Drei Wochen nach dem Prozessauftakt im Vatikan teilte die Hypothekarbank Lenzburg (Hypi) am Donnerstagmorgen mit, dass ihr Verwaltungsrat, der in Rom angeklagte René Brülhart (48), per sofort geht.
Eine grosse Überraschung ist die Ankündigung nicht. Überraschend ist eher der Zeitpunkt. Der Prozess hat am 27. Juli begonnen. René Brülhart liess sich dabei vertreten. Nach siebenstündiger Verhandlung beschloss der Richter, den Fall zu vertagen - damit die Parteien, unter anderem ein Kardinal, mehr Zeit für die Vorbereitung haben. Der Prozess wird am 5. Oktober weitergeführt.
Das lange dauernde Verfahren ist für den Schweizer Finanzexperten Brülhart eine Belastung - auch wenn er stets betont, unschuldig zu sein. So sagte er im Juli: «Ich habe meine Funktionen und Aufgaben immer mit Korrektheit, Loyalität und im ausschliesslichen Interesse des Heiligen Stuhls und seiner Organe ausgeführt.» Mehr noch: «Ich sehe dieser Angelegenheit mit Gelassenheit entgegen, in der Überzeugung, dass die Anschuldigungen gegen mich vollumfänglich aus der Welt geschafft werden.»
Am Donnerstagmorgen teilte die «Hypi» kurzangebunden mit, René Brülhart verlasse ihren Verwaltungsrat. Wie in ähnlichen Fällen üblich, ist der Prozess in Rom kein Thema: In der Medienmitteilung heisst es:
«René Brülhart hat sich aus privaten Gründen entschieden, per sofort aus dem Verwaltungsrat der Hypothekarbank Lenzburg AG zurückzutreten.»
Weiter werden Brülharts Verdienste gewürdigt: «Er gehörte dem Verwaltungsrat seit 2016 an und hat insbesondere in seiner Funktion als Vorsitzender des Prüf- und Risikoausschusses einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen Weichenstellung für die Zukunft der Bank beigetragen.» Und: «Der Verwaltungsrat respektiert seine persönliche Entscheidung und dankt ihm für die vertrauensvolle und kompetente Zusammenarbeit. Die Hypothekarbank Lenzburg AG bedauert seinen Rücktritt und wünscht René Brülhart für die Zukunft alles Gute.»
Über das Verfahren schrieb das katholische Nachrichtenportal «kath.ch»: «Der Strafprozess zählt zu den bislang grössten der vatikanischen Justiz. Zum ersten Mal sass ein Kardinal auf der Anklagebank des Vatikan. Im Kern geht es um eine verlustreiche Investition in Höhe von insgesamt 350 Millionen Euro in eine Londoner Luxusimmobilie sowie damit zusammenhängende Deals und Provisionen.»