Beinwil am See
Wahlen ohne Auswahl: Der Sonderfall Beinwil am See

In Beinwil am See wird Peter Lenzin wegen fehlender Konkurrenz in stiller Wahl Gemeindeammann. Wahlen ohne Auswahl gibt es auch in anderen Gemeinden. In Beinwil am See liegt das Problem jedoch tiefer. Eine Analyse.

Pascal Meier
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Blick auf Beinwil am See

Blick auf Beinwil am See

Toni Widmer

Es waren turbulente Wochen in jenen Gemeinden der Region Lenzburg-Seetal, in welchen die Parteien bis kurz vor den Wahlen vom 22. September fieberhaft Kandidaten für den Gemeinderat gesucht hatten. Zwei Wochen später hat sich die Nervosität gelegt: In Boniswil, Meisterschwanden, Dürrenäsch und Beinwil am See haben sich doch noch Kandidaten für den 2. Wahlgang gemeldet. Damit ist zu Beginn der neuen Amtsperiode kein Gemeinderatssessel unbesetzt.

Das ist eine gute Nachricht, wird es doch immer schwieriger, Kandidaten für den Gemeinderat zu finden. Zu gross ist der Aufwand, zu klein der Verdienst. Gleichzeitig ist diese gute Nachricht aber auch eine schlechte: Denn immer öfters treten nur so viele Kandidaten an, wie Sitze frei sind. Damit sind Gemeinderatswahlen oft eine Wahl ohne Auswahl. Das ist schade. So dürften nun in vielen Gemeinden die zweiten Wahlgänge gestrichen und die Kandidaten still gewählt werden.

Kann jeder Bürger Gemeindeammann werden?

Am Augenfälligsten zeigt sich dies in Beinwil am See: Hier wird Peter Lenzin in stiller Wahl neu Gemeinderat und sogar Gemeindeammann. Lenzin war überraschend am Tag nach dem 1. Wahlgang von der FDP aus dem Hut gezaubert worden.

Er wohnt erst seit drei Jahren im Dorf und wird mit 65 Jahren eher als Übergangslösung wahrgenommen. Dass alt eingesessene Böjuer darüber etwas die Nase rümpfen, ist nachvollziehbar. Alternativen gibt es aber keine. Die Frage sei deshalb erlaubt: Sind wir heute so weit, dass mangels Konkurrenz jeder Bürger Gemeindeammann werden kann?

Niemand will sich die Finger verbrennen

Im Fall von Beinwil am See ist dies jedoch die falsche Frage. Erstens hat Peter Lenzin das Format und Know-how für das Amt des Gemeindeammanns. Zweitens liegt das Problem tiefer: Die Beinwiler Volksseele leidet noch immer unter der «Löwen»-Abstimmung. Nach wüstem Abstimmungskampf hatte das Volk vor einem Jahr knapp Ja gesagt zum Umbau des Hotel Löwen zur Gemeindeverwaltung. Wer dagegen war, ist heute kaum bereit, das Projekt umzusetzen, heisst es im Dorf.

Zudem stehen mit der 30 Millionen schweren Immobilienstrategie grosse Aufgaben an. Mehrere Anwärter für den Gemeinderat hatten deshalb schliesslich abgesagt. «Da verbrennt man sich die Finger», sagt ein Böjuer.

Die geschundene Beinwiler Volksseele

Zudem bluten die Wunden der emotional geführten Abstimmung noch immer. Die Positionen auf beiden Seiten des «Löwen»-Graben» bleiben verhärtet.

Dass nun mit Peter Lenzin ein Neuzuzüger Gemeindeammann wird, ist für Beinwil eine Chance. Auch wenn sich Lenzin damals gegen den «Löwen» engagiert hatte, dürfte er unbelasteter politisieren als andere. Der Aargauer Zeitung sagte Peter Lenzin zudem klipp und klar: «Ich möchte die Gegner wieder ins Boot holen, weil sie vom Gemeinderat zu wenig gehört werden.» Gut möglich, dass sich der «Löwen»-Graben mit Dompteur Peter Lenzin wieder schliessen kann.

Das «Löwen»-Bekenntnis ist nicht die einzige klare Ansage von Peter Lenzin. Er will sparen und den Steuerfuss so schnell wie möglich wieder senken. Das sind erstaunlich klare Worte für einen Mann, der erst nächsten Mittwoch offiziell vom Wahlbüro in stiller Wahl zum Gemeindeammann erklärt werden dürfte. Im Fall von Beinwil am See ist damit aus heutiger Sicht eine Wahl ohne Auswahl eine gute Wahl.