Nach zwei Jahren der Distanz trifft sich die Aargauer Wirtschaftsprominenz bei der Verleihung des Unternehmenspreises in Wettingen. Ein Abend mit viel Pomp, drei Preisträgern, Konfettiregen und zahlreichen Anekdoten.
Was für ein Bild! Rund 600 Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik sitzen am späten Donnerstagnachmittag im Tägi in Wettingen. In gespannter Erwartung auf die Verleihung des 15. Aargauer Unternehmenspreises. «Es freut mich ausserordentlich, Sie nach zwei Jahren physischer Abstinenz wieder persönlich zu begrüssen», sagte Dieter Widmer eine knappe Viertelstunde vor der TV-Liveübertragung zu den Gästen.
Über 100 Anmeldungen hätten sie in den drei Kategorien (kleine, mittlere und grosse Unternehmen) erhalten, so der Direktionspräsident der Aargauischen Kantonalbank (AKB). Widmer weiter: «Die Verleihung der Preise ist eine Anerkennung der hervorragenden Arbeit, die tagtäglich im Aargau geleistet wird, und soll zugleich eine Motivation für die Zukunft sein.»
Die SwissBeam AG versteht sich als Problemlöser und innovativer Partner, wenn es um Schweissen von Metallen geht. Spezialgebiet: Elektronenstrahlschweissen und alle damit verbundenen Tätigkeiten. Ihre Produkte kommen auch in der Spitzenforschung zum Einsatz, zum Beispiel in der Quantentechnologie der Uni Basel. Zudem gelang dem Unternehmen aus Rudolfstetten mit fünf Mitarbeitenden eine Weltpremiere: die Verbindung von Stahl und Titan. Wei-tere Finalisten waren die Home Barista GmbH und die Nosag AG. (sel)
Spezialisiert auf Elektroinstallationen, Telematik, Gebäudetechnik, Fotovoltaik und Elektromobilität setzt die Bütler Elektro AG mit drei Standorten im Freiamt explizit auf Ausbildung. 25 Lehrlinge zählt das Unternehmen mit über 80 Mitarbeitenden. Die Freiämter stellen denn auch den amtierenden Berufseuropameister. Geschäftsführer Lukas Bättig: «Ausbildung war für uns seit dem ersten Tag wichtig.» Und der liegt mehr als 40 Jahre zurück. Weitere Finalisten waren die Chämi Metzg AG und Türenfabrik Brunegg AG. (sel)
Seit über 75 Jahren ist das Unternehmen im Bereich Holzbau tätig. Was die Jury an der Erne AG mit rund 300 Mitarbeitenden besonders überzeugte, ist die Tatsache, dass man Handwerk mit Digitalisierung und Industrialisierung verbindet. Und das auf möglichst nachhaltige Weise. Denn für Geschäftsführer Patrick Suter ist klar: «Bauen muss massiv nachhaltiger werden.» Ein Prozess, der Innovation erfordert und den Mut zu Fehlern, so Suter. Die weiteren Finalisten waren die Bio Partner Schweiz AG und die Stahlton Bauteile AG. (sel)
Seit allem Anfang wird der Preis von der AKB und dem Aargauischen Gewerbeverband (AGV) verliehen. Doch letztes Jahr wurde die Veranstaltung erstmals überhaupt im TV übertragen. Wegen Corona ohne Livepublikum, dafür mit rund 50'000 Fernsehzuschauerinnen und -zuschauern. Liveübertragung und Livepublikum wie dieses Jahr war demnach eine Premiere.
Eine Premiere unter der Führung von Moderatorin Zoe Torinesi. Sie überreichte auch die Trophäen an die glücklichen Sieger in den drei Kategorien. Neben der Glastrophäe erhielten dazu alle Gewinner ein Preisgeld von 7000 Franken (die weiteren Finalisten je 3000 Franken).
Torinesi führte souverän durch die Veranstaltung. Mit einem einzigen kleinen Patzer: Bei der Kürung der Bütler Elektro AG las sie die Jury-Begründung des bis dahin noch nicht bekannten Siegers der Kategorie Grossunternehmen vor, jene der Erne AG Holzbau.
