Lenzburg
Neuer Leiter der Urgeschichtswerkstatt: «Diese Kombination ist wohl einmalig in der Schweiz»

Jonas Nyffeler leitet neu die Urgeschichtswerkstatt im Lenzburger Museum Burghalde. Seine Ausbildung und seine bisherigen Tätigkeiten waren bisher vielfältig.

Heiner Halder
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Jonas Nyffeler an seinem neuen Arbeitsplatz in der Urgeschichtswerkstatt im Museum Burghalde. Mario Heller

Jonas Nyffeler an seinem neuen Arbeitsplatz in der Urgeschichtswerkstatt im Museum Burghalde. Mario Heller

Mario Heller

Der neue Leiter der Urgeschichtswerkstatt, Jonas Nyffeler, tritt sein Amt in einer Umbruchphase bei seinem Arbeitgeber an. Die Archäologieabteilung im Stadtmuseum ist von den Sanierungs- und Umbauarbeiten mit der Neugestaltung der Ausstellung betroffen.

Die Werkstatt für Urgeschichte ist ein wichtiges Standbein für das Burghalde-Museum, ein eigentlicher Magnet für die rund 100 Schulklassen, die jährlich mit Kopf, Herz und Hand die Welt unserer Vorfahren unter kundiger Anleitung erforschen und erfahren dürfen. Nachdem der bisherige Archäologe Kurt Altorfer zur Kantonsarchäologie Zürich gewechselt hat, ist diese 50-Prozent-Stelle auf Anfang Juni 2016 neu besetzt worden.

«Meine Motivation zur Bewerbung besteht in der unglaublichen Kombination verschiedener Tätigkeiten, Wissenschaft, Vermittlung und Handwerk, die sich mir im Lenzburger Museum eröffnen, das ist wohl einmalig in der Schweiz», freut sich Jonas Nyffeler auf seine neue Herausforderung. Schmunzelnd bezeichnet er sich als «Archäologischer Allgemeinpraktiker», und entsprechend vielfältig waren auch seine Ausbildung und seine bisherigen Tätigkeiten.

Praxisnah

Aufgewachsen in Schaffhausen, studierte er an der Uni Bamberg Ur- und frühgeschichtliche Archäologie, Informationsverarbeitung, alte Geschichte und Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit, an der Uni Zürich Prähistorische Archäologie und Humanökologie und an der Uni Bern Archäologie der Römischen Provinzen. In der Praxis war Nyffeler unter anderem im Auftrag der Kantonsarchäologien Schaffhausen, St. Gallen, Unterwasserarchäologie Uni Zürich, bei den Ausgrabungen Schleitheim-Brüel, Kempraten, Parkhaus Opéra Zürich, Silvretta-Projekt und Leventina tätig, wirkte bei Ausstellungen und Inventarisationen mit und verfasste wissenschaftliche Publikationen.

Kein Wissenschaftler im Elfenbeinturm also, sondern durchaus der Praxis zugetan. So hat Nyffeler im Museum Burghalde die Aufgabe, den Vermittlerinnen für Führungen und Workshops in der Urgeschichtswerkstatt Unterlagen und Materialien zur Verfügung zu stellen, also die steinzeitlichen Werkzeuge wie etwa Silex-Klingen für Beile, Messer und Pfeilspitzen, Holz- und Hornschäfte, Feuerzeuge und weitere. Hier kann er sein handwerkliches Flair ausleben: «Holz, Knochen und Geweihe sind fantastische Werkstoffe.»

Zudem ist der neue Museumsmitarbeiter auch als Kurator der umfangreichen archäologischen Ausstellung zuständig, an deren Neugestaltung er mitwirkt.

Diese umfasst, dokumentiert durch zahlreiche Fundstücke, die Zeitspanne über 6000 Jahre: Von der Altsteinzeit über die Jungsteinzeit (Pfahlbauer, Steinkistengräber), Bronzezeit (Pfahlbauer und befestigte Höhensiedlung Chestenberg), Eisenzeit (Kelten), Römerzeit (vicus Lenzburg, Römertheater) bis zum Frühmittelalter (Stadtgründung).

Während den bevorstehenden Sanierungs- und Umbauarbeiten wird die Werkstatt nebenan ins Seifi-Gebäude verlagert, das Angebot für die Schulklassen wird jedoch nahtlos weiter geführt. An Arbeit wird es dem «archäologischen Allgemeinpraktiker» Jonas Nyffeler also nicht fehlen.

Museum Burghalde erhält eine neue Identität

Was die Lenzburger Ortsbürger am 16. März 2015 nach zweistündigem zähem Ringen als Kompromisslösung beschlossen, ging jetzt an der Gemeindeversammlung am Montagabend in zehn Minuten glatt über die Bühne: Einstimmig bei ein paar Enthaltungen wurde ein Kredit von 6,729 Mio. Franken für Umbau und Erneuerung des Museums Burghalde genehmigt.

Ohne Diskussion und mit 127 Anwesenden definitiv. Wie von der Versammlung verlangt, brachte die Museums-Stiftung 2,250 Mio. Franken selber auf, dank grosszügigen Spenden von Institutionen, Firmen und Privaten; der Swisslosfonds steuert 1,9 Mio. Franken bei. Der Beginn der Bauarbeiten ist für Sommer 2017 geplant, das Museum geht ins Seifi-Provisorium. Ende 2018 soll die Burghalde «eine neue Identität» haben, wie Stiftungsratspräsident Urs F. Meier beim Danken sagte. (HH.)