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Grossaufmarsch zum 775. Geburtstag. An der originellen Grenztour am Samstag nahmen rund 300 Personen teil. Bei der Städtlibesichtigung verzeichneten die Organisatoren dann rund 500 Besucher.
Trotz hohem Alter der 14. und untersten Stadt an der Aare feiern die Klingnauer gerne Jubiläuen. Nach 750 Jahren jetzt schon den 775. Geburtstag. Fazit vorneweg: Der riesige Aufwand eines OK unter Gemeinderätin Elvira Mrose hat sich mehr als gelohnt: Zur 14 Kilometer langen Grenztour kamen 300 Wanderer und damit fast 10 Prozent der 3300 Einwohner. Bei der Städtlibesichtigung wurden die Organisatoren von 500 Besucher fast überrannt.
Bei typischem Herbstnebel zogen die Grenztouristen beim Pontonierhaus los, in Gruppen hinaus auf den Staudamm nach Döttingen. Auf die Reise hatte sie Vizeammann Stefan Zurbuchen geschickt, weil Peter Bühlmann aus gesundheitlichen Gründen als Ammann hatte zurücktreten müssen. Als Geburtstagsgeschenk der Nachbarn übergab der Rietheimer Ammann Beat Rudolf drei junge Eichen, denen er einen würdigen Platz im Städtli wünschte. «Klingnau ist die glücklichste Stadt, weil sie die freundlichsten Nachbarn hat», meinte Rudolf spitzbübisch.
Häuser genau auf der Grenze
Kaum richtig warm gelaufen, kamen auch schon die ersten Hindernisse und erforderten Abstriche vom hehren Ziel, genau der Grenzlinie folgen zu wollen. Bald standen Häuser im Weg, bei denen das Wohnzimmer in Döttingen und die Küche in Klingnau liegt – oder umgekehrt. Minimale Umwege nahm man auch im Aufstieg zum Achenberg in Kauf, dort, wo die Grenze mitten im Bachbett verläuft. Sonst aber ging es teils sehr steil bergwärts, auf nassem Gras und Lehm oft rutschig. Immerhin waren bis zur Pause bei der Loretto-Kapelle auf dem Achenberg 300 Höhenmeter zu überwinden.
Höhepunkt auf dem Wasser
Bei kurzen Halten an den frei gelegten Marksteinen erklärten die Gruppenleiter den Grenzverlauf zu Döttingen, Bad Zurzach, Rietheim, Koblenz, Leuggern und Böttstein-Kleindöttingen. Die Hälfte der Tour ging durch Wälder, vielfach im Dickicht ohne Chance auf ein Durchkommen. Hätte da nicht der Organisator und frühere Förster Hans Brönnimann für die nötigen Schneisen gesorgt. Die Böden waren teils glitschig, wer keine Wanderschuhe trug – selber schuld.
Mit Blick Richtung Schwarzwald ging es jetzt in wunderbarer Herbstsonne hinunter zum Kraftwerk und zum Höhepunkt einer unvergesslichen Grenzerfahrung: Per Ponton die Aare hoch, denn die Grenze zu den südlichen Nachbarn befindet sich auf 3,5 Kilometern mitten im alten Flussbett des heutigen Klingnauer Stausees. Die erste Gruppe mit Franz Meier kam nach genau vier Stunden ans Ziel, die übrigen früh genug, um bei Traumwetter den Festbetrieb im Schloss voll geniessen zu können.
Der grosse Brand von 1586
Nachmittags zogen Gruppen durchs geschmückte und für den Verkehr gesperrte Städtchen. Sie erhielten Einblicke in einen Hinterhof, Gewölbekeller oder in einen Bürgerhaus-Dachstock (vom Bohlerhaus), in dem 1491/92 geschlagenes Eichenholz verarbeitet ist. Und sie erfuhren Wissenswertes aus der Stadtgeschichte. Dem grössten Brand von 1586 fielen 43 Häuser zum Opfer.
30 Jahre dauerte der Wiederaufbau. Doch nicht nur Brände haben das Städtchen im Lauf der Zeit das Aussehen des Städtchens verändert. Der obere Turm zwischen Warteck und Schollenhof (ehemaliges «Botschaft»-Gebäude) wurde im 19. Jahrhundert auf Begehren des kantonalen Strasseninspektorats abgerissen.
Im Schlosshof luden zahlreiche Sitzgelegenheiten zum Ausruhen, Verweilen und Plaudern ein. Die Helfer, die für das kulinarische Wohl sorgten, hatten einiges zu tun. In der Fotoausstellung im Rittersaal mit zahlreichen Bildern aus verschiedensten Bereichen wurden Erinnerungen wach oder die Neugier geweckt. Auch hier verging die Zeit fast wie im Fluge.
Höhepunkt der Schlossführung war der Anblick des Original-Tauschvertrags vom 26. Dezember 1239, der als Gründungsurkunde gilt. Wegen ihr stand ein Securitas-Mann Wache. Stadtgründer Ulrich von Klingen hatte den Schotterhügel, auf dem Klingnau liegt, gegen die Beznau-Ländereien getauscht. «Da hat er einen Fehler gemacht», meinte Alex Höchli, einer der Führer, scherzend und in Anspielung auf die Axpo-Steuermillionen, die der Nachbar Döttingen als AKW-Standortgemeinde seit einigen Jahren erhält.