Beim Umbau des Lenzburger «Mieg-Hauses» wurden Infos für die Nachwelt vergraben. Die Renovation ist wegen des Denkmalschutzes besonders herausfordernd.
«Es braucht eine gewisse Demut», sagte Architekt Benedikt Graf am Dienstagnachmittag im Garten der Villa Sonnenberg am Fusse des Lenzburger Schlosshügels. Rund 30 Personen waren zur Zeitkapsel-Vergrabung auf der Baustelle erschienen. «Wir sind nicht die Ersten, die am Gebäude arbeiten, und wir werden nicht die Letzten sein», so Graf. «Deshalb wollen wir ihm auch nicht einfach unseren Stempel aufdrücken, sondern es sorgfältig erneuern. So schreiben wir zu seiner angefangenen Geschichte ein möglichst kontinuierliches weiteres Kapitel.»
Die Worte waren nicht zufällig gewählt: Die Villa – oder, wie sie von vielen Ortsansässigen noch genannt wird, das «Mieg-Haus» (benannt nach seinem letzten Besitzer, dem 1990 verstorbenen Künstler Peter Mieg) – wurde in ihrem heutigen Ausmass 1770 gebaut und steht unter Denkmalschutz. «Für mich als geschichts- und kulturbegeisterter Mensch ist das sehr schön», sagte Christine von Arx bei der Begrüssung.
Die ehemalige Leiterin des Museums Burghalde hat die Villa gekauft und renoviert sie für rund 4 Millionen Franken, um sie 2023 als Gäste- und Kulturhaus neu zu eröffnen. Betreiben wird dieses nach der Renovation eine Stiftung, die von Arx Ende 2021 mit fünf Gleichgesinnten gegründet hat. «Das Banner des Bundesamts für Kultur, das mit der Aufschrift ‹eine hohe Baukultur für die Schweiz› am Zaun hängt, bringt es auf den Punkt. Die Baustelle ist wohl momentan die schönste und spannendste des Landes», so von Arx.
Weniger schön – oder, um es mit den Worten von Projektleiterin Isabelle Strickler zu sagen: «schön, aber eine Herausforderung» – ist der Schutzstatus für die beim Umbau direkt Involvierten. Etwa, wenn es darum gehe, heutige Komfortstandards umzusetzen: «Bis Ende Monat wollen wir die technischen Installationen abschliessen, etwa Toiletten und Badewannen bei den Gästezimmern im ersten Stock.»
Diese zusätzliche Technik in einem denkmalgeschützten Bau zu verbergen, sei nicht einfach. «Dafür sind auch kreativere Lösungsansätze möglich als etwa bei einem Neubau. Und es herrscht ein speziell wertschätzendes Arbeitsklima, alle haben ein echtes Interesse am Gebäude», so Strickler.
In die Zeitkapsel eingeschlossen wurden neben einigen geheimen Dingen, so von Arx, folgende Dokumente: die Baubewilligung der Stadt («das war sicher nicht die kleinste, die wir je bearbeitet haben», so Stadtammann Daniel Mosimann); die aktuellen architektonischen Umbaupläne von Aline Blanchet, auf speziell haltbarem Papier; eine Liste der involvierten Unternehmen; die Einladung zum Zeitkapsel-Anlass, mit Unterschriften aller Anwesenden; die Statuten der Stiftung; ein Text von Christine von Arx über den Garten des Gebäudes; ein Exemplar der Baukaderzeitschrift und eine Ausgabe des Lenzburger Bezirks-Anzeigers.
Vergraben wurde die Zeitkapsel in der Baugrube neben dem Haus, zwischen dem geplanten Lift und dem Eventkeller. Später werden an der Stelle «wunderschöne Muschelkalkplatten» liegen, so von Arx, und jene über der Zeitkapsel werde entsprechend graviert. Denn: «Ich wollte es dann doch nicht nur dem Zufall überlassen, ob sie jemals gefunden wird.»