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Aargau
Wyna/Suhre
Die Podiumsdiskussion in Reinach war ein Aargauer Gesundheitsgipfel. Im Zentrum stand dabei die Frage: Wie lassen sich die Pflegekosten in den Griff bekommen?
Steigende Pflegekosten sind aufgrund der demografischen Entwicklung unserer Gesellschaft vorprogrammiert. Dabei ist es erfreulich, dass wir heute immer älter werden. Und der steigende Anteil der über 70- bzw. 80-Jährigen hat auch noch positive Auswirkungen auf die Pflegekosten. Weil gleichzeitig der Wunsch besteht, möglichst lange sein Leben eigenständig zu bestreiten, werden Pflege-Institutionen erst aufgesucht, wenn es nicht mehr anders geht. Der Vorstand der Gemeindeammänner-Vereinigung des Kantons Aargau (GAV) lud Vertreter der Aargauer Gemeinden zu einem Politforum nach Reinach ein.
Die Runde war prominent besetzt: az-Journalist Mathias Küng begrüsste als Moderator neben dem Generalsekretär im Department Gesundheit und Soziales (DGS), Stephan Campi, auch die Fachfrau für Altersfragen Simone Gatti, den Leiter des Pflegeheims Sonnmatt in Neuenhof, Thomas Zeller, und den Vizepräsidenten des Spitalverbandes VAKA, Thomas Peterhans. GAV-Präsidentin Renate Gautschy sass als Vertreterin der Aargauer Gemeinden im Sessel und Hans-Kaspar Scherrer vom Energieversorger IBAarau sollte dem Podium mit seiner Aussenansicht Impulse verleihen.
Bevor die Gäste die Entwicklung der Pflegekosten und die Steuerungsmöglichkeiten diskutierten, strich Thomas Peterhans in seinem Einstiegsreferat einen positiven Aspekt der Entwicklung heraus. Die Menschen würden zwar immer älter, dafür könnten sie aber auch länger ohne körperliche Behinderungen zu Hause leben. Simone Gatti prangerte in ihrem Referat ein grundsätzliches Problem an: Etwa 30 Prozent der Pflegeheim-Bewohner müssten überhaupt nicht in einem Altersheim leben, sondern könnten noch in einem betreuten Wohnheim wohnen.
DGS-Generalsekretär Campi nahm diesen Aspekt während der Podiumsdiskussion auf und sagte, dass es Minimalstandards geben müsse. «Es darf keine Heimplätze in einer heruntergekommenen Garage geben», sagte er.
Auch Gatti möchte nicht in einer Garage gepflegt werden, erwiderte aber, dass man vielleicht seine Ansprüche senken müsste. Peterhans findet, dass man grundsätzlich mehr Zweibett- statt Einbettzimmer belegen sollte. Er stellt infrage, ob Demenzpatienten wirklich ein Einbettzimmer brauchen. Wenn man dement sei, spiele es der betroffenen Person sowieso keine Rolle mehr. Gautschy pflichtete Peterhans bei, glaubt aber nicht daran, dass die Angehörigen «da mitmachen würden». Am Ende seien sie es, die entscheiden und so die Kosten auslösen.
Das nächste Thema waren die leerstehenden Betten in den Aargauer Pflegeheimen. Weil die Heime teurer und unter anderem die Alternative, die Spitex, immer professioneller und leistungsfähiger wird, bleiben die Betten in den Pflegeheimen kalt. Rund 300 seien es an der Zahl, sagt Peterhans. «Man merkt schon lange, dass es im Aargau nicht so viele Betten braucht.» Campi, der Vertreter des Departements von Regierungsrätin Franziska Roth, gab zu, dass der Kanton Aargau von zu hohen Zahlen ausging. Eine Korrektur sei allerdings schwierig, weil die überschüssigen Betten den Pflegeheimen gehören. Zeller warf kritisch ein, dass man beim DGS doch aufhören sollte zu planen, dann wäre es überhaupt nicht zu diesem Überschuss gekommen.
Der Vorschlag von Scherrer, mehr Zivildienstleistende in das Assistenzpersonal zu integrieren, um die Kosten zu senken, wurde von Zeller abgetan. Es habe schon genug günstiges Personal. Es brauche Verstärkung bei den Fachkräften, aber diesen Mangel können auch die «Zivis» nicht ausfüllen. Ein Vorschlag von Peterhans erhielt mehr Kopfnicken. Er schlug vor, dass die Krankenkassen bei den steigenden Pflegekosten stärker partizipieren sollen, um die Gemeinden zu entlasten. Campi signalisierte ein Entgegenkommen und bezeichnete die Idee als «gut». Gatti kam zum Schluss, dass man so nur die Kosten herumschieben würde. Die Krankenkassen würden dann einfach die Prämien aufschlagen und die Versicherungsnehmer würden in die Röhre schauen.