Die Gemeindeversammlung soll im zweiten Anlauf die Sackgebühr einführen. Das erntet bei den Gegnern viel Kritik. Denn viele Birrwiler wollen Kehricht und Grüngut weiterhin für eine Pauschale von 210 Franken pro Jahr entsorgen.
Wenn immer in Birrwil das Thema Abfall auf den Tisch kommt, steigt in der Seetaler Gemeinde die Betriebstemperatur. Denn viele Birrwiler wollen Kehricht und Grüngut weiterhin für eine Pauschale von 210 Franken pro Jahr entsorgen – und nicht wie von Bund und Kanton seit 2012 vorgeschrieben nach dem Verursacherprinzip, etwa über eine Sackgebühr.
Zwar hatte die Gemeindeversammlung im Mai 2011 ein neues Abfallreglement genehmigt und sich damit für die Sackgebühr entschieden. Geführt war der Mist damit aber nicht: Gegner des Abfallreglements ergriffen das Referendum, worauf die Sackgebühr Ende August an der Urne wuchtig abgelehnt wurde.
Zweiter Anlauf mit Reglement
Zwei Jahre sind seither ins Seetal gezogen, und in Birrwil klebt noch immer keine Gebührenmarke an den Säcken. Auch 2013 gilt das Abfallreglement von 1989, das seit 2012 gegen das Gesetz verstösst.
Und mit jährlich 300 Kilo Abfall pro Kopf bleibt Birrwil im Vergleich zu anderen Gemeinden eine der besten Kunden der Kehrichtverbrennungsanlage Buchs.
Der Gemeinderat nimmt deshalb einen zweiten Anlauf und legt morgen Freitag der Gemeindeversammlung ein überarbeitetes Abfallreglement vor. Wie im Entwurf von 2011 soll die Pauschale pro Haushalt abgeschafft und die Entsorgung des Kehrichts über eine volumenabhängige Sackgebühr sowie eine Grundgebühr finanziert werden.
Beim Grüngut stehen zwei Varianten zur Auswahl: eine mit einem Mix aus verursachergerechter Gebühr und Grundpauschale sowie eine mit einer Pauschale für alle Haushaltungen. Stimmt die Gemeindeversammlung dem Reglement zu, tritt dieses 2014 in Kraft und Birrwil verschwindet von der «Schwarzen Liste» des Kantons.
Kritik von Referendumskomitee
Gegen das neue Reglemente gibt es jedoch Widerstand. «Nicht das Papier wert», kritisiert Roger Käser, der 2011 mit Gleichgesinnten das Referendum gegen das damalige Abfallreglement ergriffen hatte. «Der Gemeinderat hat nichts gelernt.» Erneut wolle man der ganzen Gemeinde Birrwil «die Ideen von ein paar wenigen» aufzwingen.
Es ist längst nicht mehr das Verursacherprinzip allein, das in Birrwil für rote Köpfe sorgt. Vielmehr wird nun diskutiert, ob die Kehrichtgebühr nach Volumen oder Gewicht erhoben werden soll.
Im ersten Fall würde dies mit einer Gebührenmarke geschehen, im zweiten per Container mit elektronischem Chip. Der Abfall jedes Haushaltes würde von der Kehrichtabfuhr einzeln gewogen und dem Verursacher verrechnet.
«Letztere Lösung ist gerechter als eine Gebühr nach Volumen, weil am Schluss auch die Gemeinde die Entsorgung nach Gewicht bezahlt», argumentiert Roger Käser. Es sei deshalb unverständlich, dass der Gemeindeversammlung beim neuen Reglement nicht über diese Variante abstimmen könne.
«Der Gemeinderat hat sich auf die volumenabhängige Sackgebühr eingeschossen und ignoriert andere Vorschläge.»
Roger Käser spricht aus Erfahrung, wie er sagt: Er sass als Vertreter des Referendumskomitees in der Abfallkommission, die nach dem Scheitern des Reglements 2011 einberufen worden war, um einen neuen, breit abgestützten Vorschlag auszuarbeiten. Nicht weniger als elf Mal tagte die Arbeitsgruppe – bis Roger Käser den Bettel hinwarf.
«Ich konnte mich in der fünfköpfigen Gruppe zu wenig einbringen und zog gegen drei Vertreter der Gemeinde ständig den Kürzeren.» Roger Käser hält fest: «In der definitiven Ausarbeitung des neuen Reglements war das Referendumskomitee nicht mehr beteiligt.»
«Breit abgestützter Vorschlag»
Gemeinderat Martin Wernli, selbst Mitglied der Abfallkommission, hat für diesen Rundumschlag wenig Verständnis. «Als Mitglied einer Kommission muss man akzeptieren, dass es Mehrheiten und Minderheiten gibt – und am Ende Resultate vorliegen müssen.»
Der vorliegende Vorschlag sei zudem breit abgestützt: Die Abfallkommission habe die Bevölkerung eng miteinbezogen, unter anderem mit einem gut besuchten Informationsabend im Januar.
In der Folge habe sich die Bevölkerung in einer Umfrage zu mehreren Varianten äussern können, auch zur Gebühr nach Gewicht. «Zwei Drittel wollen für den Hauskehricht eine Abfallgebühr nach Volumen, das heisst eine Sackgebühr», sagt Martin Wernli.
An der Umfrage hätten sich ein Drittel der Haushalte beteiligt. «Dieses Resultat bestärkt den Gemeinderat, dass dieses Modell am sinnvollsten ist.» Deshalb werde der Gemeindeversammlung keine Alternative zur Abstimmung vorgelegt.
Weniger eindeutig seien die Umfrage beim Grüngut ausgefallen, weshalb der Gemeinderat mehrere Varianten zur Abstimmung bringt. «Wir sind damit über die Vorschläge der Abfallkommission hinaus gegangen, um der Bevölkerung beim Grüngut eine Auswahl zu bieten, sagt Wernli.