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In Hendschiken rumort es gewaltig vor dem Wahlduell um das Ammann-Amt zwischen Sabina Vögtli (SP) und Bruno Steiner (SVP). Vögtli sieht sich einer Hetzkampagne ausgesetzt.
Hendschiken hat schon schweizweit Schlagzeilen gemacht: Als Dorf mit der nervigsten Barriere beim Bahnübergang, welche die Autofahrer zum Verzweifeln bringt.
Doch derzeit rumort es im 1200-Seelen-Dorf im Osten des Bezirkshauptorts Lenzburg wegen einer ganz anderen Sache. Und zwar heftig. Die Wahl eines neuen Gemeindeammanns erhitzt die Gemüter im Ort. Am 26. November kommt es zum Duell zwischen der SP-Frau und Historikerin Sabina Vögtli-Fischer (55) und dem SVP-Dorfparteipräsidenten und Landwirt Bruno Steiner (56).
Nun wird jedoch gegen Sabina Vögtli eine regelrechte Hetzkampagne geführt. Anonym. Gelb und blau sind die Farben der Flugblätter, welche in den vergangenen Tagen in die Haushalte im Dorf flatterten. Gelbfarben ist ein offenes Schreiben an Kandidatin Vögtli: «Liebe Sabina», steht da, «du bewirbst dich um das Amt des Gemeindeammanns. Da haben wir ein Problem damit.» Und weiter: «Deine sogenannte Motivation ist begründet durch Opportunismus, Ich-Bezogenheit, Egozentrik, Parteipolitik begründet und nicht durch echtes, spürbares Interesse, stimmt’s?», fragt die anonyme Urheberschaft.
Man sei der Meinung, dass Vögtli die Voraussetzungen für das Gemeindeammannamt nicht erfülle, weder fachlich noch von der Person her, heisst es. Das Pamphlet ist mit «Freunde, auch eines aufstrebenden Dorfes mit Zukunft» signiert. Sie wollen Bruno Steiner als neuen Gemeindeammann auf den Schild hieven. Steiner präsidiert die örtliche SVP. Er ist erst im September in den Gemeinderat gewählt worden.
«Wir sind der Meinung, Bruno Steiner erfülle die Voraussetzungen besser. Er wird mit dem neuen Gemeinderat und der Bevölkerung zusammen neue Ideen entwickeln.» Bruno Steiner hatte bereits bei den Gesamterneuerungswahlen vor knapp zwei Monaten als Newcomer den bisherigen Ammann Daniel Lüem herausgefordert, dabei das absolute Mehr jedoch deutlich verfehlt. Nur wenige Tage nach dem Wahltermin hat Steiner bereits seine neuerliche Kandidatur angekündigt. Dies, nachdem Lüem überraschend aus dem Gemeinderat abgewählt worden war.
Die Empörung in der Hendschiker Bevölkerung über die anonymen Flugblattaktionen ist gross. «Wenn man eine Kandidatin persönlich angreift, hat man mit dem Namen dafür gradzustehen. Wie kann man nur so feige sein», ärgert sich BDP-Grossrätin Maya Bally. Sie präsidiert in Hendschiken die Schulpflege. «Doch der Schreiberling oder die Schreiberlinge haben sich mit ihren Falschaussagen schon mehrfach als strohdumm qualifiziert.» Das Kesseltreiben um Vögtli-Fischer bringt selbst ehemalige Gemeinderäte auf den Plan: «Diese Wahlpropaganda ist schlicht und einfach feige», schreibt auch alt Gemeinderat Mario Kesselring. Die bunten Flyer versuchten, die bedächtige Hendschiker Dorfpolitik aufzumischen, bedauert er.
Auch in den sozialen Medien überschlagen sich die Kommentare zu den Vorfällen. In Facebook-Posts heisst es: «Es ist bedenklich, was in der Dorfgemeinschaft passiert.» – «Das Niveau sinkt und sinkt. Ich hoffe, dass die Abstimmung ohne Gezänke geht und nicht noch ein weiteres Theater auslöst.» – «Warum schreibt der anonyme Briefschreiber mit so vielen Fragezeichen. An wen soll geantwortet werden?»
Auf diese Frage reagiert die Schreiberschaft in einem zwei A-4-Seiten langen blauen Flyer an die Bevölkerung. «Wenn Sie keine Namen kennen, können Sie sich vollständig auf den Inhalt der Mitteilung und die Wahlkandidaten konzentrieren», schreibt sie und hält sich weiter bedeckt. Obwohl das Flugblatt betitelt ist mit «Lesen Sie hier, weshalb wir Ihnen Bruno Steiner zur Wahl als Gemeindeammann empfehlen!», dreht sich dessen Inhalt wiederum hauptsächlich um Vögtli-Fischer und weshalb sie als Ammann nicht tragbar sei. Übel nimmt man ihr – nebst einer mangelnden fachlichen Qualifikation –, dass sie als neu gewählte Frau Vizeammann demissionierte, als sie sich zur Kampfwahl gegen Bruno Steiner entschloss. Weil sie «offenbar nach Höherem trachtet», habe sie «das Amtsantrittsversprechen bereits widerrufen». Das sei rücksichtslos, wird in den Flyern gemutmasst.
Beim Lesen der Flugblätter ist Maya Bally stutzig geworden. «Es werden viel zu viele Worte um Kandidatin Sabina Vögtli-Fischer gemacht, die man nicht will. Und auffallend wenige um den Kandidaten Bruno Steiner, den man will. Kandidatenwerbung funktioniert anders.»
Unterdessen haben sich die SVP Hendschiken und alle aktiven und zukünftigen Gemeinderatsmitglieder sowie die Orts- und Bezirksparteipräsidenten offiziell von den anonymen Pamphleten distanziert.