Lenzburg
Istanbul statt Lenzburg: Mörder will Strafe lieber in seiner Heimat absitzen

Schweizer Gefängnisse platzen aus allen Nähten. Grundsätzlich können straffällige Ausländer ihre Strafe auch in ihrer Heimat verbüssen, doch das wollen nur wenige. Einer der dies will ist Mörder E.B., der bald eine sogenannte Haftüberstellung erlebt.

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Obwohl kriminelle Ausländer ihre Strafe gemäss Europarat in ihrem Heimatland verbüssen könnten, sitzen die meisten Täter ihre Strafe in der Schweiz ab.

2012 haben lediglich 32 ausländische Häftlinge auf eigenen Wunsch von einem Schweizer Gefängnis in eines in deren Heimat gewechselt (wir berichteten).

Eine solche Haftüberstellung, wie man den Wechsel von einem Schweizer Gefängnis in ein ausländisches Gefängnis nennt, ist aber alles andere als einfach und kann ziemlich teuer sein.

Einer der wenigen ausländischen Häftlinge, der seine Strafe in seinem Heimatland absitzen möchte, ist der Türke E.B.

Er sitzt wegen Mord an seiner Ehefrau in der Justizvollzugsanstalt Lenzburg hinter Gitter. Noch elf Jahre wird er verbüssen müssen.

Gefangener muss 5000 Franken auftreiben

Doch E.B. hat sich entschieden, seine Strafe lieber in der Türkei zu verbüssen.

«Ich gehe auch dort ins Gefängnis und bin nicht in Freiheit. Aber ich freue mich auf meine Heimat, auf meine Muttersprache, auf meine Verwandten», sagt der Mörder gegenüber Tele M1.

Nach den elf Jahren müsste E.B. die Schweiz ohnehin verlassen. Dass er jetzt schon früher die Schweiz verlassen kann, ist mit viel bürokratischer Arbeit verbunden.

«Gerichtsakten müssen in diesem Fall auf türkisch übersetzt werden und ein türkisches Gesetz wird noch einmal über den Fall urteilen. Das geht bis zu zwei Jahre. Das Gerichtsurteil kommt auf türkisch zurück ans Bundesamt für Justiz. Wenn der Gefangene dann noch 5000 Franken für den Flug auftreiben kann, der mit zwei türkischen Polizisten ausgeführt wird, kann eine Haftüberstellung erfolgen», sagt Marcel Ruf, Direktor der Justizvollzugsanstalt Lenzburg (JVA), gegenüber Tele M1.

Der Aufwand muss sich für eine Haftüberstellung in die Heimat des Straffälligen lohnen. Und das Heimatland des Straffälligen muss bereit sein, den Gefangenen zurückzunehmen.

Beim verurteilten Mörder E.B. ist das der Fall: «Ich freue mich, wenn das Flugzeug in Istanbul landet. Ich möchte sofort aus dem Fenster schauen und das Meer erblicken. Ich vermisse es.» (sha)