Forstbetrieb
Der Ruedertaler Ernst Steiner (63) setzte sich 31 Jahre lang für den Zofinger Wald ein

Ernst Steiner (63), ehemaliger Leiter des Forstbetriebs Region Zofingen, wurde 1987 als Stadtoberförster der Stadt Zofingen gewählt. Nach 31 Jahren im Zofinger Wald hat er an Mathias Kläy übergeben.

Raphael Nadler und Melanie Eichenberger
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Ernst Steiner auf einem seiner Lieblingsplätze: dem Heiternplatz.

Ernst Steiner auf einem seiner Lieblingsplätze: dem Heiternplatz.

Der Zofinger Wald hat innerhalb der Schweiz eine spezielle Stellung. Hier wurde 1983 das Zeitalter des Waldsterbens ausgerufen. Am 29. August 1983 besuchte der damalige Bundesrat Alphons Egli den Zofinger Staatswald Baan, um sich über den aktuellen Zustand des Waldes vor Ort informieren zu lassen. Im «Baan» waren die Schäden von Schadstoffen zwar nicht überdurchschnittlich, aber erheblich. Sie liessen sich im grossen, schönen Wald besonders eindrücklich zeigen. Der Auftritt des Bundesrats in Zofingen löste gesamtschweizerisch ein beinahe erdbebenartiges Echo aus. Im März 1984 legte die Landesregierung ein Zehn-Punkte-Programm vor.

Ernst Steiner (63), ehemaliger Leiter des Forstbetriebs Region Zofingen, war an der damaligen «Staatsvisite» nicht dabei. Aber bereits kurze Zeit später, im Jahr 1987, wurde er als Stadtoberförster der Stadt Zofingen gewählt. Von 2000 bis zum 31. Oktober 2018 leitete er den Forstbetrieb Region Zofingen. Nach 31 Jahren im Zofinger Wald hat er an Mathias Kläy übergeben.

Wie fühlt es sich an, pensioniert zu sein?

Ernst Steiner: Das kann ich noch nicht beurteilen. Ich bin noch nicht im neuen Lebensabschnitt angekommen. Es war in den letzten Tagen so viel los mit der Übergabe des Betriebs und Teilen der Ortsbürgerverwaltung an meinen Nachfolger. Dazu kamen noch viele Verabschiedungen und Ehrungen, was sehr schön war. In den kommenden Tagen wird es aber bestimmt ruhiger.

Haben Sie eigentlich einen Lieblingsbaum?

Ja, das habe ich, genauer gesagt sind es zwei. Zum einen der Kirschbaum, der eine grosse ökologische Bedeutung hat, schön anzuschauen ist, wenn er im Frühling blüht, und der auch ein sehr schönes Holz produziert, das zwar im Moment auf dem Markt nicht gefragt ist. Der andere Lieblingsbaum ist die Eiche, die wir hier in letzter Zeit mit verschiedenen Projekten zu fördern versuchten.

Was war das einschneidendste Ereignis in den letzten 31 Jahren?

Das war sicherlich der ökonomische Druck gleich zu Beginn. In den Jahren zuvor wurden Verträge mit der Europäischen Gemeinschaft (Vorgängerin der EU) unterzeichnet, die unter anderem dafür sorgten, dass die Zölle auf die Holzprodukte weggefallen sind und die Holzpreise in den Keller sanken. Der ökonomische Druck blieb bis zuletzt und die Preise haben sich nie mehr richtig erholt.

Und dann kamen da auch noch die Stürme hinzu ...

Ja, leider. Zu Beginn meiner Zeit in Zofingen war der Betrieb noch geprägt von den Spätfolgen der Winterstürme von 1967. Dann kamen die Stürme Vivian 1990, Lothar 1999, der Gewittersturm 2011 und am 2. Januar 2018 schliesslich Burglind. Dazwischen gab es immer wieder Borkenkäfer-Jahre. Das führte dazu, dass wir nie mehr richtig aus dieser Talsohle der Zwangsnutzungen herauskamen.

Der Sturm «Lothar» richtete in Ihrer Zeit die grössten Schäden an. In welchem Verhältnis steht er zu den anderen Stürmen?

Der Wintersturm von 1967 warf etwa 100 000 m3 Holz, Vivian 1990 etwa 13 000 m3, Lothar rund 60 000 m3, der Gewittersturm 2011 etwa 40 000 m3 und Burglind rund 20 000 m3, was gut einem Jahreshiebsatz entspricht. Der Holzanfall mit anschliessendem Preiszerfall ist aber nur das eine, Folgeschäden und -kosten sind das andere Problem: Borkenkäferschäden, Wiederbewaldung und anschliessende Jungwaldpflege haben weitere Einbussen zur Folge.

Welcher Sturm hat bei Ihnen die grössten Emotionen ausgelöst?

Das waren sicherlich Lothar aufgrund der grossen Zwangsnutzungsmenge und Burglind. Letzterer, weil wir die Anspruchshaltung der Bevölkerung an einen jederzeit zugänglichen Wald sehr stark zu spüren bekamen und trotz grossem Arbeitseinsatz aller Beteiligten nicht überall gleichzeitig aufräumen konnten.

Wie gesund ist der Aargauer Wald?

Dem Wald würde es eigentlich gut gehen, wenn da nicht diese externen Einflüsse wie die Häufung extremer Wetterereignisse samt Folgeschäden oder beispielsweise der Eintrag von Luftschadstoffen wären, welche das Ökosystem stark belasten. Namentlich von den immer häufigeren und stärkeren Stürmen sowie von den Hitze- und Trockenperioden konnte sich der Wald in den vergangenen Jahrzehnten kaum mehr erholen. Dabei handelt es sich bei einem einzelnen Sturm oder bei einem einzigen heissen und trockenen Sommer um Wetterphänomene. Erst wenn sich solche Ereignisse häufen, wie dies in den letzten Jahrzehnten der Fall war, muss ein Zusammenhang mit dem Klimawandel vermutet werden.

Wie meinen Sie das ganz genau?

Der Klimawandel ist durch Messungen bestätigt und damit Tatsache. Thermometer messen die Temperaturen nach international genormten Standards. Eine Vielzahl von seriösen wissenschaftlichen Studien lässt keine Zweifel daran, dass der Mensch Verursacher des Klimawandels ist. Man kann aufgrund der vorliegenden Faktenlage nicht beschwichtigend darauf hinweisen, dass es den Klimawandel schon immer gegeben habe.

Hand aufs Herz, würden Sie sich nochmals für den Beruf des Försters entscheiden, wenn Sie jung wären?

Ja sicher! Und ich würde mich jederzeit wieder auf diese Stelle in Zofingen bewerben. Das war eine ganz tolle Aufgabe, natürlich auch mit Schwierigkeiten verbunden. Aber diese Vielfalt von Aufgaben an der Front gibt es weder bei Stellen beim Bund noch beim Kanton. Doch, ich würde wieder den Beruf des Försters wählen!