Die Aufgabe, aus den 100 teilnehmenden Unternehmen erst neun Finalisten und letztlich die Sieger auszuwählen, oblag der fünfköpfigen Jury um Unternehmerin Karin Streit-Heizmann. Mehrere Tage haben sie und ihre Kollegen investiert, Bewerbungen gelesen, daraus die Finalisten ausgewählt und diese neun Unternehmen schliesslich allesamt besucht. Es sei eine grosse Herausforderung, alle davon zu überzeugen, dass man einen Metzgereibetrieb mit einem Ingenieurbüro vergleichen könne. Aber sie seien dabei einem ganz klaren Kriterienkatalog gefolgt, bei dem insbesondere das Thema Nachhaltigkeit von Bedeutung war, sagte sie.
Siegertrophäen, Konfettiregen und glückliche Gesichter – es war ein Abend des Feierns, des Zusammenseins; und zugleich wurde klar, in welch schwierigem Umfeld sich Unternehmen derzeit behaupten. Seit mehr als zwei Jahren befinden wir uns in der Krise. Erst war Corona, jetzt tobt der Ukraine-Krieg. Lieferketten und knappe Rohstoffe beschäftigen Unternehmen in fast allen Branchen. Und, so AGV-Präsident und SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner, der Fachkräftemangel.
An einem Podium mit Unternehmer und SVP-Nationalrat Franz Grüter, der Unternehmerin Franziska Bircher und AKB-Firmenkundenchef Patrick Küng diskutierte er vor der Verleihung der Preise über die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen im Kanton Aargau. Dabei liess Giezendanner die Gelegenheit nicht ungenutzt, noch einmal auf die Bedeutung der Abstimmung vom 15. Mai hinzuweisen.
Dann geht es um eine Steuerreform, das heisst die Senkung der Unternehmenssteuer für Grossunternehmen. Giezendanner: «Kriegen wir die Steuersenkung durch, machen wir einen kleinen Standortnachteil wett. Wir machen damit einen Schritt ins Mittelfeld, aber ich hoffe schon, dass wir den Anspruch haben, auch bei den Steuern ganz vorne mitzumischen.»
Die Bedeutung eines attraktiven Steuerumfelds – gerade in wirtschaftlichen Krisen – betonte auch sein Parteikollege Franz Grüter. Er ist ehemaliger CEO und heutiger Verwaltungsratspräsident von Green, dem – so eigene Angaben – führenden Anbieter von Daten- und Rechenzentren in der Schweiz. Bei der Ansiedlung seines Unternehmens in Lupfig fielen denn auch andere Faktoren stärker ins Gewicht als die Steuern: Die Nähe zu den Wirtschaftszentren Zürich und Basel, aber auch die Stromverfügbarkeit, die Erdbebensicherheit oder der Anschluss ans Glasfasernetz waren mindestens genauso wichtig.
Obwohl man letztlich in Lupfig fündig wurde und die Nachfrage nach ihrer Dienstleistung gross war, startete Grüter harzig, wie er erzählte. Die Banken fanden das Projekt toll, kamen Ende der Nullerjahre aber gerade aus der Bankenkrise und wollten ihm nicht einfach so 50 Millionen Franken leihen ohne Kundenverträge. Die potenziellen Kunden waren auch positiv eingestellt, aber wollten erst ein Gebäude sehen statt einer grünen Wiese mit Kühen. Grüter entschloss sich zwischen Weihnachten und Neujahr 2009 zu einem Buebetrickli: Am 30. März feierte Green den Spatenstich. Noch ohne Finanzierung und noch ohne Kunden.
Acht Wochen später hatten sie Verträge mit den Kunden, zwölf Wochen später die Finanzierung der Banken, und ein Jahr später stand in Lupfig das erste Rechenzentrum. Unterdessen sind es drei, zwei weitere sollen folgen. Und Grüter sagt heute: «Die Schweiz ist in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten Datenstandorte in Europa geworden.» Und Green zu einem der wichtigsten Player im Markt.
Es sind genau solche Geschichten, die sich die Unternehmerinnen und Unternehmer gestern in Wettingen endlich wieder von Angesicht zu Angesicht erzählen konnten. Bei der Gala und dem späteren Apéro. In der Hoffnung, dass die Zeit der Isolation nun endgültig vorbei sein möge.
Die ganze Sendung zum Nachschauen: