Lenzburg
Neujahrsblätter 2020: Die Wirtschaft im Städtli steht im Fokus

Vom Indienne-Druck bis zur nachhaltigen Mode: Lenzburg hat seit langem ein florierendes Wirtschafts-Leben.

Janine Gloor
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Er importierte Malaga-Wein: Weinhändler Alfred Zweifel (mit Hund) und Frau Bertha, davor Tochter Miranda.

Er importierte Malaga-Wein: Weinhändler Alfred Zweifel (mit Hund) und Frau Bertha, davor Tochter Miranda.

Sammlung Museum Burghalde

Die «Lenzburger Neujahrsblätter» sind fremdgegangen, musste Barbara Gurini, Präsidentin der Ortsbürgerkulturkommission, zugeben. Alle, die schon mal eine Vernissage der neusten Blätter besucht haben, wussten, wovon sie sprach. Dieses Jahr fand der Anlass zum ersten Mal im Saal des «Ochsen» statt.

Nachdem letztes Jahr ein neues Redaktionsteam – bestehend aus Redaktionsleiter Mike Müller, Rolf Kromer, Emanuel Freudiger, Andrea Hauner und Janine Gloor – die Stadtchronik inhaltlich und optisch aufgefrischt hat, wurde die Vernissage heuer verlegt. Gerüchten zufolge soll ein treuer «Neujahrsblatt»-Leser, jahrelanger Tradition folgend, im leeren Burghaldenhaus gelandet sein.

Die Lenzburger sind seit jeher äusserst umtriebig

Im «Ochsen»-Saal hatten nicht nur alle Besucherinnen und Besucher gleichzeitig Platz, der Betrieb passte auch gleich zum Thema der «Lenzburger Neujahrsblätter 2020»: Wirtschaft. Und damit ist nicht nur diejenige mit Offenausschank gemeint.

Lenzburg hat eine beeindruckende Wirtschaftsgeschichte vorzuweisen, wie Stammautor Christoph Moser in seinem Beitrag aufzeigt. Das Titelbild – ein Teller Ravioli – lässt es schon erahnen: Die hiesige Wirtschaftsgeschichte lässt sich nicht ohne Namen wie Hero, Hämmerli, Wisa Gloria abhandeln. Aber auch kleinere oder modernere Unternehmen werden in den neuen «Neujahrsblättern» vorgestellt, von der Tanne bis zum Kebab sind viele Sparten vertreten.

Die Rettung der Malaga-Kellereien

Einer aussergewöhnlichen Hinterlassenschaft aus der Lenzburger Unternehmensgeschichte widmet sich der Beitrag über die Malaga-Kellereien. 1889 erbaute der Weinhändler Alfred Zweifel die Anlage, um seine aus Südspanien importierten Tropfen zu lagern. Hundert Jahre später drohte dem Gebäude am Freiämterplatz der Abbruch.

Das Baugeschäft P. Doninelli, Eigentümerin der Liegenschaft, erhielt von der Stadt die Bewilligung auf ein Abrissgesuch. Es war der Auftakt zu einem jahrelangen Kampf um die Malaga-Kellereien, der Lenzburg sogar so exotische Zustände wie eine – wenn auch eher kurz andauernde – Hausbesetzung bescherte.

Ein Gifttierzoo für Lenzburg?

Die aufwendig im maurischen Stil verzierte Fassade machte das Gebäude einzigartig. Dahinter befand sich eine lange Hofanlage mit Lager- und Werkstatträumen und einem Bürogebäude – eine klassische Bodega.

Der Verein Pro Malaga sah in der Kellerei eine schützenswerte Anlage mit einer einzigartigen Fassade. Die Stadt sah vor allem hinter die Fassade und erblickte eine baufällige Bude, für deren Unterhalt sie keinen Rappen ausgeben wollte.

Damit die Kellereien überleben konnten, musste ein Investor mit neuem Verwendungszweck her. Die Vereinsmitglieder zeigten bei der Suche viel Kreativität, unter anderem wäre beinahe ein Gifttier-Zoo in die Kellereien eingezogen.

Denkmalschützer des Kantons und sogar des Bundes stuften das Gebäude als absolut erhaltenswert ein. Nur war niemand bereit, die Kosten für den Unterhalt zu übernehmen. Nach jahrelangem Ringen und Bangen wurde der Bau schliesslich doch abgerissen, aber die Fassade blieb am heutigen Geschäftshaus am Freiämterplatz erhalten.

Neben den Geschichten aus der Lenzburger Wirtschaft hat die neuste Ausgabe der «Neujahrsblätter» auch viel Schmökerpotenzial und sogar Urlenzburger können noch etwas lernen.

Zum Beispiel, dass der erste Direktor des WWF ein Lenzburger war. Oder was die Zirkus-Knie-Plakatentwürfe des Lenzburger Künstlers Hans Walty mit Frank Wedekinds Skandallektüre Lulu zu tun haben. Und alle, die gern das Jahr Revue passieren lassen, finden in der Chronik die Höhepunkte eines weiteren erfolgreich vergangenen Lenzburger Jahrs.

Die «Lenzburger Neujahrsblätter 2020» können für 20 Franken bei der Buchhandlung Otz, beim Bücher- Antiquariat Vonarburg oder bei Büro Ryser erworben werden.