Flugzeug-Unglück
«Eigenbau-Flugzeuge sind besser als Standard-Flugzeuge»

Der zwischen Kölliken und Muhen verunglückte Pilot flog ein selbstgebautes Flugzeug. Sind diese gefährlich? Nein findet der Leiter der Geschäftsstelle der Experimental Aviation of Switzerland, Alfon Hubmann, sie seien sogar sicherer als normale.

Bastian Heiniger
Drucken

Der 70-jährige Pilot des zwischen Kölliken und Muhen abgestürzten Kleinflugzeuges ist in der Nacht auf Montag an seinen Verletzungen gestorben. Beim Kleinflugzeug handelte es sich um einen Bausatz der Firma Glasair.

Bereits im August kam es zu einem Unglück mit einem Flugzeug der Marke Eigenbau: Ein Pilot und seine Frau starben beim Absturz in einem Wald im Kanton Appenzell-Ausserrhoden. In der Schweiz sind 135 selbstgebaute Flugzeuge registriert, die auch geflogen werden. Sind diese Flugzeuge gefährlich?

Urs Holderegger, Mediensprecher beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL), sagt: «Oft liegt es nicht an der Technik, sondern an einem Pilotenfehler.» Zwar deute beim Unglück am Sonntag einiges auf ein technisches Problem hin. Augenzeugen sahen, dass bereits in der Luft der Motor brannte.

Doch sei es noch zu früh, um einschätzen zu können, warum das Flugzeug abgestürzt ist. «Bei einem ausgebrannten Wrack kann die Untersuchung Monate andauern.» Andere Abstürze dieses Flugzeugtyps sind Holderegger nicht bekannt.

Kleinflugzeug stürzt bei Kölliken auf Auto - zwei Schwerverletzte
18 Bilder
Vor dem Absturz kollidierte das Kleinflugzeug mit diesem Personenwagen, der auf dem Dach landete.
Zahlreiche Rettungskräfte waren wenig später auf der Unfallstelle.
Augenzeugen beobachteten eine Rauchsäule.
Der 70-jährige Pilot erlag im Spital seinen Verletzungen.
Der Pilot war in Grenchen SO gestartet, bekam Probleme und wollte notlanden.
Doch sein Kleinflugzeug verlor an Höhe und touchierte die Leitplanken auf der Strasse.
Dabei erfasste das Flugzeug das Auto.
Die Feuerwehr löschte das brennende Flugzeug.
Das Flugzeug stürzte auf eine Wiese in der Aargauer Gemeinde Muhen ab. Die Kollision mit dem Auto geschah auf dem Boden von Kölliken, danach stürzte das Flugzeug auf eine Wiese einige Meter weiter auf Gemeindeboden von Muhen ab.

Kleinflugzeug stürzt bei Kölliken auf Auto - zwei Schwerverletzte

Tele M1 Zuschauerreporter

Kontrollen wie im Strassenverkehr

Für die Prüfung von Eigenbau-Flugzeugen ist die Experimental Aviation of Switzerland (EAS) zuständig. Im Auftrag des BAZL kontrolliert sie die neuen Flugzeuge vor deren Zulassung.

Alfons Hubmann, Leiter Geschäftsstelle EAS, erachtet selbst gebaute Flugzeuge als ausgesprochen sicher: «Ein Eigenbau ist sogar besser als ein Standard-Flugzeug.» Aus einem guten Grund: Jeder Erbauer fliege anschliessend selbst.

Man sei daher bestrebt, beim Bauen alle Kontrollen und Checks sehr genau durchzuführen und stets Verbesserungen anzubringen. Hubmann weiss aus eigener Erfahrung, wovon er spricht.

Er hat selber auch ein Flugzeug gebaut. «95 Prozent der Abstürze lassen sich auf Fehler von Piloten zurückführen.» Das könnten technische Flugfehler sein – oder schlicht die Tatsache, dass ein Pilot zu wenig Benzin getankt habe.

Die Flugzeuge unterliegen zudem strengen Kontrollen: Vor der Aufnahme ins Flugzeugregister prüfen laut Hubmann erst die EAS und schliesslich auch Ingenieure des BAZL das Flugzeug.

Danach gäbe es, ähnlich wie bei Motorfahrzeugen, Zustandskontrollen, die etwa alle zwei Jahre stattfänden. Im Gegensatz zum Strassenverkehr gehe jedoch der Kontrolleur zum jeweiligen Objekt hin.

Und wie steht es um Kontrollen im Luftraum? Wusste man, wo der in Grenchen gestartete Pilot hinfliegen wollte?

Laut Micheline Gaschen, stellvertretende Leiterin Flugplatz Grenchen, gibt es zwei verschiedene Flugmöglichkeiten: Einerseits könne jeder Pilot nach Sicht fliegen oder nach den Instrumenten.

Fliege er bei einem privaten Rundflug nach Sicht und nicht über die Landesgrenze hinweg, sei er nicht verpflichtet, einen Flugplan aufzugeben. «Sobald der Pilot die Kontrollzone verlässt, kann er im entsprechenden Luftraum mit einer Minimalhöhe von 152 Meter (500 Fuss) über Grund frei fliegen.» Der Pilot muss sich dann nicht an eine vorbestimmte Route halten. Deshalb weiss man in Grenchen in den meisten An- und Abflügen nicht, welches die Bestimmung des Fluges ist.

Die Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm hat zu diesem Fall nun eine Untersuchung eröffnet, wie die Kantonspolizei Aargau gestern mitteilte. Zudem hat auch die Fachstelle SUST Ermittlungen zum Unfallhergang eingeleitet. Die mit dem Flugzeug kollidierte Autofahrerin dürfte gemäss Medienmitteilung mittelschwere Verletzungen erlitten haben.