Reinach
Das Gerüst steht noch, aber die Heizung läuft schon: Der grösste Moschee-Neubau ist bald fertig - dank vieler Freiwilliger

In Reinach haben die Mitglieder der Albanisch-Islamischen Gemeinschaft schon über 5000 Stunden Fronarbeit geleistet.

Urs Helbling
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Das Kulturzentrum «Tulipan» im Reinacher Gebiet Industrie Moos gut sechs Monate nach dem Baustart.

Das Kulturzentrum «Tulipan» im Reinacher Gebiet Industrie Moos gut sechs Monate nach dem Baustart.

Micheal Küng

Das Gerüst steht noch, die Fenster und Türen sind aber montiert, die provisorische Heizung läuft. In normalen Zeiten hätte das Aufrichtefest für das 13,7 Meter hohe Gebäude bereits stattgefunden. In Rekordzeit entsteht in Reinach das Kultur- und Begegnungszentrum «Tulipan» der Albanisch-Islamischen Gemeinschaft, der grösste Moschee-Neubau im Aargau. Wer an Samstagen vorbeifährt, sieht, wie viele Freiwillige da am Arbeiten sind. «Bis Ende November haben sie rund 5000 Stunden Fronarbeit geleistet», erklärt Hasan Bajrami, Vizepräsident der 1992 gegründeten Albanisch-Islamischen Gemeinschaft. Das sind über 600 Tagesschichten à acht Stunden. «Wir haben das Engagement erwartet – aber nicht in diesem Ausmass», sagt er.

«Nur jetzt hat man die Chance, mitwirken zu können»

Wie erklären sich die Vorstandsmitglieder diesen Effort? «Dieses Projekt ist etwas Einmaliges», findet Bajrami. «So ein Gebäude baut man nur einmal. Nur jetzt hat man die Chance, mitzuwirken.» Und Präsident Azir Jusufi beschreibt das Gemeinschaftsgefühl: «Das kann man nicht planen, nicht beschreiben – das kann man nur erleben.»

Die Vorstandsmitglieder sind hörbar glücklich über diese Entwicklung: «Es ist ein schönes Gefühl, wenn man so viel Unterstützung erhält», sagt Mediensprecher Liridon Racaj. Wir, das sind die gut 300 Mitglieder der Gemeinschaft, die sich aktuell noch in einem Gebäude bei der Hochhauskreuzung (an der Hauptstrasse 3) treffen. Die dortigen Räumlichkeiten sind zu klein, sie werden aufgegeben, sobald der Neubau steht. Wenn alles gut geht, soll das im März oder April der Fall sein, wie Projektleiter Muharem Berzati erklärt. Aus Anlass der Eröffnung soll es eine schöne Feier geben. «Wir sind optimistisch, dass das möglich sein wird. Wir hoffen auf die Corona-Impfungen», sagt Präsident Jusufi.

Gibt es beim Bau eines derartigen Kulturzentrums spezielle Zeremonien? Nein, erklärt der in Reinach tätige Imam Halili Adem. Wirklich von grosser Bedeutung sei nur die Eröffnungsfeier. Und er ergänzt, wie wichtige die Bedeutung der Offenheit des Gebäudes aus albanisch-kultureller Sicht ist: «Jeder soll es betreten können.» Schon in der Bauphase ist es gelungen, das ein Stück weit zu leben. Fronarbeit haben nicht nur Albaner, nicht nur Leute mit islamischem Glauben geleistet. Es haben, so versichern die Initianten, auch Schweizer, Griechen, Portugiesen oder Polen mitgeholfen.

Sechs bis sieben Angestellte im Begegnungszentrum

Im «Tulipan» wird es einen Gebetsraum für 300 Personen haben. Aber auch eine Kita, in der es gemäss den Vorgaben des Kantons Platz für maximal 30 Personen hat. Die Kita wird neu gegründet, aktuell läuft die Suche nach einer Leiterin. Ebenso wie die Kita wird auch das Restaurant ein autonomer Betrieb sein. Im öffentlichen Restaurant wird es drei bis vier Angestellte haben, unter anderen einen Koch.

Insgesamt werden im Kultur- und Begegnungszentrum sechs bis sieben Personen arbeiten. Es wird dort dann auch Religionsunterricht erteilt, genau so, wie das andere Religionen in ihren Gebetshäusern auch tun. Und, das ist den Initianten wichtig: Sprachunterricht in Albanisch.

«Wir brauchen noch weitere Spenden»

Die Realisierung des «Tulipan» wird etwa fünf Millionen Franken kosten. Ein Teil des Betrags wird mit dem Frondienst geleistet. Ein weiterer Teil wird mit einem Bankkredit fremdfinanziert (AZ vom 10.6.). Und die Eigenmittel stammen, so versichern die Initianten, «nachweislich aus Beiträgen von Spender und Gönnern». Ausschliesslich Mittel aus dem Inland.

Allerdings ist man da, wie ein Blick auf die «Tulipan»-Facebook-Seite zeigt, noch nicht am Ziel. «Wir brauchen noch weitere Spenden», erklärt Präsident Azir Jusufi. Für ein, wie er sagt, «wunderschönes Projekt».