Leimbach
«Wir wehren uns nicht gegen Flüchtlinge» – Leimbach hat bald sieben Mal so viele Geflüchtete wie gefordert

An der letzten Gemeindeversammlung erfuhr die Leimbacher Stimmbevölkerung, dass ihr der Kanton eine Asylunterkunft ins Dorf stellt. Frau Gemeindeammann Hannelore Zingg-Hoffmann erklärt, was die Gemeinde davon hält.

Florian Wicki
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Das Gemeindehaus von Leimbach steht gleich gegenüber der geplanten Asylunterkunft.

Das Gemeindehaus von Leimbach steht gleich gegenüber der geplanten Asylunterkunft.

Britta Gut
(25.06.2020)

Für die beschauliche Gemeinde Leimbach (497 Einwohnerinnen und Einwohner, Steuerfuss 122 Prozent) war es eine gewichtige Ankündigung, oder wie es Frau Gemeindeammann Hannelore Zingg-Hoffmann an der Gmeind nannte, «ein Hammer zum Schluss»: Der Kanton Aargau beabsichtigt, im Dorf 25 geflüchtete Personen unterzubringen.

Drei Wochen Vorlaufzeit bekam der Leimbacher Gemeinderat, bevor er an der Gemeindeversammlung vom vergangenen Freitag trat und darüber informierte, dass im Juni bereits die ersten Asylsuchenden einziehen werden. In vier Wohnungen in der ehemaligen Bäckerei an der Hauptstrasse, gleich neben dem Schulhausplatz und dem Gemeindehaus. Bereits heute wohnen zwei Asylsuchende in Leimbach.

27 Asylsuchende auf knapp 500 Leimbacherinnen und Leimbacher

Frau Gemeindeammann Zingg-Hoffmann ist es wichtig, festzuhalten: «Wir wehren uns nicht gegen Flüchtlinge.» Gerade solche aus der Ukraine sei man sicher bereit aufzunehmen, die Gemeinde habe zu diesem Zweck extra eine Wohnung eingerichtet und im Dorf Möbel und Einrichtungsgegenstände gesammelt. Die Wohnung stehe derzeit aber leer, so Zingg-Hoffmann: «Wir haben die Wohnung dem Kanton schon vor längerer Zeit angeboten, haben aber bis heute noch keine Rückmeldung erhalten.»

Sie stört sich denn auch eher an der Art und Weise, wie der Kanton auf die Gemeinde zugetreten ist, so Zingg-Hoffmann:

«Uns wurde beim ersten Gespräch mitgeteilt, dass der Mietvertrag bereits unterschrieben ist, wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt.»

Und auch die Anzahl hält Zingg-Hoffmann für übertrieben, vor allem im Verhältnis zur Bevölkerung der Gemeinde: «Bei uns wohnen heute knapp 500 Personen, auf diese Grösse sind insgesamt 27 Flüchtlinge schon viel.» Sie will in den kommenden Tagen verschiedene andere Gemeindeammänner treffen und die Zahlen abgleichen: «Prozentual wird Leimbach im Vergleich sicher weit oben stehen.»

Quote liegt bei vier Personen

Und tatsächlich, vergleicht man die Anzahl Asylsuchender mit der Schweizerischen Bevölkerung in Leimbach – für die Aufnahmequote zählt nur diese –, sind 27 Asylsuchende nicht wenig. 2012 hätte Leimbach, damals wohnten 400 Schweizerinnen und Schweizer im Dorf, aufgrund seiner Grösse basierend auf dem damaligen kantonalen Verteilschlüssel gerade eine asylsuchende Person aufnehmen müssen. In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner mit Schweizer Pass nicht gross angestiegen, heute sind es deren 433, die Quote läge bei vier Personen.

Auch im Dorf selber hat das Vorgehen des Kantons eine gewisse Verunsicherung ausgelöst, so Zingg-Hoffmann: «Nach der Gemeindeversammlung gab es schon einige Fragen aus der Bevölkerung.» Viel Klarheit konnte jedoch auch der Gemeinderat selber nicht schaffen, ihm blieb aufgrund der Informationslage nichts anderes übrig, als auf den Informationsanlass vom 22. Juni zu verweisen. Schon an der Gmeind sagte Zingg-Hoffmann dazu: «Dann kommen drei Personen vom Kanton und stellen sich euren Fragen.»

Schule an den Grenzen ihrer Kapazität

Sie selber verlangt vom Kanton nun, dass er den Gemeinderat bei jedem Planungsschritt auf dem Laufenden hält. Weiter sollen die kantonalen Behörden auch Rücksicht auf die Platzverhältnisse nehmen, die derzeit in der Leimbacher Schule herrschen. Zingg-Hoffmann:

«Gerade ukrainische Flüchtlinge kommen derzeit häufig mit schulpflichtigen Kindern in die Schweiz. In unserem Schulhaus können auf Primarschulebene gerade noch drei Schulkinder einen Platz finden, dies stellt sicherlich eine Herausforderung dar und bei uns im Dorf wird derzeit viel gebaut.»

Sie macht sich folglich Sorgen, dass die Schule eher früher als später an ihre Kapazitätsgrenzen stossen könnte.

Nichtsdestotrotz versucht der Gemeinderat nun, das Beste aus der Situation zu machen: «Wenn sich der Kanton bei einer Gemeinde meldet, ist der Mist eigentlich ja schon geführt», so Zingg. Natürlich sei die Situation unschön, aber man hoffe trotzdem, dass die kommenden Diskussionen auch weiterhin mit der nötigen Sachlichkeit und mit Anstand geführt werden können. So, wie man es sich aus Leimbach bisher auch gewohnt ist.