Urteil
«Unhold vom Hallwilersee» muss nicht ins Gefängnis – keine Therapie trotz Rückfallgefahr

«Wie geht es dir, mein Schätzeli?»: Nach diesen Worten warf sich der «Unhold vom Hallwilersee» (48) auf eine Frau. Diese konnte flüchten. Nun hat ihn das Bezirksgericht Kulm wegen sexueller Nötigung zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt. Eine Busse muss er wegen Missachtung eines Fahrverbots zahlen.

Ueli Wild
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Am Ufer des Hallwilersees, in Beinwil am See, lauerte der Unhold der jungen Frau auf – die genaue Stelle ist nicht bekannt. (Archivbild)

Am Ufer des Hallwilersees, in Beinwil am See, lauerte der Unhold der jungen Frau auf – die genaue Stelle ist nicht bekannt. (Archivbild)

Michael Küng

Ende April stand in Unterkulm der Töfflifahrer vor Gericht, der vor zwei Jahren am Hallwilersee eine junge Frau nach der Anrede «Wie geht es dir, mein Schätzeli?» unter Einsatz seiner ganzen Masse rücklings ins Gras gedrückt hatte. Die 26-Jährige konnte sich befreien und flüchten, nachdem sie den damals 46-jährigen Schweizer am Auge verletzt hatte.

Nun liegt das Urteil des Bezirksgerichts Kulm respektive von Gerichtspräsidentin Yvonne Thöni Fäs vor. Der Mann ist schuldig der sexuellen Nötigung und einer Verkehrsregelverletzung (er hatte ein Fahrverbot missachtet). Wegen der sexuellen Nötigung wurde er verurteilt zu einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 30 Franken, dies bei einer Probezeit von zwei Jahren. Die Missachtung des Fahrverbots trägt ihm eine Busse von 100 Franken ein. Die Staatsanwaltschaft hatte eine unbedingte Freiheitsstrafe von 180 Tagen gefordert. Überdies hat die Einzelrichterin Bewährungshilfe angeordnet.

Sie hat zudem die Weisung erlassen, dass der Mann, dem kognitive Defizite attestiert werden, in einer Wohnsituation verbleiben muss, wo er betreut wird. Zum Tatzeitpunkt wohnte er allein und bewegte sich am Rande der Verwahrlosung. Aktuell lebt er in einer Institution der Heilsarmee. Künftig muss er gegenüber der Oberstaatsanwalt halbjährlich nachweisen, dass eine weisungskonforme Wohnsituation gegeben ist. Dem Opfer muss er 1500 Franken Genugtuung bezahlen, darüber hinaus die Anwaltskosten der Frau. Zu seinen Lasten gehen auch die Verfahrenskosten. Die Kosten für seinen Anwalt muss er dem Staat zurückbezahlen, wenn seine wirtschaftlichen Verhältnisse es erlauben. Der Mann ist nicht erwerbstätig.

Vollendete sexuelle Nötigung

Im Gegensatz zur Anklage, die nur auf versuchte sexuelle Nötigung lautete, beurteilte das Gericht die Tat als vollendeten sexuellen Übergriff. Eine andere als eine sexuelle Motivation für sein Vorgehen gebe es nicht. Zur Anwendung gelangte noch der alte, mildere Artikel 41 des Strafgesetzbuches, der eine klare Priorisierung der Geldstrafe beinhaltet. Die letzten Änderungen im Bereich der Freiheitsstrafe haben die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe wieder erleichtert.

Aus Opfersicht, befand das Gericht, sei der Vorfall zwar gravierend, die Intensität des Übergriffs sei jedoch nicht über die unterste Stufe hinausgegangen. So habe der Täter beispielsweise nicht versucht, die Frau zu küssen. Wegen der ihm zugebilligten verminderten Schuldfähigkeit reduzierte das Gericht die an sich als angezeigt erachtete Geldstrafe von 180 Tagessätzen um einen Drittel. Einen über acht Jahre zurückliegenden ähnlichen Vorfall stufte es als nicht gravierend ein.

Auf die Anordnung einer Massnahme, wie sie die Staatsanwaltschaft gefordert hatte, wird verzichtet. Der durch ein psychiatrisches Gutachten bestätigten Rückfallgefahr, glaubt das Gericht, könne entgegengewirkt werden, indem der nun 48-Jährige betreut wohnen müsse. Das diese Woche zugestellte Urteil ist noch nicht rechtskräftig.