Karl Lienhard bringt in einem Konvoi Hilfsgüter aus der Schweiz in die Ukraine. Im Interview spricht der Fernmeldespezialist von Reisestrapazen, Dankbarkeit und Ehrerbietung.
Ende April bringt der Wohler Verein «Help Point Sumy» in einem Konvoi Hilfsgüter wie Spitalbetten, Verbandmaterial, oder medizinische Geräte aus der Schweiz in die nordukrainische Region Sumy. Auch die Zivilschutzorganisation ZSO Zurzibiet hat schon ausrangiertes Material für die Organisation gespendet.
Dieses Mal besteht der Konvoi aus einem Auto für die Stadtpolizei Sumy und drei Lastwagen mit Hilfsgütern. In einem von ihnen sitzt Karl «Charly» Lienhard (59) aus Bad Zurzach.
Eigentlich ist er Fernmeldespezialist, hat aber auch schon als Lastwagenchauffeur gearbeitet. Im Konvoi fährt er einen LKW, der dem Verein von einer Lenzburger Firma zur Verfügung gestellt wird.
Karl Lienhard: Nein, Angst ist ein schlechter Begleiter. Ich merke allerdings, dass ich nicht mehr ganz so unbekümmert bin wie früher. Damals habe ich mich eher wie ein Tourist gefühlt. Nun beobachte ich die Menschen um mich herum wohl genauer.
Ja, aber nur am Rand.
Stimmt, die Zollabfertigung bedeutet für uns jeweils etwa sieben Stunden Wartezeit. Wir sind jedes Mal wieder froh, diese Hürde erfolgreich hinter uns gebracht zu haben.
Es gehört dazu. Früher hatten wir es jeweils sehr lustig miteinander – schliesslich sieht man die meisten Konvoiteilnehmer nur wenige Male im Jahr. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass unser Lachen bei den Zollbehörden nicht immer so gut ankam.
Die einzelnen Fahrzeuge sind via Sprechfunk verbunden. Ich wechsle mich mit meinem Beifahrer ab, jeder sitzt etwa acht Stunden am Steuer. Wir halten uns an die jeweiligen gesetzlichen Vorgaben, obwohl wir es als Hilfskonvoi eigentlich nicht müssten.
Es geht. Wir Konvoifahrer verstehen uns sehr gut, es kommt so etwas wie Ferienstimmung auf – ganz anders, als wenn man beruflich unterwegs ist.
Im Vergleich zu früher sind sie auf dem grössten Teil der Strecke viel besser geworden und heute mit unseren Strassen vergleichbar. Erst in den letzten etwa fünf Fahrstunden werden sie schlecht, die Fahrbahn löcherig.
Immerhin haben wir Lastwagenfahrer den Vorteil, dass die Räder grösser sind als beim Auto und wir dank der erhöhten Führerkabine besser abschätzen können, wie tief die Löcher sind. Trotzdem holpert es ganz schön stark.
Ganz besonders schön sind die Gesichter der Leute in Sumy, wenn wir mit den Hilfsgütern ankommen. Manchmal ist es schon belastend, die Armut der Menschen in der Region zu sehen. Wir können nicht in jeder Situation helfen. Dennoch tut es gut zu sehen, was wir alles bewirken können.
Die Leute in Sumy sind extrem dankbar. Sie holen uns zum Teil zu viert in einem Auto an der ukrainischen Grenze ab und fahren 1200 Kilometer mit uns mit, obwohl das nicht nötig wäre – sie tun es aus Dankbarkeit und Ehrerbietung.
Das Wissen, mit dieser Aktion etwas Gutes bewirken zu können, ist unheimlich erfüllend. Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen bedanken, die sich an dieser guten Sache beteiligen!