Reinach/Gontenschwil
Nachwuchs vermutet: Ist Herr Biber nicht mehr alleine?

Im renaturierten «Moos» leben die Nager seit 2011, jetzt gibt es Hinweise auf Nachwuchs. Doch die Tiere erfreuen nicht jeden: ein Landwirt aus Reinach hatte ein überflutetes Maisfeld wegen der Biber.

Rahel Plüss
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Der Biber frisst gerne Blätter, Knospen und Rinde von Weichhölzern. Wenn es sich anbietet, bedient er sich aber gerne auch in Mais- oder Zuckerrübenfeldern.

Der Biber frisst gerne Blätter, Knospen und Rinde von Weichhölzern. Wenn es sich anbietet, bedient er sich aber gerne auch in Mais- oder Zuckerrübenfeldern.

Christian Musat - Fotolia

Der Biber ist ein guter Baumeister. Er gestaltet sich seinen Lebensraum durch Graben und Stauen so, wie er ihn braucht – sofern man ihn lässt. Eins ist der Biber aber mit Bestimmtheit nicht: ein Meisterdieb. Zu offensichtlich sind die Spuren, die er auf seiner nächtlichen Diebestour hinterlässt.

Solche häufen sich seit geraumer Zeit im Reinacher «Moos». Es sind nicht unbedingt die Lücken im Zuckerrübenfeld oder die abgeknickten Maisstängel, die den grossen Nager als Täter entlarven.

Vielmehr sind es seine Transportwege, die charakteristischen Schleifspuren in der Vegetation. Der Biber schleppt seine Kelle, wie sein Schwanz im Fachjargon heisst, derart über den Boden, dass es aussieht, als hätte jemand die kleine Schneise im Gras sorgfältig geplättet.

Hin und wieder lässt er einen Maisstängel liegen, in Ufernähe mehren sich die gestohlenen Halme. Dort endet die Spur abrupt. Von da erreicht der Biber seinen Bau schwimmend, sofern der Wasserstand das zulässt.

Eigentlich frisst der Biber gerne Blätter, Knospen und Rinde von Weichhölzern wie Weiden, Erlen oder Pappeln. Doch die Beschaffung dieser Nahrung ist in aller Regel mit Arbeit verbunden, die sich der Nager gerne für den Winter aufspart, solange es leichter zugänglichere Futterquellen gibt. Und die gibt es den Sommer über entlang der Wyna zuhauf. Die landwirtschaftlichen Kulturen sind nur wenige Meter vom Gewässer entfernt.

Jungtier wurde gesichtet

Der Biber ist aktiv. Das ist nicht zu übersehen. Manch ein Bauer schützt seine Kulturen inzwischen mit einem Elektrozaun. Ein mit Absperrband notdürftig gesichertes Loch am Wegrand zeugt von der unterirdischen Grabtätigkeit des Nagers.

Es gibt Zeichen, dass aus dem Einzeltier oder dem Biberpaar, das seit 2011 im renaturierten Gebiet zwischen Reinach und Zetzwil vermutet wird, nun eine Familie geworden ist. Mitarbeitende des Forstbetriebs aargauSüd hatten bei Arbeiten entlang der Wyna mitten in Menziken einen erwachsenen Biber zusammen mit einem Jungtier beobachten können.

Diese Nachricht freut den Experten Andres Beck. «Bei den Bestandesaufnahmen im vergangenen Winter hat es noch nicht danach ausgesehen», sagt der kantonale Biberbeauftragte.

Er habe aber aufgrund der Nagespuren bereits auf die Anwesenheit eines Paars getippt. Beck hat jedoch ernsthafte Zweifel, ob sich eine Familie längerfristig in der Region halten kann: «Der Ufergehölzstreifen der Wyna ist wahrscheinlich zu schmal, um eine Biberfamilie auf Dauer zu ernähren.» Neben der fehlenden Nahrungsgrundlage sei hier auch die Nähe zu den Verkehrswegen und den Landwirtschaftsflächen ein Problem, die Konflikte seien vorprogrammiert.

Einer, der schon Erfahrungen mit dem Biber gemacht hat, ist der Reinacher Landwirt Georg Gautschi. Sein Maisfeld wurde dieses Frühjahr wegen eines nicht mehr benutzten Bibergangs überflutet.

Der Gang stürzte ein; das Hochwasser schoss «wie aus einer Fontäne aufs Feld», so Gautschi. Er musste noch ein zweites Mal ansäen; Kostenpunkt: 6000 Franken. «Wenn der Biber nur Mais klaut, sage ich nichts – das ist nicht existenzbedrohend», sagt Gautschi. Aber einbrechende Röhren seien gefährlich. «Man muss schauen, dass sich die Population in Grenzen hält.»

Die Gefahr einer «Biberschwemme» besteht gemäss Beck nicht: «Biber sind sehr territorial und verteidigen ihre Reviere gegen Artgenossen.» Eine weitere Familie würde sich schon deswegen nicht ansiedeln können. Sind die Jungtiere drei Jahre alt, müssen sie die Familie verlassen und sich ein eigenes Territorium suchen. An der Wyna gebe es aber zu wenig Raum, um sich dauerhaft auszubreiten.