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Aargau
Wyna/Suhre
Seit einem Jahr ist der Reitstall Feldmatte wieder voll belegt. Doch das Reiten steht nicht alleine im Vordergrund. Pferde wirken bei psychischen Problemen, sagt die neue «Feldmatte»-Reitlehrerin und zugleich diplomierte Psychiatrieschwester.
Wer in Unterkulm der Wyna entlang spaziert, sieht sofort: Der Reitstall Feldmatte ist wieder voll belegt, seit vor einem Jahr Edi Hofmann sowie Eli und Laura Hunziker eingezogen sind. Pferde stehen auf der Weide und geniessen die warme Herbstsonne.
Diejenigen Pferde, die gerade nicht draussen sind, strecken neugierig die Köpfe heraus und lassen sich gerne streicheln. Es riecht nach Heu und Pferd und ausser einem gelegentlichen Schnauben ist es an diesem sonnigen Herbstmorgen ziemlich ruhig im Stall.
Meist herrscht hier aber geschäftiges Treiben: In der Reithalle, die direkt vom Stallgang aus erreichbar ist, werden die Pferde geritten, auf der Wiese stehen Hindernisse für das Springtraining. Zusätzliche Bewegung erhalten die Tiere auf einem Laufband oder im Karussell. «Daran gewöhnen sich die Pferde sehr schnell», erzählt Edi Hofmann.
Die Familie Hunziker-Hofmann wohnte vorher in Rickenbach und betrieb dort einen Reitstall mit 15 Boxen, viel Land und einem Reitplatz. «Es hat uns sehr gut gefallen dort, die Nachbarn waren toll, aber die Gemeinde machte immer mehr Auflagen», erzählt Eli Hunziker. «Da standen wir vor der Wahl, den Pferdesport nur noch als Hobby zu betreiben oder etwas Grösseres zu suchen.»
Fündig geworden sind sie im Industriegebiet Feldmatte, das optisch zu Teufenthal gehört, jedoch auf Unterkulmer Boden liegt. Die Anlage, zu welcher auch eine Reithalle gehört, haben sie ausgebaut, sie verfügt nun über 22 Boxen. Neben den sieben Pensionspferden, die von ihren Besitzern geritten werden, stehen eigene Concours-, Reitschul- und Handelspferde im Stall.
«Pferde sind eine Sucht», sagt Edi Hofmann. So erstaunt es nicht, dass Tochter Laura auf einem Pferderücken sass, bevor sie laufen konnte. Zurzeit steht die 19-Jährige im letzten Lehrjahr ihrer Ausbildung zur Fachangestellten Gesundheit. «Gerne würde ich nach dem Lehrabschluss ein paar Monate in einem grossen Reitstall arbeiten und reiten», verrät sie.
Anschliessend möchte sie in einem Teilpensum in ihrem erlernten Beruf arbeiten und sich daneben im heimischen Stall engagieren. Lauras Leidenschaft ist das Springreiten. «Es fasziniert mich, wenn ich mit dem Pferd zusammen etwas erreichen kann, wenn etwas zuerst vielleicht noch nicht klappt, es aber dann immer besser wird», erzählt die junge Reiterin.
Wenn Laura an einem Concours teilnimmt, kann es vorkommen, dass sie einen Parcours absolviert, der von Edi Hofmann aufgebaut wurde. Der 54-jährige Sanitär-Spengler kam vor über 30 Jahren durch ein Gegengeschäft zu seinem ersten Pferd. Als der ehemalige Motocrossfahrer auf ein PS umstieg, musste er sich viele Sprüche anhören. Doch Hofmann räumt mit einem alten Vorurteil auf und betont: «Gefühl braucht es nicht nur für Pferde, sondern auch auf dem Töff.» Inzwischen ist er während der Saison beinahe jedes Wochenende als Parcoursbauer an einer Springkonkurrenz engagiert.
Die Reitschule ist die Domäne der 43-jährigen Eli Hunziker. Rund 45 Personen, von der Fünfjährigen bis zum Pensionierten, lernen bei ihr reiten. Das flitzige schwarze Pony «Marylou» ist bei den Kindern sehr beliebt, der grosse Fuchs «Lys» wird vor allem von ängstlichen Anfängerinnen oder Wiedereinsteigern sehr geschätzt. «Ich unterrichte nur einzeln oder in kleinen Gruppen, damit alle selbst auf das Pferd einwirken müssen», erklärt die Reitlehrerin.
Die diplomierte Psychiatrieschwester ist auch ausgebildete Reittherapeutin und begleitet Menschen, die in einer schwierigen Lebenssituation stecken, mit ihren Pferden. «Depressive Menschen beispielsweise bekommen durch die Reittherapie Strukturen und wieder mehr Freude am Leben. Magersüchtigen verhelfen die Pferde zu einem besseren Körpergefühl und Kinder, die unter Mobbing leiden, werden selbstbewusster, wenn sie ein grosses Tier führen können», erklärt Hunziker.
Die Wirkung der Tiere beschreibt sie so: «Pferde haben keine Vorurteile und reagieren sensibel auf Stimmungsschwankungen.» Ob die Klienten reiten oder man gemeinsam spazieren geht, kommt auf die Situation an. «Wichtig ist», sagt die Reittherapeutin, «dass man dem Pferd die Möglichkeit gibt, auf die Menschen einzuwirken.»