Zu viele Badegäste
Werbe-Stopp für Hallwilersee? – «Man kann ein Juwel auch kaputtmachen»

Der Seenger Gemeinderat Dieter Gugelmann fordert, dass der Hallwilersee wegen des grossen Ansturms nicht mehr touristisch vermarktet wird. Er ist nicht der einzige, der hier auf die Bremse treten will.

Pascal Meier
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Dieter Gugelmann auf dem vollen Parkplatz beim Schloss Hallwyl.

Dieter Gugelmann auf dem vollen Parkplatz beim Schloss Hallwyl.

Pascal Meier

Anwohner des Hallwilersees sehen gern auswärtige Badegäste – allerdings nur von hinten, wenn sie wieder gehen. Diesen Spruch hört man im Seetal gelegentlich. Was lustig klingt, ist ernst: Es gibt Einheimische, die sich im Hochsommer nicht mehr heimisch fühlen. «Viele Beinwiler gehen an heissen Sonntagen nicht mehr an den See», sagt Martin Burger, der den Verkehrsdienst der Gemeinde Beinwil am See leitet.

An Spitzentagen füllen sich die 3000 Parkplätze in Meisterschwanden und Beinwil am See rasch, der Verkehrsdienst muss Badegäste mit Auto abweisen. Sogar aus Basel und Deutschland reisen die Touristen an. «Der Hallwilersee läuft am obersten Limit», so Burger. «Ich frage mich, wo das hinführt.» Auch Markus Basler, Bereichsleiter Verkehr bei der Regionalpolizei Lenzburg, ist besorgt: «Die Zahl der Badegäste nimmt jedes Jahr massiv zu», sagt er.

Vögel leiden unter Wassersport

Die Menschenmassen sorgen für Probleme. Vor allem die Natur leidet: «Es gibt immer weniger Brutvögel am See», sagt Bruno Fürst, Chef der Hallwilersee-Ranger, «vor allem im Aabach, wo Stand-up-Paddler der Natur schaden.»

Was ist die Lösung? Mehr Parkplätze führen im schlimmsten Fall zu noch mehr Besuchern. Im Gespräch sind seit längerem regionale Hinweistafeln zu den Parkplätzen rund um den See. Die Ranger wünschen sich eine klarere Trennung von Bereichen, die dem Menschen und der Natur vorbehalten sind.

Einen Schritt weiter geht der Seenger Gemeinderat Dieter Gugelmann. «Wir müssen aufhören, den Hallwilersee auf Teufel komm raus touristisch zu fördern. Die Vermarktung hat Grenzen.»

Die Besucherströme am See drohen laut Gugelmann im Sommer aus dem Ruder zu laufen. «Man kann ein Juwel auch kaputtmachen, besser wäre Qualität statt Quantität.» Gugelmann, in Seengen zuständig für den Verkehr, hält weiter fest: «Bei uns in der Gemeinde bringen die Besucher kaum Umsatz.

Im Gegenteil: Der Tourismus kostet Geld, vor allem die Entsorgung des Abfalls ist teuer.» Dieter Gugelmann ist nicht der Einzige, der bei der Vermarktung des Hallwilersees auf die Bremse stehen will. Auch der Landschaftsschutzverband Hallwilersee wünscht sich mehr Zurückhaltung, wie es dort auf Anfrage heisst. Den selben Wunsch äussern auch einige Seeanstösser in Beinwil am See.

Bossard: Tourismus bringt Geld

Angesprochen ist in erster Linie Seetal Tourismus. Auch dessen Präsident René Bossard hört solche Stimmen: «Manchmal wird es wirklich sehr voll am See», sagt Bossard. Der Ansturm beschränke sich aber auf einzelne Tage im Hochsommer. «Über das ganze Jahr betrachtet, ist der Tourismus keine Belastung, im Gegenteil: Die Besucher bringen den Betrieben im Seetal Geld und den Gemeinden Steuereinnahmen.»

Bossard hält zudem fest: «Wir vermarkten den Hallwilersee als solchen nicht, der See vermarktet sich von selber. Badegäste kommen mit oder ohne Werbung.» Seetal Tourismus werbe für Angebote auf und am See, lege aber auch grosses Gewicht auf Sehenswürdigkeiten und Erlebnisse abseits des Sees.

Auch Chef-Ranger Bruno Fürst glaubt nicht, dass ein Werbe-Stopp viel bringt. «Der Hallwilersee ist als naturbelassenes Gebiet weitherum bekannt. Die Leute kommen sowieso.»