine Nacht dort schlafen konnten. Für die Mahlzeiten organisierte er einige der extrem begehrten Plätze in den Davoser Restaurants – nicht etwa zu WEF-Preisen, Ammann handelte mit den Wirten «Rechnungen für Allgemeinsterbliche» aus.
Am Freitagabend reiste die Zurzibieter Delegation nach Davos – «zwei Gemeinderäte, die Fiko sowie Grossrat Erwin Baumgartner und Peter Andres, der im Zurzibiet an allen Fronten kämpft», so Ammann. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er sage und schreibe 156 Stunden in die Vorbereitungen investiert – fast vier Arbeitswochen! «Ein Geschenk an meine Kollegen. Heute hat man ja sonst alles. Zeit ist das Wertvollste, das wir geben können.»
In Davos erwartete die Zurzibieter eine Rundumbetreuung – «Vor allem die Kommunikationsbeauftragte, Michèle Mischler, hat sich rührend um uns gekümmert. Nie hätte ich mir das träumen lassen», erzählt Ammann, immer noch berührt von den Erlebnissen. «Wissen Sie, man trägt diesen ‹Badge› und ist damit mittendrin, Teil von etwas ganz Grossem. Wir konnten Gespräche auf Augenhöhe mit Leuten führen, die man sonst nur aus dem Fernsehen kennt – Armeechef Blattmann, Philipp Hildebrand, Stephan Klapproth.» Einmal habe er sich zufällig neben einem buddhistischen Mönch wiedergefunden. «Wir haben Tee getrunken und uns zwanzig Minuten über seine Religion unterhalten. Ich weiss bis heute nicht, wer er war.»
Zum Mittagessen wurden die Zurzibieter von der mexikanischen Aussenministerin eingeladen. Ein Höhepunkt sei aber das Treffen mit dem Ehepaar Schwab in dessen Privatresidenz gewesen – wohl auch, weil alle sagten, das sei «schwierig». «Es sind wunderbare Menschen», schwärmt Ammann. Fotografieren sei eigentlich verboten gewesen, «aber schliesslich habe ich allen Mut zusammengenommen und Hilde Schwab gebeten, ein Bild von ihr und ihrem Mann machen zu dürfen». Er betont: «Das WEF wird in den Medien dargestellt als eine Party, eine Reihe von Exzessen. Wir haben es anders erlebt: Hier kommen Menschen zusammen, die hart arbeiten, um etwas zu verändern – um die Welt etwas besser zu machen.»
Auch Peter Andres spricht von einem «einmaligen Erlebnis»: «Ich weiss zwar jetzt nicht, wie man die Währungskrise löst, aber ich habe eine Erkenntnis mitgenommen: Die grossen Weltprobleme sind ähnlich wie unsere kleinen. Um sie zu lösen, braucht es Vertrauen, Fantasie, Innovation und Beharrlichkeit.»
Urs Ammann, der mit seiner Beharrlichkeit das Unmögliche möglich macht, hat bereits weitere Pläne: «Wir haben das Ehepaar Schwab und Michèle Mischler nach Bad Zurzach eingeladen, um ihnen etwas von der Gastfreundlichkeit zurückgeben zu können, die wir erfahren haben.» Und vielleicht könne der Flecken auch ein wenig von dieser neuen Verbindung mit den Grossen der Welt profitieren: «Wir sind ja nur 30 Minuten vom Flughafen entfernt», sinniert Ammann.