Lenzburg
Prügel-Schüler: Ammann Mosimann verteidigt das Vorgehen der Stadt

Im Einwohnerrat nahm Lenzburger Stadtammann Daniel Mosimann Stellung zur gängigen Übernahme-Praxis und erläuterte den Fall des Prügel-Schülers aus Sicht der Stadt.

Ruth Steiner
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Hier hätte Ali zur Schule gehen sollen: Die Oberstufe in Lenzburg ist auf den Schulcampus Lenzhard konzentriert.

Hier hätte Ali zur Schule gehen sollen: Die Oberstufe in Lenzburg ist auf den Schulcampus Lenzhard konzentriert.

Michael Kueng;Michael Küng;

Die kantonale Schulaufsicht, die Jugendanwaltschaft, der schulpsychologische Dienst, die sozialtherapeutische Institution, welche den Schüler betreute, die Lenzburger Schulpflege, die Schulleitung von Lenzburg und die zukünftigen Lehrpersonen: Dieser «runde Tisch» hatte einer Einschulung des Möriker Prügel-Schülers an der Oberstufe in Lenzburg zugestimmt.

Der 14-jährige Syrer war in der Schule in Möriken untragbar geworden, nachdem er vor den Sommerferien seine Lehrerin verprügelt und ihr den Kiefer gebrochen hatte. In Lenzburg sollte Ali (Name geändert) im Schulbetrieb wieder Tritt fassen können. Dann, in letzter Minute, wurde die Überweisung nach Lenzburg wieder abgeblasen.

Die jüngste Entwicklung im Fall des Teenagers hat am Donnerstag nun den Einwohnerrat Lenzburg beschäftigt. Mit einer Blitzantwort reagierte der Stadtrat auf den tags zuvor von Einwohnerrat Stephan Weber (FDP) eingereichten Katalog mit kritischen Fragen zur Praxis im Umgang mit Schülern mit beeinträchtigtem Sozialverhalten an der Schule Lenzburg.

Lenzburg tauscht seit Jahren Schüler aus

In seinen Ausführungen machte der für das Ressort Bildung zuständige Stadtammann Daniel Mosimann klar, dass die Lenzburger Schule Hand bietet zum Schulwechsel bei sozial auffälligen Schülern. Dies geschehe auf freiwilliger Basis und sei vor allem auf Schüler aus der Region beschränkt.

In der Vergangenheit habe es sich dabei meist um Schülerinnen und Schüler der Oberstufe gehandelt. In diese Alterskategorie gehört der Teenager aus Möriken-Wildegg. Gemäss Mosimann hatte der «runde Tisch» dem gewalttätigen Buben «gute Chancen auf eine erfolgreiche Wiedereingliederung attestiert».

Dann kam die überraschende Wende. Am Wochenende, bevor die Schule nach den Herbstferien wieder startete, wurde das Vorhaben sistiert. «Aufgrund des medialen Interesses wurde von der Einschulung des Jungen in Lenzburg abgesehen», erklärte Mosimann.

Niederschwellige Angebote vor Sondersetting

Im kantonalen Schulgesetz ist vorgesehen, dass in ausweglosen Situationen mit einem Schulortwechsel eine Verbesserung der Situation angestrebt werden kann. Lenzburg hat Schüler von andern Gemeinden übernommen, aber auch schon welche abgegeben. Mit diesem Tauschprogramm habe man in Lenzburg in der Vergangenheit «gute bis sehr gute Erfahrungen gemacht», sagt Mosimann.

«Ein Schulortwechsel gibt einem schwierigen Schüler die Chance, an einem andern Ort neu zu starten.» Niederschwellige Massnahmen vor einem Sondersetting: Diese Chance hätten einige Schüler gepackt. «Diese Massnahme verursacht auf jeden Fall weniger Kosten als eine Einweisung in eine Spezialinstitution.» Wer entscheidet in Lenzburg letztlich, ob andernorts renitent gewordene Teenager an der Schule aufgenommen werden?

«Die Entscheidungskompetenz, ob ein Schüler aufgenommen wird oder nicht, liegt letztlich bei der Schulführung», sagt Mosimann. Schulpflege und Schulleitung bestimmen, wenn eine Anfrage einer andern Schule auf dem Tisch liegt. Mosimann ergänzt, dass auch die Bereitschaft der Lehrperson vorhanden sein müsse und eine tragfähige Klasse, in welche der Schüler integriert werden könne.

Entscheidet sich die Schule, den Schüler aufzunehmen, wird gleichzeitig eine Vereinbarung abgeschlossen, die auch das Rückgaberecht regelt. Damit sichern sich die Schulen ab, dass sie die Übung abbrechen können, wenn sich beim Verhalten des Schülers keine Besserung einstellt.

Die Geschichte habe ihn schon etwas schockiert, als er davon erfahren habe, sagte Anfragesteller Weber, der in Lenzburg als Rechtsanwalt arbeitet.