Eine wetterbedingt schlechte Ernte, dafür dank Corona viele neue Sammlerinnen und Sammler. Doch beim Pilz-Sammeln gibt es viele Dinge zu beachten.
Das vergangene Jahr war für Aargauer Pilzsammlerinnen und Pilzsammler ein eher mageres Jahr, dabei fing die Saison ziemlich gut an. Wenn auch deutlich früher als sonst, erklärt Daniela Sigg, Pilzkontrolleurin aus Meisterschwanden: «Die letzten zwei Juni-Wochen und Anfang Juli war im Wald gewaltig viel los.» Die Pilze seien – das Sprichwort kommt nicht von ungefähr – aus dem Boden geschossen. Nur leider hätte das fast niemand mitbekommen, weil die Sammel-Saison normalerweise erst später beginnt. Sigg: «Ich war fast jeden Tag selber im Wald und habe mich immer gefragt, wo all die Leute bleiben.» Sie habe Ende Juni ihren Jahresvorrat an Steinpilzen, die eigentlich erst im August wachsen, bereits gesammelt.
An den Kontrollen in ihrem Gebiet, das sich über Egliswil, Hallwil, Fahrwangen, Sarmenstorf und Seengen erstreckt, bekam Sigg im vergangenen Jahr deutlich mehr ungeniessbare Pilze zu sehen als früher. Nicht giftige, aber eben auch keine Speisepilze. Das liegt an der Erfahrung der Sammlerinnen und Sammler, glaubt sie: «Durch die Coronapandemie hatte es heuer enorm viele Anfänger im Wald.» Deutlich mehr junge Menschen oder auch junge Familien, die im Lockdown zu einer neuen Freizeitbeschäftigung gekommen sind, die draussen stattfindet.
Diese Beobachtung haben auch alle anderen befragten Pilzkontrolleure aus der Region gemacht, so auch Wolfgang Wernli aus Niederlenz: «Früher hat man bei den Kontrollen eigentlich immer die gleichen Gesichter gesehen – doch seit Corona waren bei uns rund die Hälfte der Personen junge Menschen.» Doch auch in seinem Kontrollgebiet, das von Hunzenschwil und Rupperswil über Seon und Schafisheim bis nach Brunegg reicht, war im Herbst nicht mehr viel los. Das Verhältnis von Speisepilzen, ungeniessbaren und giftigen Pilzen an den Kontrollen sei immer etwa dasselbe, so Wernli. Wenn es denn überhaupt Pilze gab: «Wegen des schlechten Sommers hatten die Pilze zu wenig Wärme – so sind im Herbst kaum welche gewachsen.»
Auch im Raum Aarau wollten die Pilze im Herbst nicht so richtig wachsen, erzählt Ruedi Jean-Richard, einer der für die Region Aarau, Buchs und Suhr zuständigen Kontrolleure. Bei ihm seien es in diesem Jahr aber auffällig viele verdorbene Speisepilze gewesen, die dann auch ungeniessbar bis gefährlich seien: «Es kam öfter vor, dass jemand mit einem Plastiksack im Wald war, Pilze gesammelt hat und diese danach den halben Tag lang mit sich herumgetragen hat.» Solche Pilze seien nach relativ kurzer Zeit bereits nicht mehr geniessbar, weil im geschlossenen Sack kein Luftaustausch stattfindet. Er empfiehlt daher: «Ich selber gehe entweder mit einem Stoffsack Pilze sammeln, oder dann mit einem gewöhnlichen Pilzkorb.»
Eine Kontrolle war für Jean-Richard bestimmt die aussergewöhnlichste: «Jemand kam mit etwa 100 psychoaktiven Pilzen zu uns.» «Drogenpilzli» seien natürlich keine herkömmlichen Speisepilze, gehörten aber natürlich trotzdem dem Sammler. Jean-Richard: «Ich bin kein Polizist.» Seine Pflicht habe er erfüllt, indem er den Sammler darauf aufmerksam gemacht hat, dass die Pilze laut Definition ungeniessbar sind.
Daniela Marzohl, Kontrolleurin aus Reinach und ausserdem für die Gemeinden Menziken, Burg, Beinwil am See und Birrwil zuständig, handhabt das auch so. Ihr seien in diesem Jahr aber keine psychoaktiven Pilze zur Kontrolle vorgelegt worden. Doch auch im Wynental war die Pilz-Ernte im letzten Jahr miserabel, erzählt sie: «Wir hatten in diesem Jahr halb so viele Kontrollen wie im vergangenen Jahr und etwa einen Drittel des Jahres zuvor.» Auch sie vermutet, dass das am Wetter liegt, deswegen habe es im vergangenen Jahr einige kuriose Situationen gegeben: «Ein Sammler brachte uns Ende Sommer sechs Kilo frische Austernseitlinge, eigentlich einer der typischen Winterpilze». Die magere Ausbeute sei in der ganzen Schweiz feststellbar. So habe beispielsweise der Plantahof in Landquart, wo jährlich die Aus- und Weiterbildung der Pilzkontrollpersonen, dazu aufgerufen, ihnen Pilze zu schicken, erzählt Marzohl: «Ohne frische Pilze hätten die Kurse in Landquart nicht stattfinden können, durch Hilfe aus anderen Regionen haben sie es aber gerade noch geschafft.»
Eine Kontrolle ist Marzohl speziell in Erinnerung geblieben: «Eine Frau brachte uns Champignons und war felsenfest davon überzeugt, dass diese essbar seien.» In der Kontrolle habe sich dann aber herausgestellt, dass es nicht gewöhnliche Wiesen-, sondern Karbol-Champignons waren. Die sehen zwar aus wie normale Champignons, können beim Verzehr aber zu heftigem Erbrechen und Durchfall, in schweren Fällen auch zu Schwindel und Sehstörungen führen. Laut Marzohl sind sie sehr schwer zu unterscheiden: «Beide laufen gelb an, wenn man den Stamm des Pilzes anritzt. Der Wiesenchampignon bleibt aber gelb, während der Karbol-Champignon den Gelbton nach wenigen Minuten wieder verliert.» Wegen der leichten Verwechselbarkeit rät Marzohl dazu, insbesondere selbst gesammelte Champignons immer zur Kontrolle zu bringen.