Nach fünf Jahren wechselt Vizeammann Franz Hochstrasser in den Status des Privatmanns und verabschiedet sich gleich selber.
«Ich weiss jetzt, was Gemeinderatsarbeit heisst. Sie ist ziemlich komplex und stellt anspruchsvolle Aufgaben. Diese gestalteten sich in meinem Ressort Bildung und Kultur zudem sehr vielseitig. Mir war von Anfang an klar, dass ich mich dabei zwischen zwei Geländern zu bewegen hatte. Einerseits wollte ich Traditionen des Dorfes beibehalten und pflegen; ich denke da etwa an die Bundesfeiern oder an den Neujahrsanlass, der manchen etwas zu lange geriet. Und anderseits hat es mir Freude gemacht, neue Dinge in die Diskussion und auch Umsetzung zu bringen; die Anti-Littering-Aktivitäten gehören auf diese Seite.
Vizeammann Franz Hochstrasser ist selbstständiger Berater und wirkte bis Ende 2008 als Experte für Soziale Arbeit im Strafvollzug im Auftrag des Deza. Bis 2001 war er Rektor der Fachhochschule für Soziale Arbeit in Basel. Er gehört der Grünen Partei an. (az)
Die Spielräume des gesamten Gemeinderats sind nicht sehr gross. Etwa 80 bis 85 Prozent der Finanzen sind gebundene Ausgaben, die zugehörigen Entscheide betreffen die Umsetzung von vorgegebenen Gesetzen. In meinem Ressort habe ich dennoch die Handlungsräume breiter erlebt. Das mag insbesondere mit den kulturellen Aufgaben zusammenhängen. Mir ging es dabei nicht ums «Erfinden» von neuen Attraktionen, sondern um die Unterstützung all jener Leute, die im Dorf kulturell aktiv sind. Wir haben hier über 30 Vereine, die alle in unterschiedlichen Formen Beiträge an die Gemeinschaft leisten, also über ihre eigene Gruppe hinaus auf andere Menschen wirken. Ich finde das in Zeiten, in denen sich viele Leute abkapseln oder individualisieren, etwas ganz Wichtiges.
Daher ist es dann auch so gekommen, dass mich die «Interkultur» interessierte. Die neu entstandene Interkulturkommission hat viel daran gearbeitet, dass die verschiedenen im Dorf bestehenden Kulturen einander mit Respekt begegnen, vielleicht auch etwas aufeinander zugehen, einander etwas kennenlernen. Ich weiss natürlich, dass es unterschiedliche Auffassungen zur Interkultur gibt. Umso mehr bleibt Interkultur ein Prüfstein des kulturellen Lebens einer jeden Gemeinde, also auch unserer.
Was mich beschäftigte und weiterhin beschäftigen wird, ist die Tatsache, dass unsere Kultur immer mehr in Richtung Individualisierung geht. Das ist beispielsweise beim Littering sichtbar. Die Litterleute bringen nicht die erwartete Achtsamkeit oder den Respekt vor den andern Leuten auf. Täten sie es, so würden sie ihre Abfälle wie in ihren privaten Wohnräumen in die bereitgestellten Kübel geben. Aber auch im politischen Bereich geht verloren, dass Politik, dass die Gemeinde das Gemeinsame zu bearbeiten haben. Das Gemeinsame setzt sich aus Aufgaben zusammen, die der Einzelne, das Individuum, nicht lösen kann – Strassen bauen, Gewässerschutz betreiben, die Finanzen sinnvoll einsetzen. Wir hätten ein ziemlich grosses Chaos, wenn solche und andere Aufgaben nicht oder nur individuell angegangen würden.
Es braucht Leute, die stellvertretend für alle andern die Gemeinschaftsaufgaben wahrnehmen und sie Lösungen zuführen. Dass auch dies nicht einfach ist, zeigen die Schwierigkeiten beim Besetzen öffentlicher Ämter.
So war es mir wichtig, das Soziale, das Menschenverbindende in die Diskussionen und Entscheide einzubeziehen. Bei der Energiestadt Unterkulm geht es nicht nur um uns Lebendige, sondern auch um diejenigen, die erst noch kommen werden.
Im Ganzen habe ich gerne für die Gemeinde, oder besser: für die Menschen in unserem Dorf gearbeitet. Und ich habe viel Wertschätzung dafür bekommen. All jenen, die mich in Arbeitsgruppen, in Kommissionen oder auch bei einem kleinen Schwatz auf der Strasse unterstützt haben, möchte ich herzlich danken.»