Die ehemalige Post an der Dorfstrasse, das vierte Postgebäude im Dorf, wird abgerissen – ein Blick zurück.
1870 sorgte Hermann Mauch in Teufenthal für süffigen Dorfklatsch. Erst seit einem Jahr war er für die Postablagestelle an der heutigen Wynentalstrasse zuständig. In dieser Zeit machte er 600 Franken Schulden. Er beschuldigte die eigene Mutter, Bargeld aus der Postkasse geklaut zu haben, und verbrachte seine Freizeit «unnuzt und faulenzerisch», wie der Gemeinderat an die Postdirektion in Aarau schrieb.
Auch in der heutigen Zeit gibt die Post in Teufenthal zu reden. Seit 2012 sind Päckli und Briefe ein Nebengeschäft in der Postagentur im Volg. Nun wird das ehemalige Postgebäude an der Dorfstrasse abgerissen. Damit geht eine lange Geschichte zu Ende.
Sie beginnt Anfang des 19. Jahrhunderts. Nachdem sogenannte «Talbötte» Sendungen lange zu Fuss von Aarau in die Wynentaler Haushalte gebracht hatten, öffneten in den 1830er-Jahren mehrere Postablagestellen. So auch in Teufenthal im Gasthof Herberge. Entgegengenommen hat die Briefe und Pakete damals die Wirtefamilie Karrer (spätere Trostburg-Besitzer). 5 Franken erhielt Vater Ludwig Karrer 1833 für die Ausübung dieses Amtes. Sein Sohn Johannes Karrer verdiente 1860 mit 180 Franken pro Jahr deutlich mehr.
Eines von vielen Zeichen, dass die Post immer wichtiger wurde. Schon in der Helvetik gab es erste Bemühungen, das Postwesen zu verstaatlichen. Der Aargau führte nach der Mediationsakte eine Kreisdirektion in Aarau ein. Mit dieser führte der Gemeinderat Teufenthal rege Korrespondenz.
Im Dezember 1850 fragte er die Direktion an, ob denn nun der Briefträger direkt vom Staat besoldet werde. Schliesslich gab es die Bundespost damals schon seit fast zwei Jahren. Der Postdiener wolle «das tragen von Briefe, Gepäke etc. ohne Belohnung nicht mehr verrichten». Viele Bürger weigerten sich zudem, ihm ein Trinkgeld zuzustecken.
Für den Posten als Briefträger in Leutwil, Dürrenäsch und Teufenthal bewarben sich daraufhin Samuel und Johannes Widmer. Die Entscheidung, wer der beiden künftig Briefe vertragen solle, dürfte schwergefallen sein. Aus einem Leumundszeugnis des Gemeinderats geht hervor, dass die beiden «schreiben und rechnen können, arbeitsam und haushälterisch sind» und sich «von jeher eines musterhaften Lebenswandels befliessen». Ausserdem seien sie «weder criminell noch polizeirichterlich bestraft worden».
Ein brisantes Thema war im 19. Jahrhundert in Teufenthal die Postkutsche. Wo soll sie halten? Wer ist verantwortlich, wenn ein Unglück geschieht? Wie haben sich die Posten in finsteren Nächten und bei Regenwetter zu verhalten? Noch einschneidender war die Einführung des Postautos 1924. Die Dorfstrasse sei für den regelmässigen Kraftwagenverkehr zu schmal, meinte der Gemeinderat.
An der Einwohnergemeindeversammlung am 6. September 1925 reklamierten mehrere Anwesende, dass das Postauto viel zu schnell durch das Dorf fahre und Vorschriften nicht beachte. So könne sich leicht ein Unfall ereignen. Die Direktion in Aarau meinte daraufhin, dass Schafe und «zur Arbeit gehende Arbeiter» oft die Strassen blockieren würden und der Postautofahrer die verlorene Zeit dann wieder wettmachen müsse – die Zeitungen und Briefe mussten schliesslich pünktlich ankommen.
Zu dieser Zeit befand sich die Poststelle in Teufenthal schon an der Dorfstrasse. 1961 war dann erstmals von einem Neubau die Rede. Bis der realisiert wurde, dauerte es aber vier Jahre. Der Gemeinderat sprach sich gegen das Projekt der PTT aus. Die Post sei am falschen Ort geplant, hielt er in mehreren Gemeinderatssitzungen fest. Die Zu- und Wegfahrts-Verhältnisse seien «alles andere als ideal». Im Hinblick auf einen allfälligen späteren Ausbau der Wynentalstrasse auf vier Spuren weise das Projekt zudem «beträchtliche Unzukömmlichkeiten» auf.
Gebaut wurde das eingeschossige Gebäude dann trotzdem. Einen rechtlichen Grund gegen das Baugesuch gab es nicht. Von 1965 bis 2012 konnten Briefe und Päckchen hier aufgegeben werden. «Es war eine schöne Zeit», sagt Georges Eggmann. Der 62-Jährige sass zusammen mit seiner Frau acht Jahre lang hinter dem Postschalter und leitete von 1991 bis 1999 das Büro. Eine automatische Sortieranlage gab es damals noch nicht. Dafür eine integrierte Ortskasse der AKB. Am Morgen kamen jeweils Angestellte der Injecta, um Einzahlungen zu tätigen. «Wir kannten fast alle unserer Kunden persönlich», sagt Georges Eggmann.
Dass die Ära der eigenständigen Teufenthaler Post nun mit dem Abriss des Gebäudes endgültig zu Ende ist, reut ihn aber nicht. «Das Kundenverhalten hat sich nun mal verändert. Und die Postagentur im Volg bringt auch Vorteile, etwa längere Öffnungszeiten.»
Zu Ende war 1870 übrigens auch die Karriere von Hermann Mauch. Nach seinen Eskapaden bat der Gemeinderat die Postdirektion, das Enfant terrible der Postablagehalter seines Amtes zu entheben.
Quellen:
Gemeinderatsnotizen 1833–1963, ZVG von Hans Notter.
Historisches Lexikon der Schweiz.