Am Standort Brugg-Windisch der Pädagogischen Hochschule studieren deutlich weniger angehende Lehrerinnen und Fachlehrpersonen als an anderen Hochschulen. Das begünstige den Fachkräftemangel an den Aargauer Schulen noch, sagen Bildungspolitiker.
In diesem Jahr hat die Pädagogische Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) 685 Diplome an pädagogische Fachpersonen vergeben: Lehrpersonen aller Stufen, Logopädinnen und Sonderpädagogen. Im September machten 610 Studierende ihren Abschluss, weitere 75 Lehrpersonen für die Sekundarstufen 1 und 2 haben ihr Diplom bereits im Frühling erhalten.
Die Feierlichkeiten fanden in Basel, Muttenz, Solothurn und in Brugg-Windisch statt. Unter den Diplomierten sind 183 Aargauerinnen und Aargauer. 13 von ihnen haben an der Sonderpädagogischen Hochschule in Muttenz studiert.
Die Studierendenzahl an der FHNW ist seit 2017 um acht Prozent gewachsen. Die Anzahl Aargauer Studentinnen und Studenten stieg dabei allerdings nur um ein Prozent an und am Standort Brugg-Windisch hatte es 2020 gar sieben Prozent weniger Studierende als 2017.
Gleichzeitig wuchs die Anzahl Aargauer Studentinnen und Studenten an den umliegenden Fachhochschulen und pädagogischen Hochschulen um 18 Prozent. Das zeigen der Jahresbericht 2020 und der Bericht zum Leistungsauftrag der Fachhochschule, die der Grosse Rat im September zur Kenntnis genommen respektive genehmigt hat.
Die Studierendenzahlen hätten schon in der Bildungskommission für längere Diskussionen gesorgt, sagte eingangs der Debatte Kommissionssprecher Titus Meier. Die Gründe für die Wahl des Studienorts seien allerdings vielfältig, es könne nicht erwartet werden, dass alle Aargauerinnen und Aargauer nur im Kanton studierten.
Im Aargau ausgebildete Lehrpersonen würden aber später eher auch im Aargau unterrichten, was angesichts des Fachkräftemangels eine Standortentwicklung in Brugg-Windisch in der Grössenordnung der umliegenden Hochschulen erfordere.
Dass es mehr Anstrengungen braucht, um das Studium an der PH in Brugg-Windisch attraktiver zu gestalten, insbesondere weil der Kanton dringend auf pädagogische Fachkräfte angewiesen ist, darin ist sich der Grosse Rat insgesamt einig.
«Wir hoffen, mit dem neuen Ziel im Aufgaben- und Finanzplan die Attraktivität der PH zu steigern und dass mindestens 60 Prozent der angehenden Aargauer Lehrerinnen und Lehrer an der eigenen PH ausgebildet werden können», sagte etwa Kathrin Hasler für die SVP. Der Mangel an Lehrpersonen werde gerade in der Pandemie schmerzlich klar, weil es kaum möglich sei, für erkrankte Lehrerinnen Stellvertretungen zu finden, sagte Ruth Müri für die Grünen.
Uriel Seibert, Fraktionspräsident der EVP, hat selber die PH in Brugg-Windisch besucht. Er appellierte an die Kolleginnen und Kollegen, die Kirche im Dorf zu lassen. «Die Pädagogische Hochschule ist deutlich besser als ihr Ruf.» Innovative Projekte könnten den Ruf vielleicht verbessern, da sei allerdings nicht nur die Schule selber in der Pflicht. Mit permanentem Kostendruck und knappen Budgets verringere man das Potenzial.
Das triste Bild, welches der Fachkräftemangel vor allem bei den Primarlehrkräften und den schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen abgibt, allein der Fachhochschule anlasten zu wollen, greife zu kurz, sagte auch Markus Lang für die GLP.
«Hier hat auch die Politik ihre Verantwortung», meinte er. Denn sie habe in den letzten Jahren für eine kontinuierliche Verschlechterung der Arbeitssituation gesorgt und damit den Kanton Aargau als Arbeitgeber im Vergleich zu den umliegenden Kantonen unattraktiv werden lassen.
Es hätten alle erkannt, dass innerhalb der FHNW der Standort Brugg-Windisch am meisten gefördert werden müsse, sagte abschliessend Bildungsdirektor Alex Hürzeler. Es werde ein Schwerpunkt sein, die nächsten Jahre insbesondere die Studiengänge und die Portfolios dort attraktiver zu gestalten.
Da müsse der gesamte Kanton Aargau mithelfen, auch die Standortgemeinden und Regionen gehörten dazu. An den Kantons- und Berufsfachschulen müsse die Zusammenarbeit stark verbessert werden, damit die Aargauerinnen und Aargauer in Sins nicht in Richtung Zürich und in Kaiseraugst nicht nach Basel abwanderten.
Doch: «Wir sind nicht zufrieden, wir hätten durchaus mehr Potenzial. Aber es ist absolut nicht alarmierend», mahnte Hürzeler auch noch, die Quantität komme nicht vor der Qualität, sondern stets umgekehrt. Die Qualität werde leider auch oft kritisch diskutiert, gab der Bildungsdirektor Uriel Seibert recht, doch die PH in Brugg-Windisch leiste gute Arbeit.
«Gehen Sie in andere Kantone, da hören Sie auch nicht nur Loblieder über die jeweiligen PHs», sagte er. Die Aargauerinnen und Aargauer, die hiesigen Schulen und der Grosse Rat als Teil der Politik im Kanton hätten aber dahinterzustehen.