Geschichten zum Thema «Vo Ort zo Ort» waren am Wochenende an 19 Plätzen im Wynen- und Seetal zu hören. Als Gastgemeinde wirkte Leutwil beim Erzähltal mit.
«Hört ihr Leut und lasst euch sagen, unsre Glock hat acht geschlagen.» Mit diesen Worten empfing Tabea Marti mit Umhang und Laterne am Freitagabend im Reinacher Restaurant Schneggen ihre Gäste und führte sie anschliessend die steile Wendeltreppe hoch ins Turmzimmer. So gross war das Interesse, dass einige Leute auf der Holztreppe, die auf einen kleinen Balkon führt, Platz nehmen mussten. Dies tat dem Hörgenuss jedoch keinen Abbruch, erzählte Tabea Marti doch Geschichten, die perfekt zu den Räumlichkeiten im Schneggenturm passten.
«Vo Ort zo Ort» führte heuer das Erzähltal. Die 12 Verbandsgemeinden von aargauSüd impuls luden wiederum zu einem unterhaltsamen Wochenende mit Geschichten und Erzählungen ein. Als Gastgemeinde war heuer Leutwil dabei, wo am Samstag beim Lochacher- Bänkli «Lüpuer Sagen vo Ort zo Ort» von einer «Lüpuer» Frau erzählt wurden. An insgesamt 19 Orten fanden Anlässe statt. Von Natur-Raritäten war beispielsweise beim Gontenschwiler Brünnelichrüz zu hören, in Beinwil am See war Sir Malcom Campells Weltrekord auf dem Hallwilersee das Thema und in Teufenthal las Andreas Friedli im Schlosshof der Trostburg eigene und fremde Texte.
Im Reinacher Schneggenturm liessen sich die Zuhörer in die Zeit des Burgfräuleins Mathilde entführen. Diese Geschichte hatte Tabea Marti extra für das Erzähltal geschrieben. Da neben dem Schneggen früher eine Mühle betrieben wurde, folgte das Märchen von der Wundermühle, die einer armen Bäuerin und ihrem rechtschaffenen Sohn ein gutes Auskommen verschaffte. Den Abschluss bildete eine gruselige Geschichte von einem Waldgasthaus, in welchem ein Jäger nur knapp dem Tod entging.
Während die Geschichten im Reinacher Schneggen in die Vergangenheit entführten, war das Gespräch im Aufenthaltsraum der Oberkulmer Glas Trösch AG ganz im Hier und Jetzt angesiedelt. Unter dem Titel «Arbeitswelt – Wanderwelt?» diskutierten zwei «Wanderarbeiter» mit dem Gesprächsleiter Markus Kirchhofer über ihr Leben. Obwohl sowohl auf Beat Baumann wie auf Max Kaspar der Begriff «Wanderarbeiter» zutrifft, unterscheiden sich die Lebens- und Arbeitsgeschichten der beiden beträchtlich. Während Beat Baumanns Reise von Herzogenbuchsee ins Wynental führte, zog es Max Kaspar immer wieder an verschiedene Arbeitsstellen im Ausland, so lebte er beispielsweise mehrere Jahre in Mexiko. Dass beide «in die Fremde» kamen, erkannten die Zuhörer jedoch schnell. Denn auch Beat Baumann, seit 1980 Betriebsleiter bei der Glas Trösch AG, galt lange als Zugezogener, wie er eindrücklich schilderte. «Meine Kollegen in Herzogenbuchsee glauben immer noch fest, dass ich wieder zurückkommen werde», erzählte er.
Max Kaspar hingegen berichtete: «Das Einleben ging im Ausland schneller als in der Schweiz.» Trotzdem ist er zurückgekommen und geniesst es, dass Trinkwasser aus dem Hahnen fliesst und nicht für jede Dienstleistung extra bezahlt werden muss. Beim anschliessenden Apéro in der Werkhalle der Glas Trösch konnten die Erzähltal-Besucher weiter über verschiedene Wanderungen von Ort zu Ort diskutieren.