«Die änet em Bärg»
Wer hat den Affen vom Staufner Brunnen geklaut?

Staufen und Schafisheim pflegen freundnachbarliche Beziehungen, necken sich aber auch gerne gelegentlich.

Hanny Dorer (Text) und Sandra Ardizzone (Fotos)
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Eine Kopie der ursprünglichen Figur ziert den Affenbrunnen in Staufen.

Eine Kopie der ursprünglichen Figur ziert den Affenbrunnen in Staufen.

Der Staufberg trennt die Dörfer Staufen und Schafisheim. Während sich Staufen an den östlichen Hang des Staufbergs schmiegt, betrachten die Schafisheimer die Westseite des markanten, rund 100 Meter hohen Hügels aus einigen hundert Meter Entfernung. Keines der beiden Dörfer will jedoch hinter dem Berg sein. Und so behauptet denn jeder von sich, vor dem Berg zu wohnen; der andere sei hinter dem Berg. Grund genug also für andauernde, in der Regel aber freundschaftliche Kabbeleien.

Einmal jedoch waren die Staufner wirklich erbost über die Schofiser: Diese hatten den Affen von ihrem berühmten Affenbrunnen geklaut und im Schafisheimer Wald vergraben. Dies musste so um 1900 herum passiert sein, denn auf einem Foto aus dem Jahre 1910 ziert eine Schale den Brunnenstock. Um dem Affenbrunnen die Berechtigung für seinen Namen wieder zu geben, wurde später eine Kopie der ursprünglichen Figur angefertigt. Diese Kopie ziert heute den Brunnen.

Freundschaftlich zerstritten

«Die änet em Bärg», «die änet em Fäld» oder «die änet em Bach» – in einer Serie werden die Zwiste von Nachbardörfern im Aargau erzählt. Gerade mit dem nächstgelegenen Dorf lag man sich früher oft in den Haaren. Besonders, wenn das eine katholisch und das andere reformiert war. Heute ist man sich friedlicher gesinnt – und doch hat das Necken nicht aufgehört. (KUS)

Im Buech, bei der heutigen Kiesgrube, pflückten im Sommer Kinder und Erwachsene aus beiden Dörfern auf dem sogenannten Trübeliblätz Johannisbeeren für die Hero. Eine Gelegenheit, sich mit dem ersten Schulschatz zu treffen und festzustellen, dass es auch «änet em Bärg» schöne Meitli gibt. Wen wunderts, dass etliche Schofiser mit Staufnerinnen verheiratet sind – und umgekehrt. Da war die Frage vor dem Berg oder hinter dem Berg plötzlich nicht mehr wichtig.

Überhaupt findet man viel mehr Gemeinsames als Trennendes zwischen den beiden Gemeinden. So vergnügte sich die Jugend im «Männerbad Staufen-Schafisheim» am Aabach auf der Höhe der Sauerstofffabrik. Das Frauenbad befand sich übrigens rund 150 Meter vom Männerbad entfernt.

Ein bisschen neidisch waren die Staufner früher aber schon auf die Schofiser, wie ein alteingesessener Staufner erzählt. So hatte Schafisheim ein Schlössli, eine Turnhalle und mit Jakob Baumann einst sogar einen Nationalrat. Und das Trinkwasser bezog man lange Zeit aus dem Schafisheimer Bettenthal.

Gutes Einvernehmen herrscht unter den Gemeinderäten, die sich oft auch ausserhalb der offiziellen Anlässe treffen, vieles packt man gemeinsam an. «Wo es Sinn macht, arbeiten wir zusammen», bestätigen die Gemeindeammänner Otto Moser (Staufen) und Dölf Egli (Schafisheim). Sachliche Zwänge können anderseits dazu führen, dass man getrennte Wege geht. So wurde das gemeinsame Forstrevier nach einer Neubeurteilung aufgelöst, Staufen schloss sich Lenzburg an, Schafisheim trat dem Forstrevier Seon bei. Eine ähnliche Entwicklung gab es bei der Schule. Staufen gehört jetzt zur Regionalschule Lenzburg, während Schafisheim die Schule mit Rupperswil und Hunzenschwil zusammen führt.

«Wir sind uns bewusst, dass Staufen verkehrsmässig privilegiert ist, da wir keine Durchgangsstrasse haben», sagt Otto Moser. Staufen sehe jedoch die Verkehrsprobleme von Schafisheim und unterstütze deshalb den Richtplaneintrag Netzstrategie. «Gemeinsam streben wir eine umweltverträgliche und bewohnerfreundliche Lösung an», bestätigt Egli.

Dazu gehören unter anderem die gemeinsamen Aufwertungsmassnahmen im Naturschutzgebiet Buech-Steinacker und die Bestrebungen, das Busnetz nach Aarau zu erweitern. Grosse Einigkeit also, ausser bei der Frage, welche Gemeinde sich nun vor oder hinter dem Berg befinde. Diese bleibt offen.

Übrigens: Wo der Affe vergraben ist, weiss heute niemand mehr. Er wurde nie gefunden.