Die neue, erweiterte Ortsgeschichte Attelwil nimmt auch die Fusion mit Reitnau auf.
Es ist ein Heimatabend im Gemeindesaal Attelwil. Und dies, obwohl Attelwil seit Anfang Jahr keine Gemeinde im politischen Sinn mehr ist. Aber ein Dorf, Teil der Gemeinde Reitnau. Attelwilerseits fiel der Entscheid am 27. November 2017 äusserst knapp: 89 Stimmberechtigte waren für die Fusion, 85 dagegen.
Käthi Reinhard, Tochter des langjährigen Gemeindeammanns von Attelwil, Ernst Baumann, trägt das Attelwiler Wappen auf der Brust. Und der schwarze Adler auf gelbem Grund ziert auch den Buchrücken und die Rückseite der neuen Dorfgeschichte. Käthi Reinhard spielt auf dem Schwyzerörgeli den «Parsenn-Schottisch».
Reitnaus Gemeindeammann Katrin Burgherr blickt positiv auf die ersten Monate der neuen Gemeinde zurück: «Der Ortsteil Attelwil ist eine grosse Bereicherung für die Gemeinde Reitnau.» Und sie ermuntert auch im Vorwort der neuen Dorfgeschichte die Attelwiler: «Bringt euch ein in unser Dorf, gestaltet mit und macht mit.» Markus Baumann, einst Gemeinderat von Attelwil, nun Gemeinderat von Reitnau, meint, die Vernunft habe gesiegt: «Gemeinsam sind wir stärker.» Ein grosser Nutzen der Fusion sei bereits spürbar. Was ihn aber nicht daran hindert, zu Hause die Attelwiler Fahne zu hissen.
Was hat dies mit der neuen Ortsgeschichte zu tun? Ernst Baumann, ein erklärter Fusionsskeptiker, hat an der Sommergemeindeversammlung 2018 eine Neuschreibung der Ortsgeschichte angeregt. Die Geschichte festhalten. Und er hat damit den Autor, Markus Widmer-Dean, unter Zeitdruck gesetzt. Obwohl er auf das Buch von 2006, das er zusammen mit Kurt Rey und Fotograf Ruedi Hunziker gemacht hatte, zurückgreifen konnte, investierte er «Hunderte von Stunden».
Was im Vergleich auffällt: Die Bilder der Neuzeit sind jetzt vierfarbig, die historischen Aufnahmen erfuhren eine Nachbearbeitung: schärfer, intensiver, mit höherer Dynamik, Sepia sei Dank. Und sie sind tendenziell grösser. Zudem umfasst das Buch nun statt 128 Seiten deren 200, was natürlich auch einer inhaltlichen Erweiterung geschuldet ist. Den Zweck des Buches umreisst Widmer-Dean so: Es soll den Attelwilern «eine schöne Erinnerung an ihre Gemeinde» und den Reitnauern «eine wertvolle Hilfe zum besseren Verständnis des neuen Ortsteils» sein.
Neu umfasst der Band grossflächige Bilder aus der jüngeren Vergangenheit, teils Flugaufnahmen, teils Details, die Ruedi Hunziker zwischen 2006 und 2019 gemacht hat. Das 700-Jahr-Jubiläum 2006 erfährt eine fotografische Würdigung, während ein Kapitel sich mit dem Wandel in der Aargauer Gemeindelandschaft, Fusionen, auseinandersetzt. Natürlich findet auch die lokale Fusionsgeschichte in Text und Bild ihren Niederschlag, eingeschlossen die Rede von Regierungsrat Urs Hofmann, die er an der letzten Attelwiler Gemeindeversammlung am 22. November gehalten hat. Im Bild festgehalten sind diese letzte Gmeind, aber auch die erste der fusionierten Gemeinde sowie Impressionen vom Neujahrsapéro im Widenmoos. Historische Aufnahmen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts runden den Band. Das Buch ist für 30 Franken auf der Gemeindekanzlei Reitnau zu haben.
Bevor es zum Apéro geht, spielt Käthi Reinhard die Polka «Lustige Glarner». Da war doch was? Der Kanton Glarus hatte einst 30 Gemeinden; sie wurden radikal zu drei Gemeinden fusioniert. Wie sollten da die Attelwiler nicht lustig sein! Ernst Baumann trinkt auch ein Gläschen und will in ein paar Jahren mal Bilanz ziehen.