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Es ist ein attraktives Stück Land am Hallwilersee. Und die Gemeinde will es verkaufen. Eine mittelständische Unternehmerfamilie ist nicht erwünscht. Meisterschwanden verlangt vom Käufer eines Grundstücks mindestens eine Million steuerbares Einkommen.
Mit Sonderrechten kämpft die Aargauer Gemeinde Meisterschwanden darum, die schwerreichen Swatch-Lenker Nayla und Nick Hayek an den Hallwilersee zu locken («Der Sonntag» vom 8. Mai). Nun kommt aus: Der Gemeinderat greift im Kampf um gute Steuerzahler zu noch unzimperlicheren Mitteln. Beim Verkauf eines gemeindeeigenen, 1009 Quadratmeter grossen Landstücks stellt er Bedingungen, die nur Grossindustrielle, Konzernchefs, Bankmanager oder Showgrössen erfüllen können.
«Mindestens 1 Million Franken»
Das musste Ende April die Aargauer Kleinunternehmer-Familie K. erfahren. Sie interessierte sich für das attraktive Bauland an schönster Seelage, das für mindestens 1,38 Millionen Franken zu haben ist. Doch beim Lesen der Verkaufsdokumentation wurde sie stutzig. Dort steht: «Für den Verkauf der Parzelle sind der Angebotspreis und die Steuerkraft des Bieters massgebend.» Was dies heisst, lieferte die stellvertretende Gemeindeschreiberin per E-Mail nach: «Steuerkraft: mindestens steuerbares Einkommen von 1 Million Franken».
Frau K. schildert: «Ich konnte das nicht glauben und fragte nach, ob es sich nicht um eine Verwechslung von steuerbarem Einkommen und Vermögen handelt.» Doch in einem zweiten Mail bestätigte die stellvertretende Gemeindeschreiberin, dass tatsächlich das Einkommen gemeint ist. Danach teilte ihr Frau K. mit, dass sie diese Bedingung nicht erfülle – und hörte von der Gemeinde nichts mehr. «Das wirft ein schlechtes Licht auf die Gemeinde», findet Frau K. «Sie macht sich so für Familien mit Kindern unmöglich. Es ist unsympathisch, dass so selektioniert wird. Offenbar sind nicht Leute willkommen, sondern das Geld.» Zudem sei das Vorgehen unseriös. «Es könnte ja sein, dass wir ein grosses Vermögen haben, aber danach wurden wir nicht einmal gefragt.»
Gemeindeammann Kurt Kaufmann streitet zwar ab, dass der Gemeinderat die Summe von 1 Million Franken festgelegt hat. Doch aus dem Mailverkehr, der dem «Sonntag» vorliegt, geht hervor, dass der Gemeinderat dazu den Segen gegeben hat (siehe Ausschnitt).
Rechtlich haltbar
Fragwürdig findet dieses Vorgehen der Geschäftsführer des Hauseigentümerverbandes Aargau, Martin Meili. «Rechtlich ist das zwar haltbar, weil für die Gemeinde die Vertragsfreiheit gilt, aber es tönt nicht sehr sympathisch.»
Meili macht in der Schweiz eine Tendenz aus: «Ich habe den Eindruck, dass immer mehr Kantone und Gemeinden bestimmte Bevölkerungsgruppen bevorzugen, sei es durch Steuerprivilegien oder durch Sonderwohnzonen.» Eine solche wollte der Obwaldner Regierungsrat vor zwei Jahren einführen. Das Stimmvolk lehnte dies jedoch ab. Stark umstritten ist auch eine Villenzone, welche die Luzerner Hallwilersee-Gemeinde Aesch plant."