Die Regierung will ein Postulat zur Anwendung einer automatischen Erfassung von Fuss- und Veloverkehrsteilnehmenden von Grossrat Jonas Fricker (Grüne) abschreiben. Dieser ist mit der Antwort der Regierung nur bedingt zufrieden.
Wer kennt es nicht: Das minutenlange Warten am Fussgängerstreifen bis die Strasse endlich überquert werden darf. Das beschäftigt auch den Aargauer Grossrat Jonas Fricker (Grüne), der einen Vorstoss «betreffend neuer Technologien zur Verkehrsoptimierung bei Lichtsignalanlagen» eingereicht hatte.
Der ETH-Umweltnaturwissenschafter wollte, dass der Regierungsrat Grünphasen bei Lichtsignalanlagen, insbesondere für den Fuss- und Veloverkehr, «bedarfsgerechter» steuert. Die Steuerungen der meisten Lichtsignalanlagen seien auf Autofahrende sowie den öffentlichen Verkehr ausgerichtet. Eine automatische Erfassung des Fuss- und Veloverkehrs würde es möglich machen, die Funktionsweise der Lichtsignale zu verbessern.
Das Postulat verwies auf ein Pilotprojekt des Amtes für Mobilität des Kantons Basel-Stadt, wo ab Dezember 2018 eine intelligente Fussverkehrssteuerung getestet wurde, bei der Fussgängerinnen und Fussgänger mit Hilfe von Wärmebildsensoren vor dem Erreichen der Wartezone am Zebrastreifen, genauso wie die eigentliche Querungsstelle, erfasst werden können. Wenn die Grünphase nicht genutzt wird, schaltet die Ampel schneller um. Umgekehrt kann die Grünphase automatisch verlängert werden, wenn Menschen mit eingeschränkter Mobilität den Zebrastreifen überqueren.
Fricker hebt in seinem Postulat die positiven Erkenntnisse aus Basel-Stadt hervor. Die Wartezeiten für Fussgängerinnen und Fussgänger konnten um mehr als 60 Prozent reduziert werden – im Vergleich zur Betätigung des Tasters, den man an fast allen Zebrastreifen mit Lichtsignal findet.
Darüber hinaus sei die Anwendung der neuen Technologie auch für den Velo- und Autoverkehr positiv gewesen, da die Gesamtgrünzeit für den Fussverkehr insgesamt um 11 Prozent abnahm. Die Massnahme würde somit auch die Zielsetzung des Kantons unterstützen, den Anteil des Fuss- und Veloverkehrs am Gesamtverkehr zu erhöhen.
Der Regierungsrat beantragt nun die Abschreibung des Postulats. In seiner Antwort auf den Vorstoss schreibt er, dass sämtliche der rund 210 Lichtsignalanlagen, die im Kanton Aargau in Betrieb sind, mittels des Steuerverfahrens FESA (flexibel, erweiterbar, systemunabhängig und anpassungsfähig) betrieben werden.
Pro Anlage kämen dabei eine Vielzahl von Detektoren mit verschiedenen Technologien zum Einsatz, um alle Verkehrsteilnehmenden zu erfassen. Auch könnten so alle besonderen Gegebenheiten verschiedener Situationen – wie sich verändernde Fussgängerwartezeiten wegen eines unterschiedlichen Verkehrsaufkommens – abgebildet und gesteuert werden.
Darüber hinaus sei der Aargau bezüglich zukünftiger Entwicklungen im Bereich der Verkehrstechnik, im stetigen Austausch mit den anderen Kantonen. Der Aargau werde bereits regelmässig von anderen Kantonen um Erfahrungsberichte bezüglich neuer Technologien im Bereich der Verkehrssteuerung angefragt, heisst es in der Antwort. Als Beispiel führt der Kanton den vermehrten Einsatz von Wärmebildkameras zur Fahrzeugdetektion an. Der Kanton biete eine «schweizweit führende Infrastruktur» für die Abwicklung des Verkehrs.
Deshalb ist der Regierungsrat davon überzeugt, dass die Bemühungen in Sachen Technologie in der Verkehrsabwicklung die Anliegen des Postulats bereits abdecken.
So ganz zufrieden ist der Grossrat und Präsident von «Fussverkehr Aargau» Jonas Fricker mit dieser Antwort nicht: «Auf die Möglichkeit der automatischen Fussgängeranmeldung wird nur insofern eingegangen, als dass man diese Technologie im Kanton nicht habe.»
«Die Einführung der Technologie wäre gemäss den Resultaten aus Basel-Stadt eine Win-win-Situation», so Fricker. Natürlich sei die automatische Fussgängeranmeldung nicht überall sinnvoll. «Aber mir kommen da einige Zebrastreifen im Kanton in den Sinn, wo das Potenzial zur Optimierung vorhanden wäre», sagt Fricker. Der Regierungsrat schreibt in der Antwort, dass er am Puls der Zeit bleiben wolle. Fricker sagt: «Ich verstehe deshalb nicht, wieso der Kanton eine automatische Erfassung des Fussverkehrs ablehnt.»