Uerkheim
Diese Gemeinderätin spinnt, denn sie ist diplomierte Spinnerin

Kirsten Hauri hat eine Ausbildung in Garndesign abgeschlossen. Das Spinnen macht sie fröhlich.

Nadja Steffen
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Kirsten Hauri. nst

Kirsten Hauri. nst

«Wir verspannen Schafwolle, Planzenfasern wie zum Beispiel Hanf oder Bambus, Alpakawolle, Seide und auch künstlich hergestellte Fasern wie rezyklierte PET-Flaschen», erzählt Kirsten Hauri.

Zusammen mit elf anderen Frauen hat sie eben die zweijährige Ausbildung in Garndesign bestanden. Die Kaufmännische Angestellte arbeitet als Einkäuferin in der letzten Hutfabrik der Schweiz. In Uerkheim hat sie als Gemeinderätin das Bauwesen unter sich. Eine eher ungewöhnliche Mischung. «In meinem Leben läuft halt nichts geradeaus», sagt sie und schmunzelt.

Geradeaus ging auch ihr Weg zur Garndesign-Ausbildung nicht. «Kurz vor unserer Hochzeit zogen mein Mann und ich in ein Bauernhaus mit grossem Umschwung. Deshalb schenkten uns Verwandte Schafe.»

Aus der Wolle könne man doch etwas machen, dachte sie sich und scherte die Schafe selbst. Die Wolle wusch und verfilzte sie. «Danach legte ich sie zur Seite und wollte mir mehr Informationen beschaffen.»

An der Schafschur in Huttwil traf Kirsten Hauri einen Mann, der die Haare seines Angorakaninchens verspann. Kurzerhand schaffte sie selbst Angorakaninchen an. «Ich begann die Wolle zu verspinnen.

Am Anfang fühlte es sich an wie Stacheldraht», sagt Kirsten Hauri lachend. Bei Rassekaninchen Schweiz liess sie sich zur Kursleiterin Angora-Wollverarbeitung ausbilden. An einem Spinntreffen machte sie Bekanntschaft mit Marianne Mezger.

«Sie trug einen wunderschönen selbst gewobenen Schal. Ich dachte mir, so einen muss ich auch haben.» Ihr Mann überraschte sie deshalb zum Geburtstag mit einem Besuch bei Mezger. Sie durfte sich einen Schal aussuchen und sich für einen Tageskurs einschreiben. «Frau Mezger überzeugte mich, beim ersten Tag der Ausbildung mitzumachen.»

Der Kurstag sei schlimm gewesen. «Ich habe nichts gekonnt. Den ganzen Tag habe ich mit mir und dem Spinnrad gekämpft», erinnert sich Kirsten Hauri. Doch der Ehrgeiz hatte sie gepackt und sie nahm die zweijährige Ausbildung in Angriff. Jetzt hat sie das Diplom in der Tasche.

Berufliche Perspektiven sieht Kirsten Hauri im Garndesign nicht. «Es bleibt ein Hobby, damit Geld zu verdienen, ist schwierig.» Vorstellen könnte sie sich aber, den Leuten in Kursen weiterzugeben, was sie am Spinnen am meisten schätzt: «Es entschleunigt und macht einfach fröhlich. Ausserdem büssen wir unsere Handfertigkeit durch das hektische Leben in der heutigen Zeit ein. Unser Wissen sollte nicht einfach verloren gehen.» (nst/az)