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Die Beschwerdeführer im Lenzburger Fall Stadtgässli erwarten Änderungen und fpordern vom Stadtrat grundlegende Änderungen.
Im Fall der geplanten Überbauung Stadtgässli 18 hat der Regierungsrat die Investorin und den Stadtrat zurückgepfiffen. Das ist ein Grosserfolg für alle, denen das Stadtbild von Lenzburg am Herzen liegt – insbesondere für die beiden beschwerdeführenden Paare Kuhlen und Schaffer. Sie sagen unisono: «Man muss jetzt neu anfangen, mit dem Projekt zurück auf Feld 1.» Und sie fordern den Stadtrat auf, dass er die Führungsstrukturen im Bauwesen anpasst. «Wir erlebten in diesem Verfahren vieles, was nicht in Ordnung ist. Wir hoffen, dass der Stadtrat jetzt Konsequenzen zieht», sagt Francis Kuhlen.
Der Stadtgässli-Entscheid dürfte Auswirkungen auf andere Projekte in der Ringzone haben: etwa Grabenweg (17 Wohnungen beim Metzgplatz) und Aavorstadt (31 Wohnungen).
Eine zentrale Rolle spielt das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder (ISOS), das der Stadtrat gemäss dem regierungsrätlichen Beschluss (noch nicht rechtskräftig) zu wenig beachtet hat. Die Bedeutung des ISOS ist vom Bundesrat in den letzten Jahren gestärkt worden. Lenzburg ist in diesem Inventar enthalten. «Das gesamte Ortsbild ist geschützt – und natürlich im Speziellen die historische Altstadt», erklärt Markus Schaffer.
Das Projekt Stadtgässli umfasst einen Flachdachbau mit zwölf Wohnungen und Gewerberäumen zwischen dem Gasthof Ochsen und dem Parkplatz Seifi. Es fügt sich «deutlich nicht ins Ortsbild ein», so der Regierungsrat.
Als es darum ging, die 2016 vom Stadtrat erteilte Baubewilligung in erster Instanz zu bekämpfen, operierten die beiden Paare noch ohne die Hilfe eines Anwalts. Diese zogen sie erst bei, nachdem sie beim Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) unterlegen waren. «Wir fanden, dass das BVU einen Gefälligkeitsentscheid gefällt hat. Es wollte den Stadtrat nicht brüskieren», sagt Francis Kuhlen.
Laut Markus Schaffer hatte die Stadt, die eigentlich nur die Funktion der Bewilligungsbehörde hat, eine seltsame Nähe zur Bauherrschaft. «Es stellt sich die Frage, ob der Stadtrat primär für die Stadt oder primär für Spekulanten schauen muss», so Schaffer. Man habe die privaten Investoren so lange intensiv begleitet, bis ein vermeintlich bewilligungsfähiges Projekt vorgelegen sei. «Das ist nicht Aufgabe der Stadt», so Schaffer.
In seinen Augen stimmt auch die Rolle der Stadtbildkommission (heute Bau- und Stadtbildkommission) nicht. Ist das nun ein Bürgergremium, das die öffentliche Meinung widerspiegelt, oder eine Fachkommission? Letzteres sei in Lenzburg der Fall, auch wenn es in der Kommission kaum Fachleute habe. Heftige Kritik wird auch an einem von der Kommission beigezogenen Experten geübt: «Er hat ein Gefälligkeitsgutachten für den Stadtrat geliefert.»
Das Projekt Stadtgässli ist in den Augen von Markus Schaffer kein Einzelfall: «Es geht in Lenzburg schon seit Jahren so.» Nach der «regierungsrätlichen Rüge» (Francis Kuhlen) müsse der Stadtrat das Ganze überdenken. «Er sollte das primär aus eigenem Antrieb tun. Wenn das nicht geschieht, müsste er mit politischem Druck dazu gebracht werden», findet Markus Schaffer.
Die Beschwerdeführer betonen, dass sie grundsätzlich eine Überbauung der Liegenschaft Stadtgässli 18 begrüssen – nur muss diese ins Stadtbild passen und insbesondere den ISOS-Vorschriften entsprechen. Und sie sind nicht gegen modernen Bauten, bezeichnen etwa die Überbauung Eisengasse als gelungen.