Die grossen Überbauungspläne passen vielen Schöftlern nicht. Vor einem Monat hat sich das Komitee «Nein zur Überbauung der Hegmatte» formiert. Es geht gegen die Pläne an, die neuen WSB-Anlagen auf dem Hegmatte-Gebiet zwischen Suhre und Suhrentalstrasse zu errichten.
Kern des Komitees bilden Grossrat Severin Lüscher (63, Grüne), Bernhard Hürzeler (55, sass einst für die SP ebenfalls im Grossen Rat) sowie Ortsbürger Andres Wälty. Zusammen wollen sie verhindern, dass elf Hektaren wertvoller Fruchtfolgefläche überbaut werden.
«Der Gemeinderat hat die Variante einer WSB-Überbauung auf dem Bahnhof- und Mühleareal sehr schnell verworfen», sagt Lüscher. Dabei sieht das Komitee diese Variante durchaus als realistisch für die 120 Meter lange Einstellhalle, Werkstatt und Rangiergeleise: «Unserer Ansicht nach könnten Depot und Werkstatt südlich des Bahnhofs entlang der Bahnhofstrasse ausgebaut werden», so Lüscher. Dass dabei ein Teil der Anlagen auf das Mühleareal zu stehen kommt und dem Gebiet 30 Prozent Fläche nehmen wird, sieht das Komitee weniger dramatisch als der Gemeinderat.
Lüscher und Hürzeler sehen einen engen Zusammenhang zwischen den künftigen Zonenänderungen für die WSB-Neubauten und die aktuelle Revision der Nutzungsplanung (BNO), deren Einwendeverfahren derzeit läuft. Zwar sind das Überbauungsprojekt auf der Hegmatte und auch die Zonenänderung für das Mühleareal nicht Gegenstand der aktuellen Nutzungsplanrevision, diese werden dereinst separat behandelt. Weil jedoch die Zentrumszone, in der auch das Bahnhofareal liegt, neu definiert wird, etwa durch die Gestattung höherer Bauten, legt die BNO laut dem Komitee aber bereits erste Grundsteine für eine Grossüberbauung auf der Hegmatte.
«Klar kann man heute sagen, das Mühleareal ist von der Zonenplanung noch ausgeschlossen. Aber je nachdem, wo genau, wie gross und wie hoch der Bahnhof entsprechend den Vorgaben der Zentrumszone gebaut wird, steht er dann der Variante im Weg, die WSB-Anlagen am Bahnhof/ Mühleareal zu bauen», sagt Lüscher.
Wichtigstes Ziel des Komitees ist daher ein Versprechen des Gemeinderats: Er soll zu Protokoll geben, dass die neue BNO keine Vorentscheidungen bezüglich künftiger WSB-Anlagen enthält und weiterhin eine Alternative zur Überbauung der Hegmatte um den Bahnhof ermöglicht. Idealerweise soll dies im Rahmen der Gemeindeversammlung festgehalten werden, an der die Nutzungsplanung abgesegnet wird. Ob dies die Sommer- oder Wintergmeind sein wird, ist noch offen.
Seine Pläne zur Hegmatte-Überbauung hatte der Gemeinderat Mitte November vorgestellt. Der Anstoss: Die steigende Anzahl Zugspassagiere der Wynen- und Suhrentalbahn (seit kurzem unter dem neuen Namen «Aargau Verkehr»). Die bereits bestellten längeren Zugskompositionen werden mehr Platz brauchen, doch die dafür geplanten Bauten will der Gemeinderat nicht auf dem angrenzenden Mühleareal haben. Denn im mehrheitlich ausgestorbenen Industriequartier sieht er hohes Potenzial für ein neues Wohn- und Arbeitsgebiet.
Stattdessen soll die Gemeinde ennet der Suhre die elf Hektaren Landwirtschaftsland erwerben. Also das Land, auf dem nicht nur die WSB-Bauten entstehen sollen, sondern auch neue Gewerbe- und Wohngebäude. Über ein Stumpengleis sollen die Züge vom Bahnhof rüber in die Hallen fahren. Die zugezogenen Firmen sollen dafür sorgen, dass in Schöftland auch mit steigender Bevölkerung eine gute Mischung aus Wohnen und Arbeiten besteht und das Dorf lebendig bleibt. Die Investitionen durch Aargau Verkehr, die Gemeinde und private Investoren hierfür belaufen sich auf eine Summe zwischen 90 und 95 Millionen Franken.
Derzeit läuft in Schöftland das Einwendeverfahren zur Gesamtrevision Nutzungsplanung Siedlung und Kulturland. Sowohl das Mühleareal wie auch die Umzonung und Überbauung der Hegmatte sind von der Gesamtrevision, deren Entwürfe bis 20. Februar auflagen, aber nicht betroffen. Sie werden erst später in einem separaten Nutzungsplanungs-Verfahren behandelt. Dass viele Einwohner die Vorhaben als Teil der aktuellen Nutzungsplanungsrevision sehen, zeigen die eingegangenen Einwendungen. Wie Gemeindeschreiber Patrick Amrein sagt, hatten von total 39 Einwendungen deren 16 das Hegmatte-Projekt zum Inhalt. Die 23 Einwendungen, die sich effektiv gegen das aufgelegene Projekt richten, werden nun geprüft, danach stehen Einigungsverhandlungen an. Den genauen Zeitplan hierfür arbeitet der Gemeinderat derzeit aus. (fdu)
«Gegen den Zuzug von Gewerbe haben wir nichts», sagt Hürzeler. Er habe aber Zweifel daran, dass sich die erwünschten Betriebe ansiedeln: «Am ehesten interessieren sich wohl Logistikunternehmen für den Standort oder eine Firma, die eine Lagerhalle hinstellen will.» Solche Lösungen würden Schöftland aber nur wenige Arbeitsplätze, dafür umso mehr Verkehr bringen.
Viel besser finden die beiden die Variante, das Mühleareal dereinst zur reinen Arbeitszone zu erklären. «Bei einer gemischten Zone entstehen bei den tiefen Wohnbau-Preisen in Schöftland mehrheitlich Wohnungen», sagt Lüscher. Die Bevölkerung, wie sie in den nächsten 20 Jahren zahlenmässig wachse, käme aber den Berechnungen des Komitees zufolge durch die heutigen Verdichtungsmassnahmen schon im restlichen Dorf unter. «Dann», so Lüscher, «bekäme der Gemeinderat zwei Dinge, die er vermeiden will: Zu viele Wohnungen und praktisch keine Arbeitsplätze.» Realisiere man aber die WSB-Bauten rund um den Bahnhof, so bliebe auf dem Mühleareal immer noch genügend Platz, um zusätzliches Gewerbe anzusiedeln.
25 Personen zählt das Komitee und einzelne sind bereits äusserst aktiv: So hat Edgar Stempfel vor seinem Haus an der Hügelistrasse ein grosses Holzschild mit der Aufschrift «Nein zur Überbauung der Hegmatte» errichtet, wo Interessierte gleich die gleichnamige Petition des Komitees unterschreiben können. Noch vor den Sommerferien soll diese beim Gemeinderat eingereicht werden.
Lüscher betont, dass es ihnen weder um Bau- noch um Wachstumsstopp geht. «Die bereits eingezonten Landreserven und unternutzten Bauzonen innerhalb des Dorfs ermöglichen aber ein nachhaltiges Wachstum über Jahre hinweg.» Ob auf der Hegmatte dereinst zusätzliche Wohn- und Arbeitsüberbauungen nötig sind, das könne die nächste Generation besser beurteilen.