Bundesgericht
Rüffel für Obergericht: Schuld an Auffahr-Unfall ist doch der Drängler

Das Bundesgericht hat die Beschwerde eines vermeintlichen Unfall-Provokateurs gutgeheissen. Dieser tippte in Brunegg bei Tempo 60 kurz auf die Bremse, als ein Drängler zu nah auffuhr. Es kam zur Kollision, das Auto des Dränglers landete auf dem Dach.

Philipp Zimmermann
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Der Opel-Fahrer landete nach der Auffahr-Kollision im September 2011 in Brunegg auf dem Dach.

Der Opel-Fahrer landete nach der Auffahr-Kollision im September 2011 in Brunegg auf dem Dach.

Kapo AG

Viele Autofahrer haben es schon erlebt: Hinter ihnen fährt ein Drängler mit wenigen Metern Abstand zu nahe auf. Eine gefährliche und unangenehme Situation.

So erging es im September 2011 auch einem 21-jährigen Lenker, als er von Othmarsingen her in Richtung Birrfeld fuhr und ihm ein roter Opel folgte. Gegen 21.45 Uhr passierten damals beide Autos den Kreisel beim Autobahnanschluss Mägenwil. Die Automobilisten fuhren mit zirka 60 km/h, der 38-jährige Lenker im Opel hielt nur fünf bis zehn Meter Abstand.

Vom Gas gegangen und Bremse angetippt

In Brunegg kam es zum Unfall: Der 21-jährige Fahrer tippte die Bremse kurz an, in der Hoffnung, der Opel-Lenker vergrössere den Abstand. Doch der Opel touchierte das vordere Fahrzeug, querte darauf die andere Fahrbahn, kam von der Strasse ab und überschlug sich. Auf dem Dach liegend, kam er auf einem Betonsockel zum Stillstand. Der Lenker verletzte sich leicht.

Die beiden Automobilisten bezichtigten sich, wie die Kantonspolizei damals mitteilte, gegenseitiger Provokationen. Der vordere Fahrer monierte den ungenügenden Abstand des Opel-Fahrers. Dieser wiederum sagte, der 21-Jährige habe grundlos brüsk gebremst und so die Kollision verursacht.

Das Bezirksgericht Lenzburg sprach den 21-Jährigen wegen grober Verletzung von Verkehrsregeln schuldig. Seine Beschwerde wies das Aargauer Obergericht ab und bestätigte das Urteil samt bedingter Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 90 Franken und einer Busse von 1000 Franken.

War es ein «brüskes» Bremsen?

Das Obergericht schloss zwar aus, dass der vordere Fahrer kräftig gebremst habe. Doch wenn der Beschwerdeführer nur schon seinen Fuss vom Gaspedal genommen und die Motorbremse ihre Wirkung entfaltet habe, hätte sein Auto spürbar an Geschwindigkeit verloren. Es wertete dies als «brüskes» Bremsen.

Das Bundesgericht dagegen beurteilt den Sachverhalt anders und hat die Beschwerde des 21-Jährigen gutgeheissen. Die Richter in Lausanne halten fest, dass er keine Verkehrsregeln verletzt habe. «Den hinterherfahrenden Automobilisten trifft alleine die Verantwortung, einen ausreichenden Abstand nach vorn zu wahren», so das Urteil. Ein brüskes Bremsen sei es nicht gewesen.

«Zudem durfte der Beschwerdeführer die Bremse kurz antippen», so das Bundesgericht, «um den anderen, dessen Abstand von fünf bis zehn Metern bei einer Geschwindigkeit von zirka 60 km/h viel zu kurz war, auf sein gefährliches Verhalten aufmerksam zu machen.»

Das Bundesgericht hat damit das Urteil des Obergerichts aufgehoben und den Entscheid an dieses zurückgewiesen. Die Aargauer Richter müssen den Sachverhalt neu beurteilen.