Gontenschwil
Herbert Bolliger gibt nach 35 Jahren das Pilzkontrolleuren-Amt ab – wieso er einst einem Kunden hinterherfahren musste

Wer in Gontenschwil wissen will, ob ein Pilz giftig ist, geht zu ihm. Seine Devise: Vorsicht ist besser als Nachsicht.

Natasha Hähni
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35 Jahre lang war Herbert Bolliger Pilzkontrolleur. Ende Jahr gibt er das Amt ab.

35 Jahre lang war Herbert Bolliger Pilzkontrolleur. Ende Jahr gibt er das Amt ab.

Natasha Hähni

Die Prüfung zum Pilzkontrolleur haben er und seine Frau Irene zweimal geschrieben – und bestanden. «Wir wollten uns richtig sicher fühlen», erzählt Herbert Bolliger. Schliesslich könne es bei der Einschätzung von wilden Pilzen schnell mal um Leben und Tod gehen.

Seit er die Prüfung bestanden und die Stelle als Pilzkontrolleur zusammen mit seiner Ehefrau angetreten hat, sind mittlerweile 35 Jahre vergangen. Weil die Arbeit nebst einem Hobby auch ein Dienst an der Bevölkerung war, blieb er auch im Amt, als seine Frau krankheitsbedingt aufhören musste. Nach diesem Jahr soll aber Schluss sein. In einer Medienmitteilung gibt die Gemeinde Gontenschwil die Demission des langjährigen Pilzkontrolleurs bekannt.

Angefangen hat seine Amtszeit dank eines Buches, das ihm seine Söhne schenkten. «Es hiess ‹700 Pilze› und bewog mich dazu, die Ausbildung zum Kontrolleur zu machen», so Bolliger. Gelernt hat er eigentlich Bauplaner. Später machte er sich mit seinem Architekturbüro selbstständig und arbeitete gleichzeitig als freier Mitarbeiter bei einer Gebäudeversicherung als Schadensexperte. «Wegen meines Wissens über Pilze wurde ich zum Experten für Pilzschäden in Gebäuden», so Bolliger.

Sein Wissen sei eine Ansammlung von jahrelanger Erfahrung. «Die Leute meinen oft, wir Pilzkontrolleure wären allwissend, wenn es um Pilze geht», so Bolliger. Das sei aber nicht der Fall. Man dürfe sich deshalb bei der Arbeit nicht überschätzen. «Im Zweifelsfall gebe ich den Leuten den Pilz nicht zum Konsum frei», sagt er. So sei er bereits einmal einem Kunden nachgefahren, weil er vergessen hatte, ihn nach dem Fundort eines Pilzes zu fragen. «Der Safranschirmling ist in Gärten und am Waldrand zu finden.» Letztere seien essbar, die anderen würden zu Erbrechen und Durchfall führen. «Seiner war aus dem Garten.»

Mit diesem Buch fing die Pilzler-Karriere für Bolliger an.

Mit diesem Buch fing die Pilzler-Karriere für Bolliger an.

Natasha Hähni

Ein anderes Mal erkannte Bolliger, dass eine Dame, die zur Pilzkontrolle kam, stark schwitzte und verstört wirkte. «Sie hatte einen halben Satansröhrling gegessen – roh.» Dieser gilt zwar nicht als tödlich, führt aber Bolliger zufolge zu bis zu 36-stündigem Erbrechen und Durchfall. «Die Person ist dann so dehydriert, dass sie einen Kreislaufzusammenbruch erleiden und sterben kann», so der 75-Jährige. Er habe die Frau aber früh genug warnen können. «Ihr Mann fuhr sie gleich ins Krankenhaus.»

Dass Menschen Pilze konsumieren, die giftig sind, komme immer wieder vor. «Vielfach wird auch übersehen, dass fast alle Pilze roh giftig sind», führt Bolliger aus.

Ende Jahr geht die Verantwortung der Pilzkontrolle an seine Nachfolger, das Ehepaar Daniela Marzohl und Harald Sigel aus Reinach. Dann wird sich Bolliger wieder mehr Zeit nehmen, um selber Pilze zu sammeln. «Ich habe ein brandneues Knie, jetzt kann ich wieder im Wald herumspringen», sagt Bolliger lachend.