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Wirt Orazio Reitano beklagt sich über die Baustelle in der Torgasse. Wegen des Lärms und des Staubes kämen viel weniger Gäste, sagt er.
Orazio Reitano öffnet einen Küchenschrank und fährt mit der Hand über das Geschirr. Am Finger bleibt eine braune Staubschicht kleben. «Seit Monaten geht das so», sagt der Wirt des «Mabelle» an der Torgasse.
Im gleichen Gebäude wie das Lokal – gleichzeitig Café und Bar – wird gebaut: Wo sich früher das Restaurant Long Long befand, baut der Radiologe Reto Eichenberger eine Röntgenpraxis. Dafür wurde das Haus mit historischer Bausubstanz komplett ausgehöhlt und eingerüstet.
«Diese Baustelle macht mir das Geschäft kaputt», sagt Reitano. Der Lärm, die Erschütterungen und der Staub vergraulen ihm die Kunden. Sofern sie überhaupt bis zum «Mabelle» gelangen können. Einmal sei die ganze Torgasse abgesperrt worden. «Man konnte gar nicht mehr zum ‹Mabelle› gehen», sagt Reitano. Nachdem er sich bei der Stadtpolizei beschwert hat, wurde für Fussgänger ein schmaler Durchgang geschaffen. Die schönen Frühlingstage konnte der Wirt nicht nutzen. «So will ja niemand draussen sitzen.»
Und auch drinnen halten es nur die treusten Stammgäste aus. «Man konnte den Staub in der Luft sehen und im Mund schmecken», sagt Reitano. «Mir sind die Leute davongelaufen», sagt er und verwirft die Hände.
Auch wenn die Torgasse nicht zugesperrt ist, macht sie keinen einladenden Eindruck. Immer wieder werden Maschinen und Baumaterial in der Gasse deponiert. Der Bauherr ist Bruder des Apothekers der Sternen Apotheke um die Ecke an der Poststrasse. «Lärmige und dreckige Arbeiten werden in der Torgasse durchgeführt», sagt Reitano. «Der Betonmischer hätte auch woanders stehen können.»
Seit vor gut einem Jahr mit den Bauarbeiten begonnen wurde, sind Reitanos Einnahmen gemäss eigenen Angaben um vierzig bis fünfzig Prozent zurückgegangen. Weil er weniger Gäste hat, hat er auch seinen Tagesablauf angepasst. Morgens kommt er später. Wenn er Gäste hat, bleibt er abends auch mal länger. «Ich muss auch von etwas leben können», sagt er.
Ende November letzten Jahres wäre es in der Lenzburger Altstadt beinahe zur Katastrophe gekommen. «Ich sass mit abends mit Gästen im Lokal», sagt Reitano. Plötzlich hat es nach Rauch gestunken. Als der Gestank immer stärker wurde, alarmierten sie die Feuerwehr. Auf der Baustelle brannte es tatsächlich. «Wegen Fahrlässigkeit bei Flexarbeiten kam es zu fliegenden Funken, die in einem morschen Holzbalken ein Feuer entzündeten», sagt Bernhard Graser, Mediensprecher der Kapo Aargau auf Anfrage der AZ.
Im Zwischenboden habe es schon gebrannt, als die Feuerwehr eintraf, erzählt Reitano. Die Feuerwehr musste mit einer Kettensäge den Boden aufreissen, um den Brand zu löschen. Das Feuer hat gemäss Graser einen Sachschaden von 20 000 Franken angerichtet. Die Wohnung oberhalb des Cafés musste saniert werden. Die Löscharbeiten verursachten im «Mabelle» einen Wasserschaden, das Café musste fast eine Woche schliessen. Für die Ausfälle durch den Brand ist Orazio Reitanos Versicherung aufgekommen. «Ich bin zum Glück gut versichert», sagt er. Doch die Entschädigung sei nach dem Ist-Zustand berechnet worden. Und dieser sei momentan alles andere als rosig.
Schon länger habe Reitano versucht, mit dem Bauherren Kontakt aufzunehmen. «Ich will eine Entschädigung für den Ausfall», sagt er. Er hat sich via Anwalt bei Eichenberger gemeldet. Auf die finanziellen Forderungen sei dieser nicht eingegangen. Der Bauherr hat jedoch Reinigungen im Wert von über tausend Franken bezahlt.
Die Umsatzeinbussen ärgern den «Mabelle»-Wirt und machen ihm Sorgen. Zusätzlich stört ihn der Umgang, der zwischen den Nachbarn herrscht. «Reto Eichenberger hat sich nie persönlich bei uns für die Unannehmlichkeiten entschuldigt oder sich dafür bedankt, dass wir die Feuerwehr gerufen haben», sagt Reitano.