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Im Mai liess die Gemeinde Meisterschwanden ein Abbruch-Gesuch für das «Hüetli»-Gebäude auflegen. Doch nun fordern sechs Einwender die Unterschutzstellung des «Zeugen der Strohindustrie».
Die Geschichte der Liegenschaft «Hüetli» ist reich an Irrungen und Wirrungen. Auf dem Areal der ehemaligen Strohhutfabrik sollte zuletzt das Seniorenzentrum «Casa Hüetli» (28 Wohnungen und 24 Pflegeplätze) realisiert werden.
Doch dieses Projekt scheiterte im Sommer 2017. Im Mai liess die Grundstückbesitzerin (seit 1983 die Gemeinde Meisterschwanden), ein Abbruch-Gesuch für das «Hüetli»-Gebäude auflegen. Damit schien das Schicksal der ehemaligen Fabrik besiegelt. Doch es könnte auch ganz anders kommen. Wenn es nach dem Willen von sechs Einwendern geht, soll das «Hüetli» wieder aufblühen, unter kantonalen Denkmalschutz gestellt und dann renoviert werden.
Die Gemeinde will allerdings davon bisher nichts wissen, wie Stefan Laib (52), einer der Einsprecher, erklärt. Laib ist bekannt als Gründer und Motor der Militärsammlung Meisterschwanden. Er hat 2002 zwei leer stehende, ziemlich heruntergekommene Fabrikliegenschaften gekauft, mustergültig restauriert und ihnen mit der militärhistorischen Sammlung eine neue Funktion gegeben.
Die Denkmalpflege bezeichnet die beiden in der Hochblüte der Strohindustrie erstellen Gebäude als «eines der wertvollsten Ensembles von Manufakturgebäude und Verwaltungsgebäude im 19. Jahrhundert im Aargau».
Laib und seine Mitstreiter, die teilweise auch viel Geld in Renovationen von historischen Strohindustriegebäude investiert haben, können nicht verstehen, weshalb ausgerechnet die Gemeinde ihr «Hüetli» abreissen will. Ein Gebäude, das 1862 erstellt worden und in den Augen von Laib so etwas wie das Mutterhaus der Meisterschwander Strohindustrie ist.
Alle anderen Gebäude seien unter Schutz gestellt worden, nur dasjenige der Gemeinde nicht, so Laib. «Mein Hauptanliegen ist, dass alle Häuser gleich behandelt werden. Ich will Gleichheit. Entweder nimmt man alle Gebäude aus dem Schutz heraus, oder stellt auch das ‹Hüetli› unter Schutz.»
In der Einwendung der sechs Einwender steht: «Dem ‹Hüetli› kommt ein wirtschaftsgeschichtlicher und ortsbildlicher Wert zu. Es gehört zu den anderen geschützten Zeugen der Strohindustrie.» Und: «Die Einwender sind überzeugt, dass die Strohhutfabrik schutzwürdig ist. Da die Gemeinde keine Schutzmassnahmen trifft und dem Gebäude nun der Abbruch droht, hat die kantonale Denkmalpflege aktiv zu werden.»
Weiter heisst es: «Die Gebäude der Laibag AG und der Fischer Gebr. Aktiengesellschaft wurden unter kommunalen Schutz gestellt, nicht aber das ‹Hüetli›, das zur gleichen historischen Hutgeflechtfabrik gehört. Diese Ungleichbehandlung darf keinen Rechtsschutz finden.»
Stefan Laib hat mit der Gemeinde schon diverse Sträusse ausgefochten. Entsprechend misstrauisch ist er. So stört ihn, dass bis heute, vier Monate nach Ablauf der Auflagefrist, kein Termin für die Einwenderverhandlung gefunden werden konnte. Und ein Lokaltermin aus Sicherheitsgründen ausgeschlossen wird. «Aufgrund des schlechten und baufälligen Zustandes der Liegenschaft Assek. Nr. 69 Hüetli kann es der Gemeinderat nicht verantworten, mit einer Einwenderdelegation eine Begehung durchzuführen. Das ‹Hüetli› ist in einem schlechten Zustand und gewisse Bauteile sind teilweise vom Einsturz bedroht», steht in einem Protokollauszug des Gemeinderates Meisterschwanden. Stefan Laib bezweifelt, ob das stimmt, denn im Komplex befand sich bis Mitte Jahr der Werkhof der Gemeinde.
Der Gemeinderat ist gemäss dem Protokollauszug überzeugt, dass das «Hüetli» nicht kommunal schutzwürdig ist. Er ist dagegen, ein unabhängiges Fachgutachten erstellen zu lassen, wie das die Einwender fordern. Und er weisst darauf hin, dass sich der Souverän mehrfach dafür ausgesprochen hat, das «Hüetli»-Areal zu überbauen.
Das stört Stefan Laib ganz besonders: «Es geht nicht um den Volkswillen, sondern darum, dass alle gleich behandelt werden.» Will heissen: Die Gemeinde darf nicht abbrechen, nur weil ihr das in den Kram passt. Laib nennt als Beispiel für eine Ungleichbehandlung auch das «Stämpflihaus»: Dieses habe nicht abgebrochen werden dürfen, was mehrmals die Realisierung einer Überbauung verhindert habe.